Entscheidungsstichwort (Thema)

Überhöhter Steuerausweis in Gutschrift

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.1 Läßt es Art.22 Abs.3 Buchst.c Richtlinie 77/388/EWG zu, daß eine Gutschrift i.S. von § 14 Abs.5 UStG 1980 als Rechnung oder als ein ähnliches Dokument (Art.21 Nr.1 Buchst.c Richtlinie 77/388/EWG) betrachtet wird?

1.2 Falls Frage 1.1 bejaht wird: Läßt es Art.21 Nr.1 Buchst. c Richtlinie 77/388/EWG zu, denjenigen, der eine Gutschrift mit einem höheren als dem aufgrund von steuerpflichtigen Umsätzen geschuldeten Steuerbetrag annimmt, ohne insoweit dem in der Gutschrift enthaltenen Steuerausweis zu widersprechen, als eine Person zu betrachten, die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder in einem ähnlichen Dokument ausweist und die diese Mehrwertsteuer deshalb schuldet?

1.3 Kann sich der Empfänger einer Gutschrift unter den in Frage 1.2 angeführten Umständen auf Art.21 Nr.1 Buchst.c Richtlinie 77/388/EWG berufen, wenn die in der Gutschrift ausgewiesene Mehrwertsteuer im Umfange der Differenz zwischen ausgewiesener und aufgrund von steuerpflichtigen Umsätzen geschuldeter Steuer gegen ihn als Steuerschuld geltend gemacht wird?

 

Normenkette

UStG 1980 § 14 Abs. 2; EWGRL 388/77 Art. 21 Nr. 1 Buchst. c, Art. 22 Abs. 3 Buchst. c; UStG 1980 § 14 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.04.1998; Aktenzeichen V R 13/92)

EuGH (Urteil vom 17.09.1997; Aktenzeichen C-141/96)

 

Gründe

Gründe

Der erkennende Senat entscheidet in der Besetzung mit fünf Richtern (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Mai 1994 V R 23/93, unter II.1., BFHE 174, 565).

Der Senat zieht aus revisions- und umsatzsteuerrechtlichen Gründen in Betracht, auf die Revision des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --FA--) die Vorentscheidung des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Klage des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) abzuweisen. Bei den diesbezüglichen umsatzsteuerrechtlichen Erwägungen hat der Grundsatz Bedeutung, daß die anzuwendenden Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts auszulegen sind, d.h. unter Berücksichtigung der im Tenor genannten Regelungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Im Rahmen der hierwegen erforderlichen Interpretation dieser Regelungen stellen sich für den Senat die im Tenor angeführten Fragen. Diese sind --soweit ersichtlich-- bisher vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) noch nicht beantwortet worden. Antworten auf die Fragen ergeben sich auch nicht mit einem solchen Maße an Gewißheit aus den im Tenor zitierten gemeinschaftsrechtlichen Regelungen selbst, daß sämtliche vernünftigen Zweifel ausgeschlossen werden könnten. Demgemäß ist es dem Senat verwehrt, die Auslegung der angeführten Regelungen der Richtlinie 77/388/EWG aufgrund von eigener Kompetenz vorzunehmen.

Eine Vorabentscheidung durch den EuGH ist mithin zum einen erforderlich, damit der Senat das bei ihm anhängige Revisionsverfahren (Ausgangsverfahren) in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht abschließen kann. Zum anderen ist die Vorabentscheidung geboten, um zu gewährleisten, daß bei gleichen oder ähnlichen Streitfällen in anderen Mitgliedstaaten das einschlägige Gemeinschaftsrecht übereinstimmend ausgelegt und angewendet wird.

I. Sachverhalt und Prozeßgeschichte

Der Kläger versteuerte im Streitjahr (1985) seine im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze aufgrund einer entsprechenden Option (§ 24 Abs.4 UStG 1980) nicht nach Durchschnittsätzen (§ 24 Abs.1 UStG 1980), sondern nach den allgemeinen Vorschriften des UStG 1980. Über seine Lieferungen von Mastschweinen rechneten die Leistungsempfänger (Viehhändler) gegenüber dem Kläger mit Gutschriften ab (§ 14 Abs.5 UStG 1980). Den Viehhändlern war nicht bekannt, daß der Kläger auf die Durchschnittsatzbesteuerung verzichtet hatte. Sie wiesen deshalb in den Gutschriften Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 13 v.H. (§ 24 Abs.1 Satz 1 Nr.5 UStG 1980) gesondert aus, nicht --wie es der Regelbesteuerung des Klägers entsprochen hätte-- in Höhe von 7 v.H.

In den Gutschriften über Kaufpreise von insgesamt 269 485,46 DM ist Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 30 999,63 DM gesondert ausgewiesen. Der Kläger unterließ es, dem gesonderten Steuerausweis insoweit zu widersprechen, als er die Steuerbeträge nicht aufgrund seiner steuerpflichtigen Umsätze schuldete.

Die Beteiligten (Kläger, FA) stritten zunächst ausschließlich über die Höhe der Kürzungsbeträge nach § 24a UStG 1980. Das FG folgte insoweit der Auffassung des Klägers und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr herab. Mit der Revision greift das FA die vom FG zu § 24a UStG 1980 vertretene Rechtsauffassung an.

II. Zur Rechtslage nach nationalem Recht

Der Senat hält im Revisionsverfahren aufgrund nationalen Rechts folgende Gesichtspunkte für entscheidungserheblich:

1. Das FG hat die Summe der dem Kläger für das Streitjahr gemäß § 24a UStG 1980 zustehenden Kürzungsbeträge zutreffend ermittelt. Denn die Beträge hängen von der Höhe der auf die bewirkten Lieferungen entfallenden Entgelte als Bemessungsgrundlage ab (§ 10 Abs.1 Satz 1 UStG 1980). Das jeweilige Entgelt ergibt sich, indem aus dem Bruttokaufpreis die für die Umsätze des Klägers maßgebende Umsatzsteuer von 7 v.H. herausgerechnet wird. Dementsprechend ist die vom FA auf die Höhe der Kürzungsbeträge bezogene Revisionsrüge unbegründet.

Gleichwohl könnte die Revision des FA letztlich erfolgreich sein, nämlich dann, wenn der Kläger die gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge in den ihm durch die Viehhändler erteilten Gutschriften in vollem Umfang zu entrichten hätten, d.h. einschließlich der nicht durch die steuerpflichtigen Lieferungen des Klägers gerechtfertigten Mehrbeträge (§ 14 Abs.2 Satz 1 UStG 1980). Die sich hierdurch ergebende zusätzliche Umsatzsteuerschuld des Klägers würde die dem Kläger zustehende Summe von --steuermindernden-- Kürzungsbeträgen i.S. von § 24a UStG 1980 ausgleichen. Dies wäre aus revisionsrechtlichen Gründen vom Senat zu berücksichtigen.

2. Mithin ist für die Entscheidung über die Revision des FA ausschlaggebend, ob § 14 Abs.2 Satz 1 UStG 1980 gegenüber dem Kläger zur Anwendung kommt. Hierzu geht der Senat von den anschließend dargestellten Erwägungen aus:

a) Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung im Streitfall sind die folgenden gesetzlichen Regelungen von Bedeutung.

Hat ein Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung einen höheren Steuerbetrag, als er nach dem UStG 1980 für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er auch den Mehrbetrag (§ 14 Abs.2 Satz 1 UStG 1980). Die zitierte Vorschrift selbst enthält zwar keine Definition der Rechnung. Aber nach der Rechtsprechung des Senats zu den --positiven-- Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug aufgrund von bezogenen Leistungen (§ 15 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980; vgl. hierzu BFH-Urteile vom 24. September 1987 V R 50/85, unter II.1. bis 4., BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688, und V R 125/86, unter II.1. bis 4., BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694) befindet sich die allgemeine umsatzsteuerrechtliche Rechnungsdefinition in Absatz 4 des § 14 UStG 1980. Der Vorschrift folgt in Absatz 5 eine Gleichsetzung von Gutschriften mit Rechnungen. Diese legt fest, daß als Rechnung auch eine Gutschrift gilt, mit der ein Unternehmer über eine steuerpflichtige Lieferung abrechnet, die an ihn ausgeführt wird (Satz 1). Hieran schließt sich eine Ergänzung durch Satz 2 an, wonach die Anerkennung einer Gutschrift von der Erfüllung näher bezeichneter Voraussetzungen abhängig ist (Nummern 1 bis 4). Ferner ist in § 14 Abs.5 UStG 1980 geregelt, daß eine Gutschrift die Wirkung einer Rechnung verliert, soweit der Empfänger dem in der Gutschrift enthaltenen Steuerausweis widerspricht (Satz 4).

b) Die Voraussetzungen für die Anerkennung der dem Kläger von den Viehhändlern erteilten Gutschriften (§ 14 Abs.5 Satz 2 UStG 1980) sind aufgrund der Feststellungen des FG erfüllt. Insbesondere waren die Viehhändler befugt, mittels Gutschriften über die Viehlieferungen des Klägers abzurechnen. Denn die Viehhändler kannten die Abrechnungsgrundlagen (vor allem die Gewichte der Mastschweine bei Lieferung) --vgl. zur Abrechnungslast bei Viehlieferungen BFH-Urteil vom 2. November 1989 V R 56/84, unter II.1.b, BFHE 159, 266, BStBl II 1990, 253--. Ferner ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, daß der Kläger dem in den Gutschriften enthaltenen Steuerausweis nicht insoweit widersprochen hat, als die gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge überhöht waren, d.h. nicht aufgrund der betreffenden Umsätze geschuldet wurden (§ 14 Abs.5 Satz 4 und Abs.2 Satz 1 UStG 1980).

c) Der Wortlaut des § 14 Abs.2 UStG 1980 bezeichnet als Schuldner des "höheren Steuerbetrags" ausdrücklich nur den Unternehmer, der in einer Rechnung den höheren Steuerbetrag (als nach dem UStG 1980 für den Umsatz geschuldet) gesondert ausgewiesen hat. Bei dieser Gesetzesfassung könnte ein leistender Unternehmer, der nicht selbst über den Umsatz eine Rechnung (mit "höherem Steuerbetrag") ausgestellt hat, nur aufgrund einer möglicherweise über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung der Vorschrift Schuldner der vom Leistungsempfänger in der Gutschrift zu hoch ausgewiesenen Steuer sein. Gleichwohl hält es der Senat nicht für ausgeschlossen, daß die in § 14 Abs.5 UStG 1980 für Gutschriften angeordnete Fiktion (das Gelten als Rechnungen) bei der Frage nach der Anwendbarkeit des § 14 Abs.2 Satz 1 UStG 1980 zum Zuge kommt. Hierfür spricht zum einen, daß § 14 Abs.5 UStG 1980 die Fiktion nicht auf bestimmte umsatzsteuerrechtliche Regelungen beschränkt, insbesondere nicht § 14 Abs.2 Satz 1 UStG 1980 von der Maßgeblichkeit ausschließt. Zum anderen läßt sich anführen, daß nach Sinn und Zweck des § 14 Abs.2 Satz 1 UStG 1980 (siehe unten) auch beim überhöhten gesonderten Steuerausweis in einer Gutschrift die Entstehung einer zusätzlichen Umsatzsteuerschuld geboten erscheint.

Eine als Rechnung geltende Gutschrift war nicht weniger geeignet, dem Lieferungsempfänger im Falle eines überhöhten gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages den Vorsteuerabzug im vollen Umfang des gesonderten Steuerausweises zu verschaffen, als eine (unmittelbar) unter die Definition des § 14 Abs.4 UStG 1980 fallende Rechnung. Der Vorsteuerabzug war nämlich nach deutscher --vom EuGH-Urteil vom 13. Dezember 1989 Rs.C-342/87, Slg. 1989, 4227, Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1991, 83 abweichender-- Rechtsauffassung in voller Höhe des in einer Rechnung gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages möglich, auch wenn der Betrag über die aufgrund der steuerpflichtigen Leistung geschuldete Umsatzsteuer hinausging (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 1993 V R 110/88, unter II.B.2.c, BFHE 172, 163, BStBl II 1993, 779). Entsprechendes ist für Gutschriften mit überhöhtem Steuerbetrag anzunehmen, sofern diese als Rechnungen gelten.

Für die Ermittlung von Sinn und Zweck des § 14 Abs.2 Satz 1 UStG 1980 sind insbesondere die Gesetzesmaterialien von Bedeutung. Wie aus der Entstehungsgeschichte hervorgeht, ist eine Regelung mit dem Inhalt der erörterten Vorschrift aufgrund der Überlegung für erforderlich gehalten worden, daß der Abnehmer berechtigt sei, die ihm gesondert in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abzuziehen (vgl. zu BTDrucks V/1581, Zu § 14 = S.15). Der Gesetzgebungsplan lief mithin offenbar darauf hinaus, einen Vorsteuerabzug aufgrund eines überhöhten gesonderten Steuerausweises in dem nicht durch Leistungen gerechtfertigten Umfange mittels der Begründung einer entsprechenden Steuerschuld auszugleichen. Dabei haben die bei der Gesetzesvorbereitung Mitwirkenden sich offensichtlich an dem den Regelfall darstellenden Sachverhalt orientiert, in dem die Abrechnung und dementsprechend der überhöhte gesonderte Steuerausweis durch den leistenden Unternehmer stattfindet. Hierauf dürfte es zurückzuführen sein, daß der überhöhte Steuerausweis in Gutschriften nicht --jedenfalls nicht ausdrücklich-- geregelt worden ist.

Der Gesetzgeber des UStG 1980 in dessen ursprünglicher Fassung hat sich offenbar diese Sicht der Verhältnisse zu eigen gemacht. Dies geht besonders deutlich aus § 14 Abs.2 Satz 2 UStG 1980 hervor, wo im Rahmen der Zulassung einer Berichtigung des überhöhten gesonderten Steuerausweises davon ausgegangen wird, daß die Berichtigung durch den Leistenden (nicht durch den Leistungsempfänger) gegenüber dem Leistungsempfänger (nicht gegenüber dem Leistenden) vorgenommen wird.

Wäre im Streitfall die ursprüngliche Fassung des UStG 1980 zu berücksichtigen, so dürfte es sich kaum begründen lassen, daß der Kläger im Umfange des überhöht gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages Umsatzsteuer schuldet. Dies gilt um so mehr angesichts dessen, daß sich Zweifel ergäben, wer als verantwortlich für den überhöhten gesonderten Steuerausweis anzusehen ist und damit auch dafür, daß den Viehhändlern ein Vorsteuerabzug in eigentlich nicht gerechtfertigter Höhe eröffnet wurde: die Viehhändler (Leistungsempfänger) wegen der Erteilung der Gutschriften oder der Kläger (Leistender) im Hinblick darauf, daß er weder für eine Berichtigung der Gutschriften durch die Viehhändler gesorgt, noch mit Hilfe der Angaben in den Gutschriften den Viehhändlern Rechnungen mit einem gesonderten Steuerausweis in zutreffender Höhe erteilt hat.

Seit der Einfügung des Absatzes 5 in § 14 UStG 1980 (vgl. hierzu BFH-Urteile in BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688, und in BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694, jeweils unter II.1. bis 4.) läßt sich die Ansicht vertreten, daß im Falle einer Abrechnung durch Gutschrift seitens des Leistungsempfängers aufgrund der Gutschrift als fingierter Rechnung (siehe oben) bei überhöhtem gesonderten Steuerausweis der leistende Unternehmer den nicht gerechtfertigten Umsatzsteuerbetrag schuldet, und zwar mit Rücksicht darauf, daß er weder für eine Berichtigung der Gutschrift durch den Leistungsempfänger gesorgt hat (§ 14 Abs.2 Satz 2 UStG 1980), noch von der in § 14 Abs.5 Satz 4 UStG 1980 vorgesehenen Befugnis Gebrauch gemacht hat, dem Steuerausweis, soweit dieser zu hoch ist, zu widersprechen. Allerdings ist hierbei nicht zu übersehen, daß § 14 Abs.2 UStG 1980 aufgrund seines Wortlauts nicht gleichermaßen wie z.B. § 15 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980 dazu geeignet ist, ein Gebrauchmachen von der Fiktion aus § 14 Abs.5 UStG 1980 (Ersetzen von "Rechnung" durch "Gutschrift") zu ertragen, ohne daß sich Ungereimtheiten ergeben.

Zur Anwendung des Absatzes 2 Satz 1 in § 14 UStG 1980 bei überhöhtem gesonderten Steuerausweis in Gutschriften brauchte sich der Senat bisher noch nicht abschließend zu äußern (vgl. BFH-Urteile in BFHE 159, 266, BStBl II 1990, 253, und vom 31. Januar 1980 V R 60/74, BFHE 130, 85, BStBl II 1980, 369). Die jetzt in Betracht gezogene Bejahung der Anwendbarkeit entspricht der Meinung der Finanzverwaltung (vgl. Abschn.189 Abs.3 der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR-- 1988/1992) sowie der Ansicht eines Teils des Schrifttums (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, IV, Rz.416; Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, 4.Aufl., § 14 Anm.30; Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 10.Aufl., § 14 Rz.161 f., 164 ff., und 427 f.; Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, 7.Aufl., § 14 Anm.217; Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs, Köln, 1989, S.118; Schwakenberg, UR 1990, 155; a.A. Hoffmann in Vogel/Reinisch/Hoffmann, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 14 Anm.137; Wagner in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 14 Bem.114 f.; Ammann, UR 1988, 173, 174; Weiß, UR 1980, 140).

III. Zur Anrufung des EuGH

Die vom Senat in Betracht gezogene Interpretation des § 14 Abs.2 UStG 1980 ist nicht frei von Zweifeln (siehe oben). Um so mehr muß dem Senat daran gelegen sein, bei der Auslegung und Anwendung der Vorschrift von zutreffenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für den nationalen Gesetzgeber auszugehen.

Nach Art.21 Nr.1 Buchst.c Richtlinie 77/388/EWG wird Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet, die die Steuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist. In der Richtlinie 77/388/EWG sind Gutschriften nicht ausdrücklich als Abrechnungspapiere vorgesehen. Den Mitgliedstaaten ist jedoch die Berechtigung eingeräumt, die Kriterien festzulegen, nach denen ein Dokument als Rechnung betrachtet werden kann (Art.22 Abs.3 Buchst.c Richtlinie 77/388/EWG).

Zu klären ist (Frage 1), ob es dem Gemeinschaftsrecht entspricht, daß der deutsche Gesetzgeber einer Gutschrift gemäß § 14 Abs.5 UStG 1980 die Geltung als Rechnung beimißt. Falls dies zu bejahen ist, kommt es weiter darauf an, ob der Empfänger einer Gutschrift (Leistender) im Hinblick darauf, daß er einem in der Gutschrift enthaltenen überhöhten gesonderten Steuerausweis nicht widerspricht, den Mehrbetrag schuldet (Frage 2). Falls dies verneint wird, ist schließlich zu klären (Frage 3), ob sich der Empfänger der Gutschrift gegenüber einer gleichwohl stattfindenden Inanspruchnahme als Steuerschuldner vor den nationalen Gerichten auf entgegenstehendes Gemeinschaftsrecht berufen kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421370

BFH/NV 1996, 186

BFHE 180, 194

BFHE 1997, 194

BB 1996, 1152

BB 1996, 1152-1154 (LT)

DB 1996, 1219 (T)

DStR 1996, 821 (K)

DStZ 1996, 376-377 (KT)

HFR 1996, 425 (L)

StE 1996, 342 (K)

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