Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung von Revisionszulassungsgründen; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

 

Leitsatz (NV)

1. Der Einwand der fehlerhaften Rechtsanwendung bzw. eines schlichten Subsumtionsfehlers reicht zur schlüssigen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO nicht aus.

2. Die schlüssige Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht setzt u.a. voraus, dass vorgetragen wird, welche Tatsachen hätten aufgeklärt werden und welche Beweise hätten erhoben werden müssen, aus welchen Gründen sich dem FG die Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen und welche rechtserheblichen Tatsachen sich hierbei voraussichtlich ergeben hätten.

3. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt nicht, dass das Gericht den Beteiligten die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen hat.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3; EStG § 17

 

Verfahrensgang

Sächsisches FG (Urteil vom 03.03.2009; Aktenzeichen 3 K 1712/06)

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); im Übrigen liegen die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vor.

1. Soweit der Kläger mit Blick auf die --sinngemäß-- gerügte Divergenz mit verschiedenen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich hält (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO), sind die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidungen (BFH-Urteile vom 2. Oktober 1959 VI 64/57 U, BFHE 70, 96, BStBl III 1960, 36; vom 12. Februar 1980 VIII R 114/77, BFHE 130, 378, BStBl II 1980, 494; vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428; vom 9. September 1986 VIII R 95/85, BFH/NV 1986, 731) schon nicht so herausgearbeitet und gegenübergestellt, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird. Im Übrigen rügt der Kläger mit der behaupteten fehlerhaften Anwendung des § 17 des Einkommensteuergesetzes lediglich eine (vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. einen schlichten Subsumtionsfehler; mit der Rüge solcher materiell-rechtlicher Fehler kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden.

2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sind nicht gegeben.

a) Soweit der Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) rügt, fehlen Angaben, weshalb sich auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des Finanzgerichts (FG) eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes hätte aufdrängen müssen. Dies erfordert nicht nur die genaue Angabe des Beweisthemas und der Beweismittel, die das Gericht nicht berücksichtigt hat. Geboten ist darüber hinaus die Darlegung, welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme nach Auffassung des Steuerpflichtigen erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis zu einer anderen Entscheidung des Gerichts hätte führen können (BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43).

b) Zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) obliegt es dem Gericht u.a., den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben und ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch, der von den Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen. Zudem ist das FG weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet, also dazu, die maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten vorher umfassend und im Einzelnen zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen. Vor diesem Hintergrund liegt eine Überraschungsentscheidung nur vor, wenn das FG sein Urteil auf rechtliche Gesichtspunkte stützt, zu denen sich der Beteiligte bisher nicht geäußert hat und nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung auch nicht äußern brauchte (z.B. BFH-Beschluss vom 18. Juni 1996 IV B 96/95, BFH/NV 1996, 919). Allerdings muss ein --fachkundig vertretener-- Beteiligter gerade bei umstrittener Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Dezember 2006 IX B 139/05, BFH/NV 2007, 1084, m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall keine Überraschungsentscheidung erlassen und dadurch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt; denn die Streitsache ist ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 3. März 2009 mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2263997

BFH/NV 2010, 222

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