Entscheidungsstichwort (Thema)

Einlegung eines Rechtsmittels durch Beratungsgesellschaft oder durch den Geschäftsführer persönlich?

 

Leitsatz (NV)

Die Frage, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision vom Geschäftsführer einer SteuerberatungsGmbH persönlich oder namens der Gesellschaft eingelegt worden ist, beurteilt sich entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches anhand des Wortlautes der abgegebenen Erklärungen, ggf. unter Heranziehung von außerhalb der Erklärung liegenden Begleitumständen.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Gründe

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG - vom 8. Juli 1975, BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932 i.d.F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1991, BGBl I 1991, 2288, BStBl I 1992, 44). Eine von einer Steuerberatungsgesellschaft eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Zwischenurteil vom 28. August 1991 I R 37/91, BFHE 166, 100, BStBl II 1992, 282).

Die Frage, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde oder eine Revision von dem Geschäftsführer einer Steuerberatungs GmbH persönlich oder namens der Gesellschaft eingelegt worden ist, beurteilt sich entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anhand des Wortlautes der abgegebenen Erklärung bzw. des Schriftsatzes und ggf. unter Heranziehung von außerhalb der Erklärung liegenden Begleitumständen (vgl. hierzu Münchner Kommentar-Mayer-Maly, Bürgerliches Gesetzbuch, § 133 Rdnr. 34, 44, 48; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 65 Rdnr. 14). Dabei ist dem ersten Anschein nach grundsätzlich davon auszugehen, daß eine auf einem Briefbogen einer juristischen Person abgegebene Erklärung als deren Erklärung und nicht als persönliche Erklärung der unterzeichnenden natürlichen Person anzusehen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Namenszug der natürlichen Person maschinenschriftlich der Name der juristischen Person beigefügt ist und der Unterzeichnende Geschäftsführer der juristischen Person ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30. April 1986 VIII R 199-201/85, BFH/ NV 1986, 691, BFH-Beschluß vom 3. April 1991 X R 166/90, BFH/NV 1991, 471). Dieser Anschein kann durch weitere, insbesondere sich aus dem Inhalt der Erklärung bzw. des Schriftsatzes ergebende gegenteilige Anhaltspunkte allerdings widerlegt werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13. März 1986 IV R 118/84, BFH/NV 1986, 466; BFH in BFHE 166, 100, BStBl II 1992, 282). Danach ergibt sich im Streitfall, daß die Nichtzulassungsbeschwerde von der X-Steuerberatungsgesellschaft mbH eingelegt worden ist:

Die Nichtzulassungsbeschwerde trägt im Briefkopf die Angabe der Steuerberatungsgesellschaft. Dieser Briefkopf ist nicht auf dem Briefpapier vorgedruckt, sondern dem objektivem Erscheinungsbild nach maschinenschriftlich aufgebracht worden. Typischerweise geschieht dies mit der Anfertigung des Schriftsatzes, so daß ein bloßes Vergreifen im Briefpapier nicht angenommen werden kann. Vor der Unterschrift des Steuerberaters, der zugleich Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft ist, ist ein Stempelaufdruck mit dem Namen der Steuerberatungsgesellschaft angebracht. Diese äußeren Merkmale sprechen dafür, daß die Nichtzulassungsbeschwerde von der Steuerberatungsgesellschaft eingelegt worden ist.

Dieser Anschein wird durch den Inhalt der Beschwerdeschrift im Streitfall nicht widerlegt. Im Rubrum wird unter dem Verfahrensbevollmächtigten nicht der Name des Steuerberaters angegeben. Die bloße Angabe der Unterfertigte ist zur Widerlegung des ersten Anscheins nicht geeignet, da sie inhaltlich zu unbestimmt ist. Sie kann sich gleichermaßen auf die Person des Steuerberaters als Geschäftsführer der Beratungs GmbH als auch auf den Berater persönlich beziehen. Dies gilt auch für die Abzeichnung jeder einzelnen Seite durch den Steuerberater. Die Abzeichnung einzelner Seiten eines Schriftsatzes kann im übrigen in ihrem Bedeutungsinhalt nicht der abschließenden Unterschrift gleichgestellt werden. Auch die im Schriftsatz verwendete Ich-Form verdeutlicht allein nicht, daß eine natürliche Person die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat, da der unterzeichnende Steuerberater seine Erklärungen auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beratungs GmbH abgegeben haben kann (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 19. August 1987 VIII R 18/87, BFH/NV 1988, 253). Der erste Anschein, daß die Nichtzulassungsbeschwerde von der X-Steuerberatungsgesellschaft eingelegt worden ist, kann auch nicht durch die noch vor Ablauf der Beschwerdefrist vorgelegte Prozeßvollmacht widerlegt werden, da diese sowohl die Beratungsgesellschaft als auch deren Geschäftsführer zur Prozeßführung bevollmächtigt.

Die Erläuterungen des Steuerberaters im Schriftsatz vom 7. September 1992 sind nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen und vermögen daher die ohne Postulationsfähigkeit eingelegte Beschwerde nicht mehr zulässig zu machen (vgl. BFH-Beschluß vom 23. November 1978 I R 56/76, BFHE 126, 366, BSTBl II 1979, 173; Zwischenurteil vom 16. August 1979 I R 95/76, BFHE 129, 1, BStBl II 1980, 47). Das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 4. Mai 1992 wurde der Klägerin per Einschreiben mit Rückschein wirksam zugestellt. Zwar sieht § 53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 14 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) für die Zustellung im Ausland eine Zustellung mit Einschreiben nicht vor. Die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung folgt im Streitfall jedoch aus § 53 Abs. 3 FGO. Das FG hatte die Klägerin mit Schreiben vom 13. September 1991 aufgefordert, einen Zustellungsbevollmächtigten in der Bundesrepublik Deutschland zu bestellen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Aufforderung ordnungsgemäß zugestellt worden ist, weil die Klägerin dieser erhalten hat, wie ihrem Antwortschreiben vom 25. Oktober 1991 zu entnehmen ist. Damit ist ein möglicher Zustellungsmangel gemäß § 9 Abs. 1 VwZG geheilt. Da die Klägerin keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt hat, gilt eine Sendung (hier: das Urteil) mit der Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 53 Abs. 3 Satz 2 FGO). Das Urteil ist lt. Einlieferungsschein am 6. Juli 1992 zur Post gegeben worden, so daß die Monatsfrist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 6. August 1992 abgelaufen ist (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Die Erläuterung des Steuerberaters im Schriftsatz vom 7. September 1992 ist daher nach Ablauf der Beschwerdefrist beim BFH eingegangen.

Eine Umdeutung in eine durch den Steuerberater persönlich eingelegte Beschwerde ist unzulässig (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 25. Mai 1990 X B 162/89, BFH/NV 1991, 259; BFH in BFHE 129, 1, BStBl II 1980, 47; BFH-Beschluß vom 6. November 1987 V B 129/87, BFH/NV 1988, 321).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418949

BFH/NV 1994, 649

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