Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von PKH - Angaben über Einkommen und Vermögen des Ehegatten erforderlich

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Beteiligter, der nicht über ausreichende Mittel zur Übernahme der Kosten für die Prozeßführung verfügt, hat Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist, wenn er spätestens am letzten Tag der Rechtsmittelfrist in einer Weise um die Bewilligung von PKH nachgesucht hat, daß er aus seiner Sicht mit der Bewilligung rechnen konnte. Dies erfordert grundsätzlich, daß er seinem Antrag die nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO erforderlichen Erklärungen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beifügt.

2. In der nach § 117 Abs. 2 ZPO geforderten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers sind auch Angaben über das Einkommen und das Vermögen der Ehefrau des Antragstellers zu machen.

3. Zur Akteneinsicht im Verfahren über die Gewährung von PKH.

 

Normenkette

FGO § 78 Abs. 1 S. 1, § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2-4

 

Tatbestand

Der Kläger und Antragsteller (Kläger) führt vor dem Finanzgericht (FG) Rechtsstreitigkeiten wegen Einkommensteuer 1981 und 1982. Er begehrt u. a., die Aufwendungen für eine Restitutionsklage, die er wegen einer Vaterschaftssache erhoben hat, als außergewöhnliche Belastung (§ 33 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) zu berücksichtigen.

Durch jeweiligen Beschluß vom 27. Februar 1991 lehnte es das FG ab, die Verfahren wegen Einkommensteuer 1981 und 1982 auszusetzen, bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte über eine nach Angabe des Klägers dort erhobene Beschwerde in der Vaterschaftssache entschieden hat.

Gegen die Beschlüsse vom 27. Februar 1991 wendet sich der Kläger. In zwei von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben beantragt er - ,,um das Rechtsmittel zu wahren" - die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dem Antrag lag die mit dem Datum vom 13. März 1991 versehene Fotokopie einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers bei, die er bereits seinem Antrag auf PKH in dem Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1980 unter dem Datum vom 12. Dezember 1990 beigefügt hatte.

Der Kläger beantragt ferner, ihm Einsicht in die Akten des Amtsgerichts X, AZ: . . . zu gewähren; diese Akten sind zu dem Rechtsstreit des Klägers in seiner Vaterschaftssache angelegt worden und befinden sich bei den Prozeßakten.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Antrag auf PKH und auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Aussetzung ist nicht begründet.

PKH kann nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nur bewilligt werden, wenn der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Antrag sind nach § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; dabei muß sich der Antragsteller des gemäß § 117 Abs. 3 ZPO eingeführten Vordrucks bedienen (§ 117 Abs. 4 ZPO).

Ein Beteiligter, der nicht über ausreichende Mittel zur Übernahme der Kosten für die Prozeßführung verfügt, hat Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist, wenn er spätestens am letzten Tag der Rechtsmittelfrist in einer Weise um die Bewilligung von PKH nachgesucht hat, daß er aus seiner Sicht mit der Bewilligung rechnen kann. Dies erfordert grundsätzlich, daß er seinem Antrag die nach § 117 Abs. 2 und 4 ZPO erforderlichen Erklärungen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege beifügt (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Mai 1989 VIII S 5-8/88, BFH/NV 1990, 316).

Hieran hat es im Streitfall gefehlt. Der Kläger hat zwar seinem PKH-Gesuch eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Diese Erklärung ist jedoch in wesentlichen Punkten unvollständig. Angaben über die Einkünfte seiner Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit fehlen vollständig. Außerdem hat der Kläger im Rahmen seiner Auskunft über sein und seiner Ehefrau Vermögen die Frage nach dem Vorhandensein von Grundvermögen für sich selbst (,,für Antragsteller") verneint; die Beantwortung blieb aber insoweit offen, als es sich um das Vorhandensein etwaigen Grundvermögens seiner Ehefrau handelt.

Die vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers stellt im übrigen nur eine mit neuem Datum versehene Fotokopie einer bereits dem PKH-Gesuch vom 14. Dezember 1990 beigefügten Erklärung dar, die der Senat in seinem Beschluß vom 9. Januar 1991 unter Angabe der obigen Gründe als unvollständig abgelehnt hatte.

Demgegenüber kann der Kläger nicht einwenden, seine Ehefrau habe ihm untersagt, Auskünfte ,,gleich welcher Art" über sie zu geben. Die vom Gesetz (§ 117 Abs. 2 ZPO) geforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dient zwar nur der Prüfung der Bedürftigkeit des Antragstellers; hierbei kann aber auch das Einkommen und das Vermögen seiner Ehefrau von Bedeutung sein. Aus den hierzu gemachten Angaben könnte z. B. zu entnehmen sein, daß dem Antragsteller gegen seine Ehefrau ein Unterhaltsanspruch zusteht; auch ein etwaiger Unterhalt ist ,,Einkommen" des Antragstellers im Sinne des § 115 ZPO (Zöller/Schneider, Zivilprozeßordnung, 16. Aufl., 1990, § 115 Rdnr. 11).

2. Der Antrag des Klägers, ihm gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO die Einsicht in die - dem BFH vorliegenden - Akten des Amtsgerichts X Az . . . zu gewähren, ist abzulehnen. Da das Gesuch des Klägers auf PKH abzulehnen ist und keine Sachentscheidung mehr zu treffen ist, sind die zu der Kindschaftssache des Klägers angelegten Akten unter keinem Gesichtspunkt geeignet, seinem Rechtsschutz in einem Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Aussetzung der Verfahren wegen Einkommensteuer 1982 und 1983 zu dienen (vgl. BFH-Beschluß vom 13. Oktober 1989 V B 18/89, BFH/NV 1990, 517).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417906

BFH/NV 1992, 191

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