Entscheidungsstichwort (Thema)

Abweichung von Entscheidungen des BGH; fehlende Entscheidungsgründe

 

Leitsatz (NV)

1. Abweichungen des FG-Urteils von Entscheidungen des BGH können die Zulassung der Revision wegen Divergenz i. S. v. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht rechtfertigen. Solche Abweichungen können allenfalls zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) führen. Auch hier muß der Beschwerdeführer grundsätzlich eine bestimmte (abstrakte) -- für grundsätzlich bedeutsam gehaltene -- Rechtsfrage herausstellen und deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert darstellen.

2. Eine (Verfahrens-)Rüge, die Entscheidung des FG sei (teilweise) nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5, § 119 Nr. 6 FGO), kann nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern muß mit der (zulassungsfreien) Verfahrensrevision geltend gemacht werden.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3, § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 119 Nr. 6

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist un zulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Divergenzrügen, grundsätzliche Bedeutung

a) Die Darlegung einer Abweichung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfordert, daß der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz herausarbeitet, der das erstinstanzliche Urteil trägt. Diesem Rechtssatz ist ein abweichender -- ebenfalls tragender -- Rechtssatz aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gegenüberzustellen.

b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger hat keinen (tragenden) abstrakten Rechtssatz der angefochtenen FG-Entscheidung herausgearbeitet, der von den vermeintlichen höchstrichterlichen Divergenzentscheidungen abweichen soll. Ebenso wenig hat er -- wie es für eine schlüssige Divergenzrüge geboten gewesen wäre -- einen (tragenden) abstrakten Rechtssatz aus der Rechtsprechung des BFH, GmS-OGB oder BVerfG herausgestellt. Er rügt nicht einmal eine Abweichung von der Rechtsprechung des BFH, GmS-OGB oder BVerfG, sondern von der (im übrigen nicht näher gekennzeichneten) Rechtsprechung des BGH. Abweichungen des FG von Entscheidungen des BGH vermögen indessen die Zulassung der Revision wegen Abweichung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO von vornherein nicht zu rechtfertigen.

Solche Abweichungen können allenfalls zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) führen. Auch hier ist indessen grundsätzlich erforderlich, daß der Beschwerdeführer eine bestimmte (abstrakte) -- für grundsätzlich bedeutsam gehaltene -- Rechtsfrage herausstellt und deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert darstellt (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rdnr. 149 und 151, m. w. N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 61, m. w. N.). Daran fehlt es jedoch im Streitfall.

2. Verfahrensrügen

Ausdrücklich als solche bezeichnete Verfahrensrügen hat der Kläger nicht erhoben. Auch konkludent lassen sich dem Vortrag des Klägers schlüssig erhobene Verfahrensrügen i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 3 FGO nicht entnehmen (zu den Anforderungen an eine i. S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO substantiierte Verfahrensrüge vgl. z. B. Herrmann, a.a.O., Rdnr. 215 ff.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 65 i. V. m. § 120 Rdnr. 37 ff.). Im Kern richten sich die Ausführungen des Klägers in seiner Beschwerdeschrift gegen die dem materiellen Recht zuzuordnende Würdigung seitens des FG, daß er (der Kläger) vorsätzlich Steuern verkürzt habe. Solche Beanstandungen können indes lediglich im Revisionsverfahren, nicht dagegen im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren mit Erfolg geltend gemacht werden.

Soweit der Kläger moniert, das FG habe "den eigentlichen Tatbestand des Vorsatzes nicht gewürdigt", könnte man darin die konkludente Rüge erblicken, die FG-Entscheidung sei -- teilweise -- nicht mit Gründen versehen worden (vgl. § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO). Einen derartigen -- wesentlichen -- Verfahrensmangel, der einen absoluten Revisionsgrund i. S. von § 119 Nr. 6 FGO darstellt, hätte der Kläger allerdings mit der (zulassungsfreien) Revision (vgl. § 116 FGO) rügen müssen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde können solche -- wesentlichen -- Verfahrensmängel nicht geltend gemacht werden. Wegen der erheblichen (verfahrens-)rechtlichen Unterschiede zwischen den beiden Rechtsmitteln kann eine (unzulässige) Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht in eine zulassungsfreie Verfahrensrevision umgedeutet werden (vgl. dazu die Nachweise aus der Rechtsprechung des BFH bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rdnr. 5). Der Senat braucht daher nicht abschließend zu entscheiden, ob die Beschwerdebegründung des Klägers den Anforderungen an die schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO genügt. Dagegen dürfte sprechen, daß eine dahingehende Rüge nur dann schlüssig erhoben ist, wenn der Rechtsmittelführer geltend macht, daß eine rechtliche Begründung (vgl. § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO) der angefochtenen FG-Entscheidung überhaupt fehle oder daß das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen habe, mithin das angefochtene Urteil bezüglich eines wesentlichen Streitpunkts nicht mit Gründen versehen sei (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 14. Dezember 1989 III R 49/89, BFH/NV 1991, 288, m. w. N., und vom 19. Januar 1993 VII R 121/92, BFH/NV 1994, 40), und daß die Ausführungen des Klägers nicht hinreichend deutlich erkennen lassen, daß dem FG ein derart gravierender Verfahrensfehler unterlaufen sein soll.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421930

BFH/NV 1997, 422

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