Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit im FG-Urteil nach Abschluß des Revisionsverfahrens

 

Leitsatz (NV)

1. Hat das FG bei der Entscheidung über die Höhe des Umsatzsteuersatzes übersehen, daß die aus den Bruttoerträgen herauszurechnenden Bemessungsgrundlagen (Nettoerträge) höher werden, wenn der Steuersatz und damit die Umsatzsteuer niedriger anzusetzen ist, so liegt hierin eine offenbare Unrichtigkeit.

2. Übersieht der BFH bei Abfassung seines die Entscheidung des FG bestätigenden Urteils diesen Fehler, ist das Revisionsurteil vom BFH zu berichtigen.

 

Normenkette

FGO § 107

 

Gründe

Die Berichtigung beruht auf § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Urteil des Senats vom 4. Juni 1992 enthält eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne dieser Vorschrift, die jederzeit - auch nach Eintritt der Rechtskraft - zu berichtigen ist.

Eine Unrichtigkeit i.S. des § 107 FGO kann auch in einer offenbaren Auslassung im Tenor bestehen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Der Senat hat in seinem Urteil übersehen, daß das Urteil des Finanzgerichts (FG) seinerseits eine offenbare Unrichtigkeit enthielt, die im Revisionsurteil nach § 107 FGO hätte berichtigt werden müssen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Januar 1969 IV R 36/68, BFHE 95, 97, BStBl II 1969, 340; vom 21. Juli 1981 VIII R 128/76, BFHE 134, 119, BStBl II

1982, 36).

Das Urteil des FG hatte ausweislich des Tatbestandes (S. 5) über die Frage zu befinden, ob Honorare, die sich einschließlich Umsatzsteuer auf 415478 DM im Jahre 1973 und 2500 DM im Jahre 1974 beliefen, einem Steuersatz von 11 v.H. (Gewerbebetrieb) oder 5,5 v.H. (Architektenleistung) zu unterwerfen waren. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -), das der Meinung war, diese Umsätze seien mit einem Steuersatz von 11 v.H. zu besteuern, hatte aus den Bruttoerlösen durch Herausrechnen der Umsatzsteuer Nettoerlöse in Höhe von 374259 DM und 2252 DM ermittelt. Der Kläger legte diese Beträge seinem Antrag, die Steuer mit dem ermäßigten Satz von 5,5 v.H. zu berechnen, zugrunde. Das FG teilte die Auffassung des Klägers, daß es sich bei den streitigen Umsätzen um solche aus einer Architektentätigkeit handle. In Anlehnung an den Antrag des Klägers faßte es den Tenor in der Weise, daß es dem FA aufgab, die Umsatzsteuer für die Kalenderjahre 1973 und 1974 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe auf die Beträge festzusetzen, die sich ergeben, wenn Entgelte der Jahre 1973 in Höhe von 374259 DM und 1974 in Höhe von 2252 DM dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden.

Dabei hat das FG übersehen, daß die aus den Bruttoerträgen herauszurechnenden Bemessungsgrundlagen (Nettoerträge) höher werden, wenn der Steuersatz und damit die Umsatzsteuer niedriger anzusetzen ist. Richtig berechnet hätten die Bemessungsgrundlagen bei einem Steuersatz von 5,5 v.H. lauten müssen:

1973: 393818 DM (415478 DM x 100/105,5)

1974: 2369 DM (2500 DM x 100/105,5).

Das Versehen des FG ist einem Rechenfehler ,,ähnlich" i.S. des § 107 FGO. Es handelt sich um einen Fehler, der bei der Erklärung des Entscheidungswillens und nicht bei der Bildung des Entscheidungswillens unterlaufen ist (vgl. BFH-Beschluß vom 21. April 1992 IX B 174/91, BFH/NV 1992, 760). Ein Irrtum in der Rechtsanwendung oder Sachverhaltsermittlung scheidet erkennbar aus.

Indem auch der Senat bei der Abfassung seines die Entscheidung des FG bestätigenden Urteils diesen Fehler übersehen hat, setzt sich die Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils im Revisionsurteil fort. Eine offenbare Unrichtigkeit darf im Rechtsmittelurteil nicht stehenbleiben (Wieczorek, Großkommentar zur Zivilprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, § 319 ZPO Anm. C Ib 1). Das Revisionsurteil ist daher vom beschließenden Senat zu berichtigen, ungeachtet des Umstandes, daß sich der Fehler auch in dem erstinstanzlichen Urteil findet (Leipold in Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 319 Rdnr.10).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418940

BFH/NV 1993, 426

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