Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtsanwalt, der seinen Klienten Honorare in Rechnung stellt und die darauf entfallende Umsatzsteuer in der Rechnung gesondert ausweist, aber im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung von der Bemessungsgrundlage unter Berufung auf die weitere Anwendbarkeit des § 79 Abs. 3 UStDB 1934 5 v. H. als Pauschale zur Abgeltung kleiner für die Klienten verauslagter Beträge (angeblich "durchlaufende Posten") abzieht, schuldet die Umsatzsteuer insoweit jedenfalls gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967.

 

Normenkette

UStG 1967 § 10 Abs. 1 S. 4, § 14 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Die Kläger bilden eine Rechtsanwalts-Sozietät, die ab 1. Januar 1968 die Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1967 (UStG 1967) nach vereinnahmten Entgelten versteuert. Streitig ist, ob die von ihr in Anspruch genommene Pauschale von 5 v. H. der vereinnahmten Entgelte als durchlaufende Posten bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Umsätze der Jahre 1967 bis 1972 zu berücksichtigen ist.

In den ihren Klienten erteilten Rechnungen wiesen die Kläger die Umsatzsteuer in Höhe von 4 v. H. (1967), 5 v. H. (1. Halbjahr 1968) bzw. 5,5 v. H. (2. Halbjahr 1968 und 1969 bis 1972) ihrer Honorare zuzüglich der Auslagenpauschale gemäß § 26 Satz 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) gesondert aus. Daneben und gesondert führten sie in den Rechnungen bestimmte durchlaufende Posten, insbesondere verauslagte Gerichtskostenvorschüsse, auf. Die in den Umsatzsteuererklärungen für 1967 bis 1972 enthaltenen steuerpflichtigen Umsätze errechneten sie in der Weise, daß sie von dem Gesamtbetrag der vereinnahmten Entgelte zunächst die den Klienten im einzelen berechneten Fremdgelder, Gerichtskosten und sonstigen durchlaufenden Posten abzogen und die verbleibenden Beträge sodann nochmals um eine Pauschale von 5 v. H. kürzten, die sie als "umsatzsteuerfrei gemäß UStDB 1934, BdF-Erlaß 6. März 1954" bezeichneten.

Das Finanzamt (Beklagter) setzte die Umsatzsteuer für die Jahre 1967 bis 1971 - abgesehen von Abweichungen bei hier nicht streitigen Posten - den Angaben in den Umsatzsteuererklärungen entsprechend fest, wobei es den Steuerbescheid für das Jahr 1971 für vorläufig erklärte. Aufgrund einer im November 1972 durchgeführten Betriebsprüfung, bei welcher der vorstehende Sachverhalt aufgeklärt wurde, änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1967 bis 1971 und setzte die Umsatzsteuer für das Jahr 1972 abweichend von der Steuererklärung fest. Dabei rechnete es u. a. die von den Klägern als "durchlaufende Posten" pauschal abgezogenen Beträge in Höhe von 5 v. H. der vereinnahmten Entgelte der Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze hinzu. Die nach erfolglosem Einspruch gegen die Bescheide vom 15. Februar 1974 und 2. April 1974 erhobene Klage hat das Finanzgericht abgewiesen.

Zur Begründung führte das Finanzgericht aus: Es könne dahingestellt bleiben, ob § 79 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1934 weiter anzuwenden sei (vgl. Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 7. Dezember 1950 IV S 4106 - 2/50), weil die Voraussetzungen hier nicht vorlägen. Es fehle insbesondere am Vorliegen durchlaufender Posten i. S. des § 5 Abs. 3 UStG 1951 bzw. § 10 Abs. 1 Satz 4 UStG 1967, da die Kläger die im Rahmen des Pauschalabzuges geltend gemachten kleineren Gebühren ihren Klienten nicht als solche erkennbar weiterberechnet hätten. Selbst dann, wenn es sich dabei um durchlaufende Posten handle, schuldeten die Kläger die Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 2 UStG 1967, soweit die Jahre ab 1968 in Betracht kommen. Denn die Kläger hätten in ihren Rechnungen den Klienten Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt, die aus den (um die Pauschale) ungekürzten Honoraren errechnet worden sei (§ 14 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967).

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger Abweichung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs sowie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Im Urteil vom 21. März 1957 V 267/56 U (BFHE 65, 383, BStBl III 1957, 378) und im Urteil vom 5. September 1963 V 117/60 U (BFHE 77, 550, BStBl III 1963, 520) habe der Bundesfinanzhof § 79 Abs. 3 UStDB 1934 als geltendes Recht behandelt. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich daraus, daß eine Vielzahl von Rechtsanwälten nach wie vor die Regelung aus § 79 Abs. 3 UStDB 1934 in Anspruch nehme.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Kläger ist unbegründet.

1. Für das Jahr 1967, in dem die Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1951 anzuwenden waren, liegt eine Abweichung vom Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. September 1963 V 117/60 U nicht vor. Dort hat der Senat erkannt, daß die Erlasse des Reichsministers der Finanzen und des Bundesministers der Finanzen, welche die Weitergeltung des § 79 Abs. 3 UStDB 1934 anordnen, Verwaltungsanweisungen darstellen, die der Vereinfachung dienen, aber für die Gerichte nicht verbindlich sind. Das Urteil des Senats vom 21. März 1957 V 267/56 U ist durch das Urteil vom 5. September 1963 V 117/60 U überholt, so daß zu diesem früheren Urteil keine Divergenz vorliegen kann. Für den Bereich des Umsatzsteuergesetzes 1951 fehlt es daher an der behaupteten Abweichung. Der Erlaß ist lediglich eine Verwaltungsanweisung aus Gründen einer erleichterten Buchführung. Für den Bereich des Umsatzsteuergesetzes 1967 hat der Bundesfinanzhof zu der Frage bisher nicht Stellung genommen.

2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht gegeben. Für das Jahr 1967, in dem die Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1951 anzuwenden sind, fehlt es der Streitsache schon deshalb an einer grundsätzlichen Bedeutung, weil das Umsatzsteuergesetz 1951 ausgelaufenes Recht ist und gleichartige Fälle nicht anhängig sind (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 19. Juni 1973 VII B 32/72, BFHE 109, 425, BStBl II 1973, 685, und Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 1975 VII B 36/75, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 115, Rechtsspruch 147).

Für die Jahre 1968 bis 1972 stellt sich die Frage einer Anwendbarkeit des § 79 Abs. 3 UStDB 1934 im vorliegenden Fall schon deshalb nich, weil die Kläger ihren Klienten die vollen Gebühren und die hierauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge in Rechnung gestellt und lediglich für die Zwecke der Umsatzsteuerberechnung nachträglich nur gegenüber dem Finanzamt die Gebühren um die 5 v. H.-Pauschale gekürzt haben.

Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den durch die Pauschale abzugeltenden Gebührenauslagen usw. um durchlaufende Posten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 4 UStG 1967 handelt, wie die Kläger meinen. Denn da sie die jeweils in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge aus der Bemessungsgrundlage des ungekürzten Entgelts errechnet und vom Rechnungsempfänger einverlangt haben, schulden sie diese gesondert ausgewiesene Steuer gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967.

Da aus diesen Rechtsgründen das Urteil des Finanzgerichts richtig ist, kann es in der Revisionsinstanz zu einer grundsätzlichen Klärung der Rechtsfrage, wie sie die Kläger in der Frage der weiteren Anwendbarkeit der 5 v. H.-Pauschalregelung erblicken, nicht kommen (vgl. auch Eckhardt/Weiß, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 5 Tz. 37 a). Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob den Verwaltungserlassen schon dadurch die Grundlage entzogen ist, daß § 26 Satz 2 BRAGebO i. d. F. des Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Gesetze vom 30. Juni 1965 (BGBl I 1965, 577) anders als die im Jahre 1934 geltende Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 5. Juli 1927 (RGBl I 1927, 152) eine Pauschalierungsregelung hinsichtlich der Auslagenersatzansprüche eines Rechtsanwalts für Porti usw. vorsieht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72895

BStBl II 1979, 274

BFHE 1979, 81

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