Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugnahme auf Schriftsätze in anderen Verfahren

 

Leitsatz (NV)

Die Bezugnahme auf Schriftsätze in anderen Verfahren ist -- ausnahmsweise -- nur zu lässig, wenn es sich in beiden Verfahren um dieselben Beteiligten und die gleiche Rechtsfrage handelt (ständige Rechtsprechung).

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Bei einer auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde ist u. a. darzulegen, daß das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem tragenden Rechtssatz einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht. In der Beschwerdebegründung müssen die divergierenden Rechtssätze so herausgearbeitet und einander gegenübergestellt werden, daß die Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 1996 VII B 171/95, BFH/NV 1996, 612; vom 16. September 1996 VIII B 135--136/95, BFH/NV 1997, 298).

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) tragen lediglich vor, der Auffassung des FG, die frühere Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 13. Dezember 1978 I R 64/77, BFHE 127, 342, BStBl II 1979, 488) sei durch spätere Rechtsprechung überholt, könne nicht gefolgt werden und das FG habe sich mit "seiner isolierten, allein auf der wirtschaftlichen Betrachtungsweise fußenden Auslegung der Entgeltlichkeit nicht mit den entscheidenden Kriterien für die Frage der Freiwilligkeit befaßt, wie dies in einem Parallelverfahren" -- vor einem anderen Senat des FG -- "geschehen sei". Diesem Vorbringen kann nicht entnommen werden, worin genau die Abweichung von einer BFH-Entscheidung bestehen soll.

2. An der schlüssigen Darlegung eines Zulassungsgrundes fehlt es auch, soweit sich die Kläger zur weiteren Darlegung der Divergenz sowie zur Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auf die -- beigelegte -- Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein in einem "Parallelverfahren" ergangenes Urteil beziehen.

Der gesetzlich angeordnete Begründungszwang bezweckt eine Entlastung des Revisionsgerichts; dieses soll nicht selbst die Akten auf mögliche Zulassungsgründe durchsehen müssen (z. B. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Die Beschwerdebegründung muß grundsätzlich aus sich selbst heraus erkennen lassen, daß sich der Beschwerdeführer mit der Vorentscheidung auseinandergesetzt hat. Das ergibt sich für die Divergenzrüge schon daraus, daß nur die Begründung der angefochtenen Vorentscheidung selbst Basis für die Prüfung sein kann, ob die behauptete Abweichung von einer höchstrichterlichen Entscheidung vorliegt. Nichts anderes gilt für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung; denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 18. Januar 1995 VIII B 41/94, BFH/NV 1995, 807) erfordert eine schlüssige Darlegung u. a. auch Ausführungen zur Klärungsfähigkeit in dem bei Zulassung folgenden Revisionsverfahren. Dazu hätte im Streitfall schon deshalb Anlaß bestanden, weil das FG im angefochtenen Urteil offengelassen hat, ob die Kläger einen Darlehensrückzahlungsanspruch hatten, auf den sie hätten verzichten können, und deshalb zumindest zweifelhaft ist, ob die von den Klägern in dem in Bezug genommenen Schriftsatz für grundsätzlich beurteilte Frage -- (unter welchen Voraussetzungen der Verzicht auf die Rückzahlung eines Darlehens als freiwillig i. S. des §10 b des Einkommensteuergesetzes beurteilt werden kann) -- klärungsfähig sein kann.

Die Bezugnahme auf Schriftsätze in anderen Verfahren wird von der Rechtsprechung daher -- ausnahmsweise - nur dann als zulässig angesehen, wenn es sich in beiden Verfahren um die gleiche Rechtsfrage und dieselben Beteiligten handelt (vgl. z. B. BFH-Beschluß vom 19. Dezember 1995 III R 121/93, BFH/NV 1996, 557, 558, m. w. N.).

Im Streitfall betrifft der in Bezug genommene Schriftsatz andere Prozeßbeteiligte. Es kann nicht Sache des Revisionsgerichts sein, sich aus dem Schriftsatz eines andere Beteiligte betreffenden Verfahrens die Gründe herauszusuchen, die auch auf den Streitfall passen.

3. Eine Aussetzung des Verfahrens mit Rücksicht auf den Ausgang eines anderen Verfahrens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es mangels Zulässigkeit der Beschwerde zu einer Sachprüfung nicht kommen kann (vgl. z. B. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §74 Rz. 17, m. w. N.).

Der Beschluß ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66524

BFH/NV 1998, 330

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