Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Revisionsbegründung

 

Leitsatz (NV)

Der Revisionskläger muß dartun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen, welche Punkte des angefochtenen Urteils als änderungsbedürftig angesehen werden und aus welchen Gründen im einzelnen die Änderung für geboten erachtet wird. Ist das Urteil der Vorinstanz auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragfähige rechtliche Erwägungen gestützt, so muß der Revisionskläger in der Revisionsbegründung formgerecht für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung das angefochtene Urteil nicht tragen, andernfalls ist die Revision unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab. Zur Begründung führte es aus, die Kläger und Revisionskläger (Kläger) hätten innerhalb der ihnen vom Gericht gesetzten Ausschlußfrist den Gegenstand des Klagebegehrens nicht ausreichend bezeichnet. Im übrigen sei die Klage auch deshalb unzulässig, weil der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) den angefochtenen Bescheid in den einzelnen Streitpunkten gemäß § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) für teilweise vorläufig erklärt habe und der Klage daher das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Soweit die Kläger den Abzug von Unterhaltsaufwendungen für Verwandte im Ausland begehrten, sei die Klage unbegründet, denn die Kläger hätten weder die Bedürftigkeit noch die Zahlungen an die Verwandten nachgewiesen, obwohl sie hierzu vom FA besonders aufgefordert worden seien.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung von Bundesrecht; insbesondere der Art. 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie des § 65 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und des § 165 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 AO 1977.

Zur Begründung ihrer Revision tragen sie vor, das FG habe die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Die Ankündigung beabsichtigter Anträge reiche aus, um das Klagebegehren ausreichend zu bezeichnen. Das FG habe die unterlassene Sachentscheidung nachzuholen. Da das FG die Klage als unzulässig abgewiesen und demzufolge keine Sachprüfung stattgefunden habe, sei es nicht notwendig, im Rahmen der Revision auf die Anmerkungen des FG einzugehen, da obiter dicta keine Rechtsbindung auslösten.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig und daher durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, aus der zu erkennen ist, daß der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und sein eigenes bisheriges Vorbringen überprüft hat. Der Revisionskläger muß dartun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen, welche Punkte des angefochtenen Urteils als änderungsbedürftig angesehen werden und aus welchen Gründen im einzelnen die Änderung für geboten erachtet wird. Ist das Urteil der Vorinstanz auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragfähige rechtliche Erwägungen gestützt, so muß der Revisionskläger in der Revisionsbegründung formgerecht für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung das angefochtene Urteil nicht tragen; anderenfalls ist die Revision unzulässig (ständige Rechtsprechung, Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 23. Januar 1995 X R 20/94, BFH/NV 1995, 819, und vom 7. März 1995 X R 190/93, BFH/NV 1995, 919, jeweils m.N.).

Die Revisionsbegründung der Kläger genügt diesen Anforderungen nicht. Sie befaßt sich nur mit der Frage, ob die Ankündigung eines Antrags als Konkretisierung des Klagebegehrens ausreicht und ob nach Verstreichen einer Ausschlußfrist weitere Klageanträge gestellt werden können. Das FG hat seine Entscheidung jedoch zu allen Streitpunkten mit einer weiteren selbständig tragfähigen Begründung versehen. Es hielt die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis für unzulässig, soweit das FA den angefochtenen Bescheid in den Streitpunkten teilweise für vorläufig erklärt habe, und für unbegründet, soweit die Kläger den Abzug von Unterhaltsaufwendungen für Verwandte im Ausland trotz des fehlenden Nachweises der Zahlungen und der Bedürftigkeit begehrten.

Zu diesen rechtlich selbständigen Erwägungen, bei denen es sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht um obiter dicta handelt, enthält die Revisionsbegründung keine Ausführungen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 154620

BFH/NV 1999, 1228

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