Entscheidungsstichwort (Thema)

Verdeckte Gewinnausschüttung durch unangemessen hohe Bezüge geschäftsführender Gesellschafter einer Steuerberatungs-GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund präsenter Beweismittel und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, daß aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte.

2. Ob die Bezüge eines geschäftsführenden GmbH-Gesellschafters die obere Grenze der Angemessenheit überschreiten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Zu berücksichtigen sind die gesamten Vermögensvorteile (Gesamtbezüge), die der Gesellschafter als Entgelt für seine Tätigkeit erhält, Art und Umfang der Tätigkeit, die voraussichtliche Ertragsentwicklung der Gesellschaft, das Verhältnis der Gesamtbezüge zum erwarteten Gewinn und zur voraussichtlichen Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe für entsprechende Tätigkeiten leisten.

3. Die Tätigkeit eines geschäftsführenden Gesellschafters einer Steuerberatungs-GmbH ist mit der eines nicht geschäftsführenden Steuerberaters nicht vergleichbar.

 

Normenkette

FGO § 69; KStG 1984 § 8 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Gesellschafter sind der Steuerberater A und der Bilanzbuchhalter B. Beide sind am Stammkapital der GmbH je zu 1/2 beteiligt. A ist Geschäftsführer. Auch B ist für die GmbH aufgrund eines Dienstvertrags tätig. A und B erhielten in den Jahren 1982 bis 1988 für ihre Tätigkeit von der Antragstellerin folgende Vergütungen:

Jahr 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988

DM DM DM DM DM DM DM

A: 182 000 182 000 210 000 210 000 195 500 225 000 305 000

B: 126 000 126 000 154 000 154 000 143 500 165 000 249 000

Diese Vergütungen setzen sich zusammen aus den Monatsgehältern (1982 und 1983: A 13 000 DM, B 9000 DM; 1984 bis 1987: A 15 000 DM, B 11 000 DM; Januar-September 1988: A 20 000 DM, B 16 000 DM; ab 1. Oktober 1988: A 25 000 DM, B 21 000 DM), den Weihnachtsgratifikationen in Höhe je eines Novembergehalts und aus Prämien (1982-1985 und 1988: jeweils in Höhe des Dezembergehalts, 1987 in Höhe von zwei Monatsgehältern und 1986 in Höhe der allen Mitarbeitern gezahlten Anwesenheitsprämie von 500 DM). Nicht in diesen Beträgen enthalten ist der Wert der privaten Nutzung der Kraftfahrzeuge der Antragstellerin durch A und B.

Bei der Veranlagung der Antragstellerin zur Körperschaftsteuer für die Jahre 1987 und 1988 (Streitjahre) vertrat der Antrags- und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) die Ansicht, die Bezüge der Gesellschafter seien 1987 um insgesamt 120 000 DM und 1988 um insgesamt 146 000 DM überhöht. Er berücksichtigte deshalb bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer verdeckte Gewinnausschüttungen in entsprechender Höhe und stellte die Ausschüttungsbelastung her. Nach erfolglosen Einsprüchen erhob die Antragstellerin Klagen, über die das Finanzgericht (FG) bisher noch nicht entschieden hat. Die Anträge, die Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide bis zur Entscheidung über die Klage auszusetzen, lehnten FA und FG ab. Mit ihren vom FG zugelassenen Beschwerden verfolgt die Antragstellerin die Aussetzungsanträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerden sind teilweise begründet. Sie führen zur Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide, soweit die Steuerfestsetzungen darauf beruhen, daß die vom FA angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen und andere Ausschüttungen 1987 höher als 52 000 DM und 1988 höher als 76 000 DM sind.

1. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll auf Antrag ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen oder wenn - was im Streitfall nicht in Betracht kommt - die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Zuständig für die Aussetzung der Vollziehung ist neben der zuständigen Finanzbehörde auch das Gericht der Hauptsache (§ 69 Abs. 3 Satz 1 FGO). Wird gegen einen Beschluß des FG wegen Aussetzung der Vollziehung zulässigerweise Beschwerde eingelegt, ist der Bundesfinanzhof (BFH) berechtigt und verpflichtet, die Entscheidung des FG in tatsächlicher und rechtlichr Hinsicht in vollem Umfang zu überprüfen und über den Aussetzungsantrag zu entscheiden, soweit dem nicht das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers entgegensteht (s. BFH-Beschlüsse vom 19. April 1968 IV B 3/66, BFHE 92, 314, BStBl II 1968, 538; vom 4. Juli 1969 III B 6/69, BFHE 96, 337, BStBl II 1969, 657; vom 16. Dezember 1987 V B 40/85, BFH/NV 1988, 675).

Die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, daß aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 1978 I R 50/77, BFHE 125, 423, 426, BStBl II 1978, 579; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Auflage 1987, § 69 Anm. 88 m. w. N.). Ist der Verwaltungsakt ein Steuerbescheid und ist dessen Rechtmäßigkeit nur hinsichtlich eines Teils des festgesetzten Steuerbetrags ernstlich zweifelhaft, so ist die Vollziehung des Bescheids nur hinsichtlich dieses Teils der Steuerfestsetzung auszusetzen.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG 1984) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens der Gesellschaft auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (s. BFH-Urteil vom 28. Juni 1989 I R 89/85, BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854 m. w. N.). Andere Ausschüttungen (Gewinnausschüttungen i. S. des § 27 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 KStG 1984) sind Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt sind, nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß beruhen und sich durch einen tatsächlichen Mittelabfluß oder Verzicht auf die Vermögensmehrung konkretisiert haben (s. BFH-Urteile vom 30. Mai 1990 I R 41/87, BFHE 161, 87, BStBl II 1991, 588; vom 31. Oktober 1990 I R 47/88, BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH seit dem Urteil vom 16. März 1967 I 261/63 (BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626) eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Vermögensminderung angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendete, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Bei beherrschenden Gesellschaftern ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch dann anzunehmen, wenn es an einer klaren und im voraus getroffenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt von der Kapitalgesellschaft gezahlt werden soll (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1989 I R 99/87, BFHE 159, 338, BStBl II 1990, 454 m. w. N.).

Ob und in welcher Höhe die Bezüge, die ein geschäftsführender Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft von dieser erhält, ein derartiger Vermögensvorteil sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Es gibt keine festen Regeln für die Angemessenheit der Bezüge eines Geschäftsführers (s. BFH-Urteil in BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854). Das gleiche gilt auch für die Angemessenheit der Bezüge anderer leitender Angestellter. Die obere Grenze der Angemessenheit, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht überschreiten würde, muß im Einzelfall geschätzt werden. Dabei sind zu berücksichtigen: die gesamten Vermögensvorteile (z. B. Gehälter, Gratifikationen, Tantiemen, Prämien, geldwerte Nutzungsmöglichkeiten, Ruhegehaltszusagen), die der Gesellschafter als Entgelt für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft erhält (sog. Gesamtbezüge), die Art und der Umfang seiner Tätigkeit, die voraussichtliche Ertragsentwicklung des Unternehmens, das Verhältnis der Gesamtbezüge zum erwarteten Gesamtgewinn und zur voraussichtlichen Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe für entsprechende Tätigkeiten leisten (s. BFH-Urteile vom 11. September 1968 I 89/63, BFHE 93, 382, BStBl II 1968, 809; vom 5. Oktober 1977 I R 230/75, BFHE 124, 164, BStBl II 1978, 234).

Die Angemessenheit der Bezüge ist für den einzelnen Gesellschafter zu prüfen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung aufgrund überhöhter Bezüge eines Gesellschafters wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Bezüge anderer Gesellschafter die Obergrenze der Angemessenheit nicht erreichen.

2. Daraus ergibt sich für den Streitfall:

a) Die in den Streitjahren als Prämien gezahlten Teile der Gesamtbezüge des A und des B sind verdeckte Gewinnausschüttungen. Unklarheiten im Tatsächlichen oder hinsichtlich der Beurteilung von Rechtsfragen bestehen insoweit nicht.

Die Prämien waren die variablen Teile der Bezüge. Dies zeigt die am 2. Januar 1986 getroffene Gehaltsvereinbarung zwischen der Antragstellerin und ihren Gesellschaftern, nach der - abweichend gegenüber den Vorjahren - für 1986 keine Prämien zu zahlen waren. Die variablen Bezüge von Geschäftsführern und anderen leitenden Angestellten werden üblicherweise - wie die von der Antragstellerin vorgelegte Vergütungsanalyse der C-Personalberatung GmbH bestätigt - am Ertrag oder an das Erreichen vorgegebener Ertragsziele ausgerichtet.

Anfang 1987 - bei Abschluß der Gehaltsvereinbarungen mit A und B für 1987 - war die Ertragslage der Antragstellerin nicht so gut, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter A und B die Zahlung von Prämien für dieses Jahr zugesagt hätte. Im Jahr 1985 hatte die Antragstellerin erstmals nach mehreren Verlustjahren einen Gewinn (rund 8 700 DM) erzielt. 1986 hatte sich der Gewinn nur um rund 5 200 DM gegenüber dem Vorjahr erhöht. Selbst wenn unterstellt wird, daß bei Abschluß der Gehaltsvereinbarungen für 1987 bereits die Höhe des Vorjahresgewinns bekannt war und eine positive Ertragsentwicklung sich auch für 1987 abzeichnete, hätte sich ein die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin beachtender Geschäftsleiter nicht bereit erklärt, für 1987 Prämien zuzusagen. Er hätte vielmehr die Zahlung von Prämien unter Hinweis auf den noch bestehenden Bilanzverlust und die noch nicht gefestigte positive Ertragslage der Antragstellerin abgelehnt. Daß die Prämienzahlung für 1987 dazu dienen sollte, den erwarteten Gewinn der Antragstellerin weitgehend abzuschöpfen, zeigt sich an der Höhe der vereinbarten Prämien. Sie entsprechen rund dem 3,7fachen des 1986 erzielten Gewinns. Bestätigt wird diese Absicht auch durch die Angabe der Antragstellerin, die Prämien für 1987 seien zur Hälfte Nachzahlungen für 1986 gewesen. Da für 1986 keine Prämienzahlung vereinbart worden war, hätte sich ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem Nachzahlungsverlangen widersetzt.

Selbst wenn unterstellt würde, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter Nichtgesellschaftern für 1986 Prämien gezahlt hätte, wären die Nachzahlungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt. A und B waren hinsichtlich der die Nachzahlung betreffenden Vereinbarung beherrschende Gesellschafter der Antragstellerin, da sie insoweit gleichgerichtete Interessen verfolgten (BFH-Urteil in BFHE 159, 338, BStBl II 1990, 454). Eine im voraus getroffene Vereinbarung über eine Prämienzahlung für 1986 bestand nicht. Vielmehr hatte die Antragstellerin mit A und B im Januar 1986 vereinbart, daß für dieses Jahr keine Prämie gezahlt werden sollte.

Auch für 1988 hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter keine Prämien zugesagt. Zwar hatte sich die Ertragslage der Antragstellerin 1987 gegenüber dem Vorjahr beträchtlich verbessert, da - wovon aus der Sicht des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auszugehen ist - für 1987 keine Prämien zu zahlen waren. Für 1988 waren aber bereits das laufende Gehalt und die Weihnachtsgratifikation des A und des B um jeweils 85 000 DM erhöht worden. Ein die Belange der Antragstellerin berücksichtigender Geschäftsleiter hätte deshalb das Ansinnen abgelehnt, zusätzlich zu diesen beträchtlichen Gehaltserhöhungen für 1988 noch Prämien zu zahlen. Er hätte allenfalls statt einer ertragsunabhängigen Gehaltserhöhung eine ertragsabhängige Erhöhung der Bezüge vereinbart.

b) Ob die nach Abzug der Prämien verbleibenden Bezüge des A unangemessen hoch waren, ist dagegen unklar. 1987 betrugen seine Gesamtbezüge nach Abzug der Prämie 205 488 DM (Gehalt und Weihnachtsgratifikation 195 000 DM + Wert der Kraftfahrzeugnutzung 10 448 DM). Dieser Betrag liegt nur geringfügig über den Bezügen (einschließlich Wert der privaten Kraftfahrzeugnutzung), die A für 1986 erhalten hatte; er liegt unter A`s Bezügen für 1984 und 1985. A war in den Streitjahren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Antragstellerin. Deren Befugnis zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen hing von der Geschäftsführung durch A ab. Außer ihm erfüllte - was sich aus den Bilanzen der Antragstellerin ergibt - kein anderer Mitarbeiter der Antragstellerin in den Streitjahren die berufsrechtlichen Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz. Dies und die in den Streitjahren von der Antragstellerin erzielten Umsätze (1987: 1 356 667 DM, 1988: 1 729 358 DM) und die Zahl ihrer Beschäftigten (Ende 1986: 21 Personen, Ende 1987: 24 Personen) zeigen, daß A - auch wenn die unstreitige geschäftsleitende Tätigkeit des B berücksichtigt wird - eine erhebliche Arbeitsleistung erbrachte und Verantwortung trug. Nach der Vergütungsanalyse der C-Personalberatung GmbH erhielten 50 v. H. der Geschäftsführer von Steuerberatungsgesellschaften in der Größe der Antragstellerin 1987 Gesamtbezüge von über 212 000 DM (25 v. H.: weniger als 193 000 DM, 25 v. H.: mehr als 248 000 DM). Nach Auffassung des erkennenden Senats sprechen deshalb gewichtige Gründe dafür, daß die um die Prämie geminderten Gesamtbezüge des A 1987 nicht überhöht waren. Die Feststellung des FA, daß nicht geschäftsführend tätige angestellte Steuerberater in den Streitjahren im Durchschnitt nur 82 000 DM verdienten, ist kein gewichtiges Argument gegen die Angemessenheit der um die Prämie gekürzten Gesamtbezüge A`s im Jahr 1987. A`s Tätigkeit ist mit der Tätigkeit dieser Steuerberater nicht vergleichbar. Die Geschäftsführung einer Steuerberatungsgesellschaft erfordert zusätzliche Kenntnisse und Fähigkeiten und in der Regel einen erhöhten Arbeitseinsatz.

1988 betrugen A`s Gesamtbezüge nach Abzug der Prämie 290 448 DM (Gehalt und Weihnachtsgratifikation 280 000 DM + Kraftfahrzeugnutzung 10 448 DM). Gegenüber 1987 war dies eine Steigerung um rund 41 v. H. Eine derartige nicht ertragsabhängige Erhöhung der Bezüge in einem Jahr ist ungewöhnlich, wenn sie - wie im Streitfall - nicht mit einem Wechsel der Tätigkeit oder des Arbeitgebers verbunden ist. Dafür, daß 290 448 DM eine gerade noch angemessene Vergütung für A`s Tätigkeit gewesen sein kann, spricht jedoch: A`s Arbeitsumfang war 1988 größer als 1987. Der Umsatz der Antragstellerin erhöhte sich gegenüber 1987 um über 370 000 DM, die Zahl der Mitarbeiter der Antragstellerin wuchs von 24 Ende 1987 auf 29 Ende 1988. Im Jahr 1988 erhielten 25 v. H. der Geschäftsführer vergleichbarer Steuerberatungsgesellschaften nach der Vergütungsanalyse der C-Personalberatung GmbH Gesamtbezüge von mehr als 265 000 DM. Der Betrag von 290 448 DM überschreitet diesen Wert um weniger als 10 v. H. Zudem erhielten Geschäftsführer vergleichbarer Steuerberatungsgesellschaften zumeist zusätzlich betriebliche Sozialleistungen - insbesondere Pensionszusagen -, die A nicht erhielt. Auch die Ertragslage der Antragstellerin hatte sich beträchtlich verbessert. Der nicht um die Prämien für A und B geminderte Gewinn 1987 überstieg bereits das Stammkapital und stieg 1988 weiter an. Bei der Beurteilung der Ertragslage der Antragstellerin ist zudem möglicherweise auch zu berücksichtigen, daß sich ihr Geschäftswert wegen der nach 1986 wieder gestiegenen Umsätze erhöhte und die Antragstellerin somit erhebliche stille Reserven bildete.

c) Ebenfalls unklar ist, ob die um die Prämie geminderten Gesamtbezüge des B für 1987 unangemessen hoch waren. 1987 betrugen B`s um die Prämie geminderten Bezüge 148 844 DM (Gehalt und Weihnachtsgratifikation 143 000 DM + Kraftfahrzeugnutzung 5844 DM). Dieser Betrag ist niedriger als B`s jährliche Gesamtbezüge 1984 bis 1986. B war leitender Angestellter der Antragstellerin. Er war nicht nur als Bilanzbuchhalter für sie tätig, sondern nahm - was unstreitig ist - auch geschäftsleitende Aufgaben wahr. Der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit für die Antragstellerin in den Streitjahren ist zwar streitig und ungeklärt. Aufgrund der vorgelegten Beweismittel ist aber im Verfahren wegen der Aussetzung der Vollziehung davon auszugehen, daß B - trotz seiner Geschäftsführungstätigkeit für eine andere GmbH - seine Arbeitskraft der Antragstellerin so zur Verfügung stellte, wie dies zur Erfüllung seiner Aufgaben bei der Antragstellerin erforderlich war. Die Antragstellerin hat dies durch eine entsprechende eidesstattliche Versicherung des A glaubhaft gemacht. 50 v. H. der leitenden Angestellten mit Tätigkeiten und Aufgaben, die denen des B vergleichbar sind, erhielten nach der Vergütungsanalyse der C-Personalberatung GmbH 1987 mehr als 135 000 DM, 25 v. H. sogar mehr als 156 000 DM. Dies sind gewichtige Umstände, die dafür sprechen, daß Bezüge von rund 149 000 DM nicht unangemessen waren.

d) Dagegen waren die Gesamtbezüge des B für 1988 nicht nur um die Prämie, sondern darüber hinaus um weitere rund 30 000 DM überhöht. 1988 betrugen B`s Gesamtbezüge nach Abzug der Prämie 233 844 DM (Gehalt und Weihnachtsgratifikation 228 000 DM + Kraftfahrzeugnutzung 5844 DM). Gegenüber 1987 war dies eine Steigerung um rund 57 v. H. Die Bezüge vergleichbarer leitender Angestellter wurden nach der Vergütungsanalyse der C-Personalberatung GmbH 1988 um weniger als 10 v. H. erhöht. Eine überdurchschnittliche Erhöhung der Bezüge des B läßt sich zwar mit gestiegener Arbeitsbelastung (Steigerung des Umsatzes und der Zahl der Beschäftigten der Antragstellerin, Umstellung von Mandantenbilanzen aufgrund des Bilanzrichtliniengesetzes), ungünstigen Arbeitsbedingungen (wegen Bauarbeiten in den Praxisräumen im Jahr 1988) und der verbesserten Ertragslage der Antragstellerin begründen. Diese Umstände waren aber nicht ausschlaggebend für den Umfang der Erhöhung. Maßgebend war vielmehr, daß das Gehalt und die Weihnachtsgratifikation des A um insgesamt 85 000 DM erhöht worden waren und B`s Gehalt und Gratifikation um den exakt gleichen Betrag steigen sollten. Da A`s und B`s Tätigkeiten und Qualifikationen sich unterschieden, kommt als Grund dieser Gleichbehandlung nur ihre gleich hohe Beteiligung an der Antragstellerin - also ihre Gesellschaftereigenschaft - in Betracht.

Der erkennende Senat schätzt aufgrund der bisher bekannten Umstände, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter B`s Gesamtbezüge für 1988 allenfalls um 55 000 DM auf 203 844 DM erhöht hätte. Nach der Vergütungsanalyse der C-Personalberatung GmbH erhielten 25 v. H. der mit B vergleichbaren leitenden Angestellten 1988 Gesamtbezüge von mehr als 169 000 DM. Da vergleichbare leitende Angestellte darüber hinaus meist noch Sozialleistungen - insbeson- dere Pensionszusagen - von ihren Arbeitgebern erhielten, die B nicht erhielt, ist ein Zuschlag zu diesem Betrag zu machen, den der Senat griffweise auf rund 20 v. H. schätzt. Eine genauere Schätzung muß dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418064

BFH/NV 1992, 341

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