Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein mit der Revision angegriffener Steuerbescheid durch einen wiederum angefochtenen Bescheid gemäß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO berichtigt worden, so kann der BFH, wenn ein Antrag nach § 68 FGO nicht gestellt wird, das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung über den Berichtigungsbescheid gemäß § 74 FGO aussetzen.

 

Normenkette

AO § 222 Abs. 1 Nr. 1; FGO §§ 68, 74

 

Tatbestand

Das Finanzamt X (FA) hatte von dem Revisionskläger (Kläger) mit Bescheid vom 2. Mai 1958 51.864,40 DM Schenkungsteuer verlangt. Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg. Mit der Revision macht der Kläger, wie in den Vorverfahren, geltend, sein Vater habe ihm mit der Nutzung von ca. 22,5 ha Fichtenbeständen ein dingliches Nießbrauchsrecht übertragen, das mit dem Einheitswert zu bewerten sei. Zu Unrecht habe das FA ein obligatorisches Recht auf Abtrieb des aufstehenden Holzes angenommen und dieses mit dem gemeinen Wert angesetzt.

Das FA hat am 19. Januar 1966 gemäß § 222 Abs. 1 nunmehr 143.000 DM Schenkungsteuer verlangt. Nach den Nr. 1 AO einen geänderten Steuerbescheid erlassen und Feststellungen einer 1964/65 bei dem Bruder des Klägers, dem Eigentümer des Waldgrundstücks, durchgeführten landwirtschaftlichen Betriebsprüfung hat der Kläger von 1953 bis 1962 die gesamten ihm überlassenen Bestände abgeholzt. Dabei hat er ganz erheblich höhere Erlöse erzielt, als in einem Gutachten des Revierförsters R vom August 1958, das dem ursprünglichen Steuerbescheid zugrunde gelegen hat, ermittelt worden war. Gegen den Berichtigungsbescheid legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, es lägen keine neuen Tatsachen vor, die einen Berichtigungsbescheid rechtfertigten. Er beantragt, den Berichtigungsbescheid aufzuheben ersatzweise beantragt er, den Bescheid aus den aus der Revision ersichtlichen Gründen aufzuheben.

 

Entscheidungsgründe

Dem BFH ging am 26. Juli 1966 die Mitteilung des Klägers zu, er stelle keinen Antrag gemäß § 68 FGO.

Das Revisionsverfahren wird gemäß § 74 FGO ausgesetzt. Ob der Senat über den ursprünglichen Steuerbescheid vom 2. Mai 1958 zu entscheiden haben wird, hängt davon ab, ob der Berichtigungsbescheid vom 19. Januar 1966 im Rechtsmittelverfahren bestätigt oder aufgehoben wird. Bekommt der Kläger mit seiner Behauptung recht, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlaß eines Berichtigungsbescheids hätten nicht vorgelegen und wird der Berichtigungsbescheid aufgehoben, so erhält der ursprüngliche Bescheid seine formelle und materielle Bestandskraft zurück (vgl. Urteile des BFH III 226, 227/60 vom 22. November 1963, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Reichsabgabenordnung, § 222, Rechtsspruch 170; V 86/60 U vom 30. Mai 1963, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 77 S. 68 - BFH 77, 68 -, BStBl III 1963, 342; Tipke-Kruse, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, § 222 Anm. I 3; Mattern-Messmer, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, § 222 Anm. 1644). Das Revisionsverfahren kann dann fortgesetzt werden.

Solange der Berichtigungsbescheid jedoch Bestand hat, vermag der Senat in diesem Stand des Verfahrens eine abschließende Sachentscheidung über den ursprünglichen Bescheid nicht zu fällen.

über den Berichtigungsbescheid kann der Senat nicht entscheiden, weil der Kläger ihn nicht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412318

BStBl III 1966, 655

BFHE 1966, 727

BFHE 86, 727

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