Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug für die Anschaffung eines von einem Sozius gekauften Kraftwagens durch die Sozietät

 

Leitsatz (NV)

Es ist durch die Rechtsprechung geklärt, daß eine Rechnung, die nur an einen Gesellschafter ausgestellt worden ist, nicht eine Gesellschaft als Leistungsempfänger bezeichnet. Die Gesellschaft kann aus der beschriebenen Rechnung keinen Vorsteuerabzug vornehmen.

 

Normenkette

UStG 1980 § 15 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) -- Rechtsanwälte, die in BGB-Gesellschaft (Sozietät) beruflich verbunden sind -- begehrte erfolglos den Abzug von Vorsteuerbeträgen für den Erwerb von Kraftfahrzeugen und von Einrichtungsgegenständen für die Beratungszimmer ihrer Gesellschafter. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 1983, 1985 und 1986 ab und führte zur Begründung u. a. aus: Es stehe nicht fest, daß die Kraftfahrzeuge an die Klägerin geliefert worden seien. Die Gesellschafter hätten im Sozietätsvertrag vereinbart, daß jeder Sozius die Kosten "für sein Fahrzeug" selbst zu tragen habe. Einen Kaufvertrag habe die Klägerin nicht vorlegen können. Die Rechnungen seien auf die Gesellschafter (Dr. X und Dr. Y) aus gestellt worden. Schließlich müsse sich die Klägerin den objektiven Erklärungswert der Sonderbilanzen I zurechnen lassen, die auswiesen, daß die Fahrzeuge Eigentum des betreffenden Gesellschafters seien. Auch für die Anschaffung der Einrichtungsgegenstände stehe der Klägerin kein Vorsteuerabzug zu; denn nach dem Sozietätsvertrag schaffe "jeder Sozietätspartner" die Einrichtung seines Beratungszimmers auf eigene Kosten an. Demgemäß seien die meisten Rechnungen an den einzelnen Gesellschafter adressiert. Unerheblich sei, daß es sich teilweise um Einbauten gehandelt habe, weil der Leistungsbezug bei Einbauten personell zuordenbar sei. Nach den für den Vorsteuerabzug geltenden Regeln über die Feststellungslast trage die Klägerin den Nachteil, daß wegen der nicht klar und eindeutig vereinbarten und durch geführten Leistungsbeziehungen zweifelhaft bleibe, ob sie die streitbefangenen Lieferungen bezogen habe.

Mit der Beschwerde beantragt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und Verfahrensmängeln.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig und klärbar wären. Sie hat auch keine anderen Zulassungsgründe den Anforderungen entsprechend bezeichnet.

Sie meint, folgende Rechtsfragen seien von grundsätzlicher Bedeutung:

a) "Ist es -- bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 15 des Umsatzsteuergesetzes -- UStG -- 1980 für den Vorsteuerabzug ausreichend, wenn in einer Rechnung an eine BGB-Gesellschaft (hier Anwalts sozietät) nicht alle Gesellschafter als Adressat aufgeführt worden sind, sondern lediglich ein Gesellschafter in seiner Berufs- und Gesellschafterfunktion oder ein Sammelbegriff für die BGB-Gesellschaft (hier Anwaltspraxis oder Anwaltskanzlei mit dem Zusatz eines Gesellschafters) als Adressat angegeben werden, wenn unter der verwendeten Anschrift ausschließlich die BGB-Gesellschaft tätig ist und nicht weitere Personengesellschaften oder Gemeinschaften eine Tätigkeit jedweder Art unter dieser Anschrift ausüben."

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, daß eine Rechnung, die nur an einen Gesellschafter oder Gemeinschafter ausgestellt worden ist, nicht eine Gesellschaft als Leistungsempfänger (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1980) bezeichnet (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. November 1987 V R 29/83, BFHE 152, 170, BStBl II 1988, 387 zu II 3 a; vom 29. Januar 1987 V R 7/78, BFH/NV 1987, 404). Daß die Gesellschaft unter der gleichen Anschrift erreichbar ist, ändert nichts, wenn -- wie im Streitfall -- Gesellschaft und Gesellschafter als Leistungsempfänger in Betracht kommen können. Die in Sozietät verbundenen Gesellschafter sind neben dieser Unternehmer, wenn sie -- wie im FG-Verfahren z. B. für die Notartätigkeit vorgetragen -- selbständig nachhaltig entgeltliche Umsätze ausführen (vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524).

b) Auch eine Klärung der folgenden von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage ist in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht zu erwarten:"

Muß einer irrtümlich und unbeabsichtigt vom Steuerberater verwendeten falschen Bezeichnung (falsa demonstratio) in einer Überschußrechnung einer BGB-Gesellschaft ein objektiver Erklärungswert derart beigemessen werden, daß dieser Erklärungswert zu unabänderlichen umsatzsteuerrechtlichen Rechtsfolgen führt oder ist nicht vielmehr der tatsächliche Sachverhalt maßgebend und vom Gericht zu ermitteln."

Da das FG seine Entscheidung auf andere das Urteil tragende Gründe gestützt und den Erklärungswert der Sonderbilanzen nur ergänzend herangezogen hat, kann die Klärung dieser "Rechtsfrage" nicht erwartet werden (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 11 m. w. N.).

c) Die Klägerin kann die Zulassung der Revision auch nicht wegen der nachstehenden, von ihr herausgestellten Rechtsfragen erreichen:"

Welche Anforderungen und Grenzen er geben sich bezüglich der richterlichen freien Beweiswürdigung, wenn das Ergebnis der freien Beweiswürdigung ohne Ausschöpfung angebotener und vorhandener weiterer Beweismittel dazu führt, daß unbescholtenen Steuerbürgern kriminelle und irrationale Handlungen und Willenserklärungen unterstellt werden, die auf seiten des Steuerbürgers auch noch zu einem finanziellen und damit wirtschaftlichen Schaden führen.""

Widerspricht es den logischen Denkgesetzen, wenn rechtskundige Steuerbürger (hier Rechtsanwälte und Fachanwälte für Steuerrecht) einen Sachverhalt in einem Gesellschaftsvertrag regeln, der offensichtlich nicht regelungsbedürftig ist, weil sich die Regelung bereits aus den allgemeinen Lebensumständen und aus dem Zivilrecht ergeben."

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) macht die Klägerin damit nicht geltend, weil sie ersichtlich auf die Besonderheiten ihres Streitfalls abstellt. Sie greift die Beurteilung materiellen Rechts -- wie die Beweiswürdigung oder Verstoß gegen Denkgesetze (vgl. dazu Gräber/Ruban, a. a. O., § 115 Rz. 28, 29 jeweils m. w. N.) -- in einem Einzelfall an, ohne neue klärungsbedürftige Gesichtspunkte von grundsätzlicher Bedeutung herauszustellen. Ihr Vorbringen richtet sich im Kern gegen die tatsächliche Würdigung des FG im Streitfall.

Den Anforderungen an eine Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) genügt das Vorbringen der Klägerin nicht, weil sie Verfahrensfehler nicht schlüssig gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichnet hat (vgl. zu den Anforderungen Gräber/Ruban, a. a. O., § 115 Rz. 65; § 120 Rz. 37, 38).

3. Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419674

BFH/NV 1995, 450

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