Entscheidungsstichwort (Thema)

Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler; keine notwendige Beiladung zu einer offensichtlich unzulässigen Klage der Personengesellschaft

 

Leitsatz (NV)

1. Mit dem Vorbringen, das Finanzgericht habe im einzelnen nicht näher bezeichnete Rechtsgrundsätze aus zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs auf den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt nicht zutreffend angewendet, wird keine Divergenz, sondern allenfalls ein vermeintlicher Rechtsfehler des angefochtenen Urteils bezeichnet.

2. Im Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision müssen auch solche Verfahrensmängel schlüssig gerügt werden, die im Revisionsverfahren -- wie die unterlassene notwendige Beiladung -- von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Nach ständiger Rechtsprechung ist die notwendige Beiladung einer Kommanditistin zu einer offensichtlich unzulässigen Klage der Personengesellschaft gegen eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung ausnahmsweise entbehrlich.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 3 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und war durch Beschluß nach §132 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu verwerfen. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keine Zulassungsgründe i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 FGO entsprechend den gesetzlichen Anforderungen nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO hinreichend substantiiert innerhalb der Beschwerdefrist dargelegt.

1. a) Für die Bezeichnung eines Zulassungsgrundes i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO genügt es nicht, die Entscheidungen, von denen das Finanzgericht (FG) abgewichen sein soll, mit einer Fundstelle näher zu benennen. Vielmehr muß der Beschwerdeführer darüber hinaus dartun, daß das FG mit einem seiner Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in den vermeintlichen Divergenzentscheidungen aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen sei. In der Beschwerdeschrift müssen die divergierenden Rechtssätze im angefochtenen Urteil des FG und in den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) einander in einer Weise gegenübergestellt werden, daß die Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschluß vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 891, ständige Rechtsprechung).

b) Die Beschwerde bemängelt, das FG habe den Begriff der Vollbeendigung einer Personengesellschaft rechtsfehlerhaft definiert. Die Rechtsauffassung des FG zur Vollbeendigung stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH und weiche von den BFH-Urteilen vom 24. März 1987 X R 28/80 (BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316), vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89 (BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333), vom 27. April 1993 VIII R 27/92 (BFH/NV 1994, 159) und vom BFH-Beschluß vom 2. März 1993 IV B 166/91 (BFH/NV 1993, 674) ab. Das FG sei im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung der rechtsirrigen Ansicht, allein durch die Einstellung des Geschäftsbetriebs und die Veräußerung des vorhandenen Anlagevermögens sowie der Vorräte an die Schwestergesellschaft X- GmbH & Co. sei die Y-GmbH & Co. KG bereits 1987 vollbeendet gewesen.

Die Beschwerde legt außer der Benennung angeblicher Divergenzentscheidungen des BFH bereits nicht dar, welche Rechtsgrundsätze der BFH in seinen Entscheidungen für die Annahme der Vollbeendigung von Personengesellschaften aufgestellt hat. Die Beschwerde hat ebenso unberücksichtigt gelassen, daß die Rechtsprechung hinsichtlich der Klagebefugnis zwischen jenen Fällen, in denen die Personengesellschaft selbst Steuersubjekt ist, wie z. B. bei der Umsatzsteuer (vgl. BFH in BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316), und Streitigkeiten über einheitliche Gewinnfeststellungen differenziert (vgl. dazu Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., §48 FGO Rz. 69 f., m. umf. N.).

Die Beschwerde rügt im Kern, das FG habe die vom BFH entwickelten -- freilich im einzelnen nicht näher gekennzeichneten -- Rechtsgrundsätze unzutreffend auf den im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt angewendet. Mit einem solchen Vorbringen wird indessen noch keine Divergenz i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 2 FGO bezeichnet (vgl. BFH in BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, 891, m. w. N.; Ruban/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Rz. 17).

2. Mit der Rüge, das FG hätte die Kommanditistin A gemäß §60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig zum Verfahren beiladen müssen, und das angefochtene Urteil beruhe auf der unterlassenen Beiladung, wird ein Verfahrensmangel i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 3 FGO ebenfalls nicht schlüssig bezeichnet (vgl. zum Verfahrensmangel einer unterlassenen Beiladung z. B. BFH-Beschluß vom 14. Dezember 1995 VIII B 45/95, BFH/NV 1996, 486).

Im Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision müssen auch solche Verfahrensmängel schlüssig gerügt werden, die im Revisionsverfahren -- wie die unterlassene Beiladung -- von Amts wegen zu berücksichtigen sind (vgl. Ruban/Gräber, a. a. O., §115 Rz. 33 und 65). Zur Geltendmachung eines Verfahrensmangels genügt auch nicht die bloße Bezeichnung der angeblich veletzten Norm des Verfahrensrechts. Vielmehr müssen innerhalb der Beschwerdefrist die Tatsachen genau angegeben werden, die den Mangel ergeben sollen. Dabei ist vom materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des FG, selbst wenn dieser unzutreffend wäre, auszugehen (BFH- Beschluß vom 7. Februar 1995 V B 62/94, BFH/NV 1995, 861, ständige Rechtsprechung; ferner zur fehlenden Kausalität Ruban/Gräber, a. a. O., §115 Rz. 34, m. umf. N.).

Das FG hat unter Bezugnahme auf die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung ausgeführt, eine Beiladung der Kommanditistin zu einer offensichtlich unzulässigen Klage der Personengesellschaft sei entbehrlich, auch wenn die Mitunternehmerin an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sei, daß eine Entscheidung ihr gegenüber ebenfalls nur einheitlich ergehen könnte (vgl. §60 Abs. 3 Satz 1 FGO; BFH- Beschluß vom 22. Mai 1995 VIII B 146/94, BFH/NV 1995, 1077, 1078; Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., §48 FGO Rz. 163, m. umf. N.).

Die Beschwerde hat indes über die bloße Rechtsbehauptung hinaus keine weiteren Tatsachen vorgetragen.

3. Die von der Beschwerde unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung zur Bilanzierungskonkurrenz bei ganz oder teilweise personenidentischen mitunternehmerischen Schwester-Personengesellschaften (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82) erhobene Rüge gegen die vom FG erkennbar nicht in entscheidungserheblicher Weise gemachten materiell-rechtlichen Ausführungen enthalten ebenfalls keine Bezeichnung eines Zulassungsgrundes i. S. von §115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO, sondern nur eine im Rahmen einer bereits zugelassenen Revision zu prüfende materiell-rechtliche Rüge.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67456

BFH/NV 1998, 1105

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