Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründung der NZB bei kumulativer Urteilsbegründung

 

Leitsatz (NV)

Stützt das FG sein Urteil kumulativ auf mehrere Gründe, muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524; vom 21. Januar 2005 VIII B 163/03, BFH/NV 2005, 835).

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

FG Bremen (Urteil vom 10.06.2003; Aktenzeichen 2 K 524/01)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erstrebt die Zulassung der Revision zur Klärung der Rechtsfrage, ob die Festsetzung eines Verspätungszuschlags (§ 152 der Abgabenordnung --AO 1977--) wegen der verspäteten Abgabe einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewinns fehlerhaft ist, soweit die Finanzbehörde bei der Bestimmung der Höhe des Zuschlags nicht die tatsächlich festgesetzte Einkommensteuer, sondern 30 v.H. des erklärten Gewinns berücksichtigt hat. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass diese Rechtsfrage in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 32, m.w.N.). Es liege insbesondere auch keine Divergenz vor. Denn das Finanzgericht (FG) hat im Einklang mit dem Urteil des FG Bremen vom 26. Mai 2000  200126K 2 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 843) die Rechtsauffassung vertreten, dass bei der Festsetzung des Verspätungszuschlags die konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen durch zwischenzeitlich ergangene Einkommensteuerbescheide des Wohnsitzfinanzamts zu berücksichtigen seien, wenn die Einkommensteuer erheblich niedriger als geschätzt festgesetzt werde.

2. Das FG hat allerdings ferner entschieden, die Verpflichtung des Wohnsitzfinanzamts zur Aufklärung des Sachverhalts gehe nicht so weit, dass es von sich aus alle für den Steuerpflichtigen günstigen Umstände ermitteln müsse. Vielmehr obliege es dem Steuerpflichtigen aufgrund seiner nach § 90 AO 1977 bestehenden Mitwirkungspflicht, die zu seinen Gunsten zu berücksichtigenden Umstände von sich aus darzulegen. Im Streitfall habe der Kläger seine Einsprüche gegen die Verspätungszuschläge unter Verstoß gegen seine Mitwirkungspflicht nicht begründet und die ihm vorliegenden Einkommensteuerbescheide dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) nicht vorgelegt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob bezüglich der Ermittlungspflicht des Wohnsitzfinanzamts zwischen dem angefochtenen Urteil und dem FG-Urteil in EFG 2000, 843 eine Abweichung besteht, die die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO rechtfertigen könnte. Denn das FG hat seine Entscheidung, die Festsetzung der Verspätungszuschläge sei nicht zu beanstanden, zusätzlich ("zudem") darauf gestützt, dass das FA seine Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren zulässigerweise gemäß § 102 Satz 2 FGO ergänzt habe.

Wenn das Urteil des FG --wie hier-- kumulativ auf mehrere Gründe gestützt ist, so muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524; vom 21. Januar 2005 VIII B 163/03, BFH/NV 2005, 835). Daran mangelt es im Streitfall.

Der Kläger hat zwar erklärt, dass seiner Meinung nach die Voraussetzungen des § 102 Satz 2 FGO nicht vorgelegen haben und das FA im Rahmen seines Entschließungsermessens überhaupt keine ergänzbaren Ermessenserwägungen angestellt habe. Mit diesem Vorbringen macht er jedoch lediglich eine fehlerhafte Anwendung des § 102 Satz 2 FGO durch das FG auf den Sachverhalt des Streitfalls geltend. Denn seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass hier eine abstrakte Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die in ihrer Bedeutung über den Streitfall hinausgeht und in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist. Eine nach Meinung des Klägers fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG in einem Einzelfall und allgemeine Angriffe gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung eröffnen die Zulassung der Revision jedoch nicht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1417133

BFH/NV 2005, 2032

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