Entscheidungsstichwort (Thema)

GrESt bei Vereinigung aller Anteile an einer Gesellschaft mit Grundbesitz; Vertrauensschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Vereinigung aller Anteile an einer Gesellschaft mit Grundbesitz durch Einziehung von Anteilen bestehen gegen eine Besteuerung nach § 1 Abs.3 GrEStG dann keine Bedenken aus Vertrauensschutz, wenn der Sachverhalt nach der früheren Verwaltungspraxis über § 42 AO 1977 besteuert worden wäre.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 3 Fassung: 1940-03-29; GrEStG 1983 § 1 Abs. 3 Nr. 2; AO 1977 § 42

 

Tatbestand

I. Die Klägerin --eine AG-- und die B waren 1976 alleinige Gesellschafter der C-GmbH. Das Stammkapital der C-GmbH belief sich auf 40 Mio DM. Davon entfielen 20 400 000 DM auf die Klägerin und 19 600 000 DM auf die B. Diese hielt einen Geschäftsanteil von 12 400 000 DM und einen Geschäftsanteil von 7 200 000 DM. Am 22.November 1976 erteilte die C-GmbH der B die Genehmigung, den zuletzt erwähnten Geschäftsanteil in einen Geschäftsanteil von 5 200 000 DM und in einen von 2 Mio DM zu teilen. Mit notariellem Vertrag vom 24.November 1976 veräußerte die B zwei Geschäftsanteile von zusammen 17 600 000 DM an die Klägerin. Der Kaufpreis betrug 20 650 000 DM und entsprach damit einem Kurswert von rd. 117,33 v.H. Am 25.November 1976 faßten die Klägerin und die B als Gesellschafter der C-GmbH einen schriftlichen Beschluß mit folgendem Inhalt:

"Der Geschäftsanteil der B im Nennwert von DM 2 000 000 wird eingezogen. B erhält als Abfindung DM 2 350 000, die sofort zur Zahlung fällig sind."

Das Finanzamt (FA) setzte am 19.Februar 1981 gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 1 752 651 DM fest. Nach Auffassung des FA lag eine steuerpflichtige Vereinigung aller Anteile der grundbesitzenden GmbH in der Hand der Klägerin vor. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 10.August 1988 II R 193/85, BFHE 153, 573, BStBl II 1988, 959), der sich das FG anschließe, sei der Tatbestand des § 1 Abs.3 Nr.2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erfüllt. Die Grundsätze von Treu und Glauben stünden der Besteuerung im Streitfall nicht entgegen. Zwar habe die Finanzverwaltung in der Vergangenheit die Tatbestandsmäßigkeit derartiger Vorgänge verneint, eine Besteuerung unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten jedoch nicht ausgeschlossen. Im Streitfall seien die Voraussetzungen eines derartigen Mißbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. von § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) erfüllt. Die Entscheidung des FG enthält keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der grundsätzliche Bedeutung und Divergenz geltend gemacht werden.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Dabei kann offenbleiben, ob die Beschwerde insoweit mangels ausreichender Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs.3 Satz 3 FGO) überhaupt zulässig ist (vgl. Beschluß des Senats vom 11.Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344).

Die Klägerin hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob Sachverhaltsgestaltungen im Zusammenhang mit der Einziehung von Anteilen, die nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 10.August 1988 II R 193/85 (BFHE 153, 573, BStBl II 1988, 959) den Tatbestand des § 1 Abs.3 Nr.2 GrEStG erfüllen, nach früheren Verwaltungsanweisungen aber nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen sollten, einen "Gutglaubensschutz" genießen. Das FG hat ohne revisionsgerichtlich zu beanstandenden Rechtsverstoß angenommen, daß der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt auch nach der früheren Verwaltungspraxis über § 42 AO 1977 zur Grunderwerbsteuer herangezogen worden wäre. Geht man davon aus, so kann ein Vertrauenstatbestand nicht vorgelegen haben. Gegen eine Besteuerung können Bedenken aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes daher nicht hergeleitet werden. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung besteht daher insoweit nicht.

Die (weitere) Frage, ob (übergangsweise) ein schützenswerter Sachverhalt dann bestehen kann, wenn der zu beurteilende Sachverhalt nach der früheren Verwaltungspraxis auch nicht über § 42 AO 1977 besteuert worden wäre, wird im Streitfall nicht aufgeworfen.

2. Hinsichtlich der behaupteten Abweichung des FG von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist die Beschwerde nicht ordnungsgemäß erhoben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63285

BStBl II 1990, 390

BFHE 159, 376

BFHE 1990, 376

BB 1990, 1542

BB 1990, 1542-1543 (LT)

DB 1990, 1118 (ST)

HFR 1990, 437 (LT)

StE 1990, 124 (K)

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