Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung der Divergenz und von Verfahrensfehlern in der Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (NV)

  1. Die schlüssige Rüge der Divergenz i.e.S., d.h. der Abweichung von näher bezeichneten Gerichtsentscheidungen, erfordert die Ableitung tragender abstrakter Rechtssätze aus den zitierten angeblichen Divergenzentscheidungen und aus dem angefochtenen FG-Urteil und ferner die Gegenüberstellung in einer Weise, dass eine Abweichung erkennbar wird.
  2. Macht der Kläger mit der Verfahrensrüge geltend, er sei von der Entscheidung des FG überrascht worden, weil ein tragender Gesichtspunkt nicht erörtert worden sei, muss er für eine schlüssige Rüge auch vortragen, was er, wenn ein entsprechender Hinweis erfolgt wäre, zusätzlich vorgebracht hätte und dass bei Berücksichtigung dieses Vortrags das FG-Urteil hätte anders ausfallen können.
  3. Die schlüssige Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Übergehens eines schriftlich gestellten Beweisantrags erfordert u.a. die Darlegung, dass die Nichterhebung des Beweises vor dem FG gerügt wurde.
  4. Ein Begründungsmangel ist nicht gegeben, wenn das FG sein Urteil mit Gründen versehen hat, diese aber ‐ nach Auffassung des Klägers ‐ nicht überzeugend oder unvollständig sind.
  5. Mit Einwendungen gegen die Verkennung der Verteilung der Beweislast (Feststellungslast) durch das FG wird kein Verfahrensfehler, sondern ein materiell-rechtlicher Fehler geltend gemacht, der die Revisionszulassung nicht begründen kann.
 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

FG München (Urteil vom 11.12.2002; Aktenzeichen 9 K 86/01)

 

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Revisionszulassungsgründen gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht geltend, das Urteil des Finanzgerichts (FG) weiche von verschiedenen in der Beschwerdeschrift näher bezeichneten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH), des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sowie des FG Köln ab. Der Kläger hat indes nicht, wie es für eine schlüssige Divergenzrüge erforderlich ist (z.B. Beschluss des Senats vom 28. Juli 2003 III B 125/02, BFH/NV 2003, 1445), aus den zitierten Entscheidungen und aus dem angefochtenen FG-Urteil tragende abstrakte Rechtssätze abgeleitet und sie einander so gegenüber gestellt, dass eine Abweichung erkennbar wird.

Der Kläger weist auf die Urteile des BFH vom 1. Februar 2001 III R 11/98, III R 12/98 (BFH/NV 2001, 899) und vom 25. April 1989 VIII R 294/84 (BFH/NV 1990, 261) hin und stellt aus diesen Entscheidungen sinngemäß den Rechtssatz heraus, ebenso wie bei der Ausübung gleichartiger Betätigungen in zwei Unternehmen (z.B. Tankstellen) müsse bei zwei Unternehmen, die sich in ihrer Tätigkeit zwar unterschieden aber ergänzten, wie es im Streitfall gegeben sei, die getrennte Führung der Betriebe gewerbesteuerrechtlich anerkannt werden. Diesem Rechtssatz hat der Kläger keinen aus dem angefochtenen Urteil abgeleiteten (abweichenden) abstrakten Rechtssatz gegenüber gestellt. Mit der bloßen Behauptung, die Vorentscheidung stehe mit den angeführten Urteilen nicht in Einklang bzw. wende die in diesen Entscheidungen aufgestellten Grundsätze nicht an, wird kein Rechtssatz des FG-Urteils herausgearbeitet und somit keine Divergenz bezeichnet, sondern eine fehlerhafte Rechtsanwendung geltend gemacht, welche die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt, es sei denn, sie habe ―wovon hier nicht ausgegangen werden kann― zu einer greifbar gesetzwidrigen oder willkürlichen Entscheidung geführt (z.B. Senatsbeschluss vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474).

2. Die Verfahrensrügen sind nicht schlüssig erhoben. Der Kläger, der geltend macht, von der Entscheidung des FG überrascht worden zu sein, weil der Gesichtspunkt der Unterschiedlichkeit bzw. Gleichartigkeit der in seinen beiden Unternehmen ausgeübten Tätigkeiten nicht erörtert worden sei, hat in seiner Beschwerde nicht konkret vorgetragen, was er, wenn dieser Hinweis erfolgt wäre, zusätzlich vorgebracht hätte und dass bei Berücksichtigung dieses Vortrags das FG-Urteil hätte anders ausfallen können (BFH-Beschluss vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332).

Auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Übergehens eines schriftsätzlich gestellten Beweisantrags greift mangels Schlüssigkeit nicht durch. Der Kläger hat nicht, wie es dafür notwendig gewesen wäre, die ermittlungsbedürftigen Tatsachen und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme, d.h. die vom FG voraussichtlich festgestellten Tatsachen, angegeben und auch nicht ausgeführt, inwiefern das Urteil des FG ―ausgehend von dessen materiell-rechtlicher Auffassung― auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann. Außerdem hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass er die Nichterhebung des Beweises vor dem FG gerügt hat (BFH-Beschlüsse vom 23. Juli 2002 X B 174/01, BFH/NV 2002, 1486 und vom 23. Juni 2003 X B 165/02, BFH/NV 2003, 1147).

Fehl geht auch der vom Kläger sinngemäß vorgebrachte Einwand, das Urteil des FG sei insoweit nicht ausreichend mit Gründen versehen, als das FG nicht näher ausgeführt habe, warum nicht zwei Gewerbebetriebe vorlägen, sondern ein einheitlicher Betrieb gegeben sei. Das FG habe die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) hierzu vorgebrachten Behauptungen und Vermutungen fortgeführt und nur vage dargestellt, ohne dies ordnungsgemäß zu begründen. Der Kläger räumt damit ein, dass das Urteil in dem von ihm beanstandeten Punkt Gründe enthält. Es ist somit nicht ohne Gründe ergangen. Das FG hat somit nicht einen Sachverhaltskomplex unberücksichtigt gelassen oder einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Verteidigungsmittel übergangen (BFH-Urteil vom 17. April 2002 X R 8/00, BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527). Dass das FG nach der Auffassung des Klägers seine Entscheidung nicht überzeugend oder unvollständig begründet hat, stellt keinen Begründungsmangel dar (BFH-Beschluss vom 12. Juli 1994 VII R 2/94, BFH/NV 1995, 230).

Soweit der Kläger ausführt, das FG habe die Grundsätze zur Verteilung der Beweislast (Feststellungslast) verkannt, macht er nicht einen Verfahrensfehler, sondern einen materiell-rechtlichen Mangel des FG-Urteils geltend, der die Revisionszulassung nicht begründen kann (BFH-Beschluss vom 28. Juli 1994 IV S 2/93, BFH/NV 1995, 118).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1090336

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