Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbeauftragung der Zollwertgruppe mit einer Außenprüfung

 

Leitsatz (NV)

An der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Außenprüfung bei einem Einfuhrhandelsbetrieb, mit der hinsichtlich der Zollwertfeststellungen neben dem Außenprüfer des HZA der Betriebsprüfungsdienst Zoll der Oberfinanzdirektion Köln (Zollwertgruppe) betraut wird, bestehen keine ernstlichen Zweifel.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 195, 16, 193 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Das Hauptzollamt (HZA) ordnete am 14. Mai 1985 eine Außenprüfung bei der Antragstellerin an über deren Einfuhren und zu Präferenzbedingungen getätigte Ausfuhren in der Zeit vom 1. Januar 1983 bis Prüfungsbeginn. Die Prüfung wurde 1985 durch den Außenprüfer des HZA durchgeführt, der Umstände mit - seiner Auffassung nach - zollwerterhöhender Wirkung feststellte. Darauf trat das HZA an die Oberfinanzdirektion (OFD) Köln - Zollwertgruppe - heran und erweiterte am 25. März 1986 die Prüfungsanordnung hinsichtlich der Zollwertfeststellungen dahin, daß als weitere Prüfungsstelle die Betriebsprüfungsstelle Zoll für den Oberfinanzbezirk Köln benannt und der Prüfungszeitraum bis zum Beginn der Prüfung durch diese Stelle ausgedehnt wurde.

Wegen der Erweiterung der Prüfungsanordnung hat die Antragstellerin Klage erhoben, über die das Finanzgericht - FG - noch nicht entschieden hat. Ferner hat sie - erfolglos - zunächst beim HZA, dann beim FG die Aussetzung der Vollziehung der Erweiterungsanordnung beantragt. Das FG entschied, nach § 195 Satz 2 der Abgabenordnung - AO 1977 - sei es zulässig, daß ein HZA eine OFD mit der Durchführung einer Außenprüfung beauftrage. Insoweit sei durch Gesetz eine von den Grundregeln der sachlichen Zuständigkeit (§ 16 AO 1977) abweichende Bestimmung getroffen. Der im Schrifttum vertretenen Auffassung, § 195 Satz 2 AO 1977 sei restriktiv dahin auszulegen, daß nur gleichrangige Behörden beauftragt werden könnten, sei nicht zu folgen. Auch die im Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Mai 1986 I B 22/86 1(BFHE 146, 508, BStBl II 1986, 656) in derselben Richtung geäußerten Bedenken überzeugten nicht. Ein Ermessensfehler des HZA sei bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Als Begründung der Prüfungsanordnung habe der Hinweis auf § 193 Abs. 1 AO 1977 genügt; die Erweiterungsanordnung habe keiner weiteren Begründung bedurft, zumal die Antragstellerin aus der ihr übersandten Durchschrift des Schreibens des HZA an die Zollwertgruppe vom 14. Februar 1986 die Gründe für die Einschaltung der Betriebsprüfungsstelle Zoll der OFD Köln habe erkennen können. Es sei nicht dargetan, daß die Gefahr widerstreitender Prüfungsfeststellungen bestehe und die Außenprüfung bereits abgeschlossen sei. Über die bisher ermittelten Prüfungsergebnisse lägen nur Berichtsentwürfe bzw. Vorberichte vor.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde macht die Antragstellerin vor allem geltend, die Beauftragung der OFD Köln verstoße gegen die maßgebenden Zuständigkeitsregelungen und sei somit rechtswidrig, wenn nicht nichtig. Zumindest sei die Befugnis der OFD auf die Prüfung von Zollrechtsfragen beschränkt; eigene Ermittlungen seien mit der Empfehlung der EG-Kommission 70/112 nicht zu vereinbaren. Das HZA habe nicht dargelegt, was überhaupt noch geprüft werden solle. Dieser Mangel sei bei der Ermessensüberprüfung und bei der inhaltlichen Bestimmung der Prüfungsanordnung zu berücksichtigen. Wie der Prüfungsbericht bezeichnet werde - als Entwurf oder Vorbericht -, sei nicht entscheidend.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das FG hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der erweiterten Prüfungsanordnung vom 25. März 1986 mit Recht abgelehnt. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Erweiterungsanordnung, die die begehrte Aussetzung rechtfertigen könnten (§ 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), sind bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich.

Solche Zweifel sieht der BFH hinsichtlich der Frage, ob die Finanzämter (des Landes Nordrhein-Westfalen) die einer OFD eingegliederten Großbetriebsprüfungsstellen mit der Durchführung einer Außenprüfung beauftragen dürfen (Beschluß in BFHE 146, 508, 510, BStBl II 1986, 656; vgl. auch Beschlüsse vom 26. Februar 1987 IV R 109/86, BFHE 149, 101, 104, BStBl II 1987, 361, und vom 30. November 1987 VIII B 3/87, BFHE 151, 354, 358, BStBl II 1988, 183; ebenso Eggesiecker/Seiler, Der Betrieb 1986, 1742; Gottwald, Deutsche Steuer- Zeitung 1987, 69; vgl. auch Tipke/Kruse, AO/FGO, 12. Aufl., § 195 AO 1977 Tz. 4; Zwank in Koch, AO 1977, 3. Aufl., § 195 Rz. 6). Demgegenüber meint das FG, es sei nach § 16, § 195 Satz 2 AO 1977 zulässig, daß ein HZA eine OFD mit der Durchführung einer Außenprüfung beauftragt; eine einschränkende Auslegung von § 195 Satz 2 AO 1977, dessen Wortlaut einen derartigen Auftrag gestattet (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 151, 354, 358, BStBl II 1988, 183), sei nicht geboten, wie auch das FG Düsseldorf (Urteil vom 2. Juli 1987 VIII 75/83 AO, Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 489 - Beauftragung der einer OFD angegliederten Landwirtschaftlichen Betriebsprüfungsstelle -) entschieden habe.

Einer Stellungnahme zu dieser Frage bedarf es im Streitfalle nicht. Denn anders als in den vom BFH behandelten Fällen hat nicht die örtliche Finanzbehörde die OFD - Betriebsprüfungsstelle - beauftragt, allein eine Außenprüfung vorzunehmen. Vielmehr hat das HZA die OFD durch die Erweiterungsanordnung nur als weitere Prüfungsstelle beauftragt und die ursprüngliche Prüfungsanordnung über die von ihm selbst vorzunehmende Außenprüfung im übrigen unberührt gelassen. An der Rechtmäßigkeit einer in diesem Sinne erfolgten Prüfungsanordnung bestehen nach Ansicht des Senats keine ernstlichen Zweifel. Hier bleibt es dabei, daß die Außenprüfung von der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde durchgeführt wird (§ 195 Satz 1 AO 1977), wenn auch unter Beteiligung des Prüfers der - mitbeauftragten - OFD - Betriebsprüfungsstelle -. Die vom I. Senat des BFH (Beschluß in BFHE 146, 508, 510, BStBl II 1986, 656) im Falle der Alleinbeauftragung der OFD für bedenklich gehaltene Möglichkeit, daß die OFD durch ihren Prüfer anstelle des Finanzamts Maßnahmen mit Regelungscharakter trifft, besteht bei der Mitbeauftragung nur eingeschränkt; verwirklicht werden dürfte sie wegen der fortdauernden Befassung des HZA mit der Außenprüfung überhaupt nicht, zumal das Tätigwerden des Prüfers der Betriebsprüfungsstelle entsprechend der Aufgabe der Zollwertgruppe bei der OFD Köln, die Anwendung der Zollwertvorschriften zu koordinieren und zu überwachen (Empfehlung 70/112/EWG der Kommission vom 23. Januar 1970 über die Organisation der Dienststellen der zentralen Zollverwaltungen, die mit der Anwendung der Zollwertvorschriften betraut sind, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 27/10; dazu Krockauer in Bail/Schädel/ Hutter, Zollrecht, F V Rz. 18), sich nach der Erweiterungsanordnung nur auf die Zollwertfeststellungen bezieht.

Auch im übrigen bestehen an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Anordnung keine ernstlichen Zweifel. Sie erweitert die ursprüngliche, auf ,,§§ 193 ff. Abgabenordnung" gestützte Prüfungsanordnung. Diese weist - auch - auf § 193 Abs. 1 AO 1977 hin und enthält damit eine ausreichende Begründung, da die Antragstellerin zum Kreis der in dieser Vorschrift bezeichneten Steuerpflichtigen zählt (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 8. März 1985 1 BvR 93/85, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1986, 258 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BFH). Soweit es für die Erweiterung eines weiteren Grundes - außer der Bezugnahme auf § 193 Abs. 1 AO 1977 - bedurft haben sollte, war eine besondere Begründung nicht mehr erforderlich, nachdem das HZA der Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Februar 1986 mitgeteilt hatte, es seien noch weitere Ermittlungen durch die Zollwertgruppe der OFD Köln erforderlich (§ 121 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977). Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Erweiterung erst nach Abschluß der Außenprüfung verfügt worden wäre (zu den Folgen einer erst nach Abschluß der Prüfung erteilten Prüfungsanordnung Klein/Orlopp, AO, 3. Aufl. 1986, § 196 Anm. 3). Die Antragstellerin hatte den Prüfungsbericht (§ 202 AO 1977) noch nicht erhalten; auch eine Schlußbesprechung (§ 201 Abs. 1 AO 1977) war noch nicht erfolgt. Dementsprechend hat das HZA die Antragstellerin im Schreiben vom 14. Februar 1986 auch darüber unterrichtet, daß die Prüfung der Einfuhren als noch nicht abgeschlossen anzusehen sei.

Zutreffend hat das FG auch entschieden, daß die (Mit-)Beauftragung der OFD Köln durch die angefochtene Erweiterungsanordnung einen Ermessensfehler (§ 102 FGO) nicht erkennen läßt. Wie im Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer entsprechenden Prüfungsanordnung ausgeführt, ist die OFD Köln - Zollwertgruppe - als Zentralstelle berufen, die Anwendung der Zollwertvorschriften zu koordinieren und zu überwachen (vgl. auch die Dienstanweisung über die Aufgaben der Zollwertgruppe, Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung Z 5602). Im Hinblick auf diese Aufgabenstellung ist es nicht zu beanstanden, daß der Prüfungsdienst der OFD Köln mit der (zollwertrechtlichen) Mitprüfung beauftragt worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415837

BFH/NV 1989, 76

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