Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung des Folgebescheid-Verfahrens

 

Leitsatz (NV)

Das FG hat im Rahmen seines Ermessens gemäß § 74 FGO in der Regel Anlaß für eine Aussetzung des Verfahrens, wenn die Rechtmäßigkeit eines Folgebescheides umstritten ist, weil noch Unklarheiten im Hinblick auf Grundlagenbescheide bestehen.

 

Normenkette

FGO §§ 42, 74; AO 1977 § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1, § 351 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben mit ihrer Klage gegen den im Rahmen ihrer Einkommensteuer-Zusammenveranlagung ergangenen Änderungsbescheid vom 7. August 1984 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 1985 eine Herabsetzung der Einkommensteuer um . . . DM begehrt und sich auf das Fehlen einer gesonderten Feststellung der ihnen aus der Veräußerung von Fonds-Anteilen zugerechneten Einkünfte durch das für die Fonds zuständige Finanzamt (FA) berufen.

Nach Ergehen entsprechender Feststellungsbescheide vom 24. März, 7. Mai und 26. Juni 1987 durch das Fonds-FA über die vom Beklagten und Beschwerdegegner (beklagtes FA) in identischer Höhe bereits berücksichtigten Fonds-Einkünfte haben die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das beklagte FA hat der Erledigung nicht zugestimmt, da nach seiner Auffassung die Kläger lediglich eine Änderung der Begründung des angefochtenen Bescheides erreicht hätten, ohne in der Sache selbst zu obsiegen.

Das Finanzgericht (FG) hat das Klageverfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt, bis die Rechtsbehelfsverfahren gegen die genannten Feststellungsbescheide des Fonds-FA abgeschlossen sind.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger. Nach Ergehen der Grundlagenbescheide seien ihnen diesbezügliche Einwendungen im Klageverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid verwehrt. Zur Vermeidung einer Abweisung der Klage als unzulässig sei nunmehr die Feststellung der Erledigung der ursprünglich zulässigen und begründeten Klage zu beantragen gewesen. Infolge der Erledigung fehle es an den Voraussetzungen für die Aussetzung des Klageverfahrens durch das FG.

Die Kläger beantragen, den Aussetzungsbeschluß aufzuheben.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Das beklagte FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Kläger ist unbegründet. Das FG hat das Verfahren in der Einkommensteuersache rechtsfehlerfrei bis zum Abschluß der Rechtsbehelfsverfahren gegen die Fondseinkünfte-Feststellungsbescheide ausgesetzt.

Gemäß § 74 FGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Gerichts (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 74 Rz. 7 m.w.N.).

Anhaltspunkte, daß das FG von seinem Ermessen fehlerhaften Gebrauch gemacht hat, liegen nicht vor. Nach der Rechtsprechung besteht in der Regel - wie das FG zutreffend angenommen hat - in den Fällen Anlaß für eine Aussetzung gemäß § 74 FGO, in denen - wie hier - die Rechtmäßigkeit eines Folgebescheides (§ 182 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) umstritten ist, weil noch Unklarheiten im Hinblick auf Grundlagenbescheide (§ 171 Abs. 10 AO 1977) bestehen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. August 1987 IX B 183/86, BFH/NV 1988, 167; vom 19. Juni 1985 I B 5-7/84, BFH/NV 1986, 739).

Dies gilt ungeachtet der Neuregelung des § 155 Abs. 2 AO 1977 auch dann, wenn die Finanzbehörde zunächst einen Steuerbescheid (Folgebescheid) erlassen hat und später - z. B. während des finanzgerichtlichen Verfahrens - ein Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) nachgeholt und seinerseits angefochten wird (BFH-Urteile vom 14. Juni 1988 VIII R 155/82, nicht veröffentlicht; vom 26. Juli 1984 IV R 13/84, BFHE 142, 96, BStBl II 1985, 3 m.w.N.).

In Anbetracht dieser Rechtsgrundsätze ist der Aussetzungsbeschluß des FG entgegen der Auffassung der Kläger nicht rechtswidrig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416053

BFH/NV 1989, 446

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