Leitsatz (amtlich)

Hat das FA die Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs ohne sachliche Prüfung des Antrags abgelehnt, so ist Streitwert der gegen die Ablehnung erhobenen Verpflichtungsklage regelmäßig der beantragte Lohnsteuererstattungsbetrag.

 

Normenkette

FGO § 140 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Kläger, ein türkischer Arbeiter, hat beim Beklagten und Beschwerdegegner (FA) einen Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich eingereicht und diesen nicht mit seinem richtigen Namen, sondern mit dem Namen unterzeichnet, den sein in der Türkei käuflich erworbener Paß trug. Auf denselben Namen war die Lohnsteuerkarte ausgestellt worden. Das FA hat die Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs abgelehnt, da der Kläger den amtlichen Vordruck mit einem falschen Namen unterzeichnet hatte. Das FG hat dem Klageantrag entsprechend den ablehnenden Bescheid des FA aufgehoben und das FA zur Verbescheidung über den Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich verpflichtet (§ 101 Satz 2 FGO). Es erlegte die Kosten des Verfahrens dem FA auf und setzte den Streitwert für das Klageverfahren auf 198 DM fest. Zur Streitwertfestsetzung führte es aus: Der Streitwert sei unter Berücksichtigung des Klageantrags und in Anlehnung an die Grundsätze des Urteils des BFH vom 27. Januar 1965 I 74/63 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Rechtsspruch 126) festgesetzt worden. Danach sei in Fällen, in denen das Klageverfahren nur auf ein Tätigwerden gerichtet sei, der Streitwert regelmäßig auf 10 % des streitigen Steuerbetrags zu bemessen.

Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführer haführer), eine Rechtsanwaltsgemeinschaft, haben gegen die Streitwertfestsetzung fristgerecht Beschwerde eingelegt, mit der sie zunächst die Festsetzung des Streitwerts auf 1 981 DM begehrten; denn diesen Betrag werde das FA nunmehr erstatten. Nachdem das FA dem Kläger einen Betrag von 3 117,30 DM erstattet hatte, beantragten sie, den Streitwert auf diesen Betrag festzusetzen.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführer haben ein eigenes Beschwerderecht (§ 9 Abs. 2 BRAGebO). Die Beschwer liegt in der ihres Erachtens zu niedrigen Streitwertfestsetzung.

Die Beschwerde ist begründet.

Nach § 140 Abs. 3 FGO ist der Streitwert unter Berücksichtigung der Sachanträge nach freiem Ermessen festzusetzen. Im Streitfall begehrte der Kläger im Wege der Verpflichtungsklage die Durchführung des vom FA abgelehnten Lohnsteuer-Jahresausgleichs. Gegenstand des Klageverfahrens war nicht eine sachliche Entscheidung über den Lohnsteuer-Jahresausgleich des Klägers, sondern die Frage, ob das FA eine sachliche Prüfung des Antrags auf Lohnsteuer-Jahresausgleich vornehmen mußte. In diesem Verfahren war zwar nicht übersehbar, ob der Kläger in sachlicher Hinsicht Erfolg haben würde. Es wäre insbesondere eine auf den sachlichen Erfolg abgestellte Verteilung der Kosten, für deren Höhe der Streitwert die Grundlage bildet, nicht möglich gewesen. Gleichwohl erscheint es aber nicht gerechtfertigt, in Anwendung der zur Untätigkeitsklage - soweit sie nicht auf eine Sachentscheidung gerichtet ist (BFH-Beschluß vom 25. Januar 1967 I B 11/66, BFHE 88, 19, BStBl III 1967, 253) - entwicelten Grundsätze nur einen Bruchteil des streitigen Steuerbetrags anzusetzen. Für die Festsetzung des Streitwerts kommt es allein darauf an, das finanzielle Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Entscheidung festzustellen (BFH-Beschluß vom 14. Dezember 1970 IV B 87/70, BFHE 104, 41, BStBl II 1971, 206). Dieses Interesse des Klägers im Klageverfahren belief sich aber auf 3 117 DM; denn auf eine Erstattung in dieser Höhe war sein Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich gerichtet. Zwar hatte er dem Antrag eine Lohnsteuerkarte beigefügt, die die Steuerklasse I und keine Kinderfreibeträge auswies. Das FA hatte unter Zugrundelegung dieser Besteuerungsmerkmale für das Einspruchsverfahren einen Streitwert von 1 981 DM errechnet. Den Lohnsteuerakten ist jedoch zu entnehmen, daß der Kläger die Besteuerungsmerkmale Steuerklasse II und zwei Kinderfreibeträge, die dann auch zu der höheren Erstattung führten, bereits beim FA geltend gemacht hatte. Der Streitwert war mithin in Höhe des tatsächlichen Erstattungsbetrags festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70201

BStBl II 1973, 685

BFHE 1973, 424

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