Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzliche Bedeutung; Betrieb/Betriebsstätte und Verbleibvoraussetzung im Investitionszulagenrecht

 

Leitsatz (NV)

1) Nicht klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage, daß die bloße Überlassung von Grundstücken und der darauf befindlichen Maschinen und Betriebsvorrichtungen an eine Betriebs-GmbH bzw. deren Niederlassung im Fördergebiet keinen Betrieb bzw. keine Betriebsstätte des überlassenden Unternehmens selbst im Fördergebiet begründet.

2) Die bloße Möglichkeit, auf den Einsatz der begünstigten Wirtschaftsgüter weiterhin Einfluß zu nehmen, begründet kein übergeordnetes Prinzip in dem Sinne, daß dadurch über die bisher von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen hinaus weitere Ausnahmen von der persönlichen Bindungsvoraussetzung zu rechtfertigen wären.

3) Einkommensteuerrechtlich kann der Betriebsinhaber im Falle der Betriebsverpachtung das ihm von der Rechtsprechung zugebilligte sog. Verpächterwahlrecht dahingehend ausüben, daß sein bisheriger Gewerbebetrieb fortbesteht und er dementsprechend gewerbliche Einkünfte bezieht. Investitionszulagenrechtlich ändert diese einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Einkünfte indes nichts daran, daß fortan nicht der Verpächter, sondern der Pächter diesen Gewerbebetrieb als eigenen Betrieb bzw. als seine Betriebsstätte unterhält.

4) Investitionszulagenrechtlich ist die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung nur gegeben, wenn die beherrschende Stellung auf der Mehrheit der Anteile und der damit verbundenen Stimmrechte beruht.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; InvZulG 1991 § 2 S. 1 Nrn. 1-2

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und war durch Beschluß zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Sie legt die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dar (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Für die Darlegung der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der angesprochenen Rechtsfragen reicht nicht die bloße Behauptung aus, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung. Vielmehr muß der Beschwerdeführer ausgehend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung konkret auf die Rechtsfrage eingehen, ihre über den Streitfall hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit dartun und ferner ausführen, warum die Fragen zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine Fortentwicklung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedürfen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 23. November 1994 II B 111/93, BFH/NV 1995, 624, ständige Rechtsprechung).

Allein der Hinweis, eine Frage sei bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden, genügt für eine derartige Darlegung nicht (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Oktober 1994 V B 40/94, BFH/NV 1995, 610). Vor allem sind, sofern zu diesem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (vgl. BFH-Beschluß vom 23. Januar 1995 X B 155/94, BFH/NV 1995, 708).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) behauptet lediglich, den von ihr angesprochenen Rechtsfragen komme grundsätzliche Bedeutung zu. Konkrete Ausführungen dazu, inwieweit über den konkreten Einzelfall hinaus eine Klärungsbedürftigkeit im Interesse der Allgemeinheit besteht, enthält die Beschwerdebegründung nicht. Insbesondere fehlt eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BFH zu den von der Klägerin angesprochenen Fragenkreisen.

2. Höchstrichterlich ist wiederholt entschieden worden, daß die bloße Überlassung von Grundstücken und der darauf befindlichen Maschinen und Betriebsvorrichtungen an eine Betriebs-GmbH bzw. deren Niederlassung im Fördergebiet keinen Betrieb bzw. keine Betriebstätte des überlassenden Unternehmens selbst im Fördergebiet begründet (vgl. BFH-Urteile vom 10. Februar 1988 VIII R 159/84, BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653; vom 2. März 1990 III R 24/85, BFHE 160, 367, BStBl II 1990, 756; vom 22. Februar 1996 III R 91/93, BFHE 180, 293, BStBl II 1996, 428, unter Ziff. II. 1. c bb der Gründe; vom 3. Dezember 1998 III R 67/95, nicht veröffentlicht -NV-; ferner bestätigt durch Urteil vom 10. Dezember 1998 III R 50/95, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Die Einrichtung und Anlagen (vgl. § 12 der Abgabenordnung -AO 1977-) müssen dem Gewerbebetrieb unmittelbar dienen. Der Betriebsinhaber muß die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber innehaben. Auch der Besitz daran allein reicht nicht aus. Vielmehr muß hinzukommen, daß dort eine eigene gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird.

Nach den für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bindenden Feststellungen des Finanzgerichts -FG- (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), die die Beschwerde auch nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat, befanden sich Sitz- und Geschäftsleitung der Klägerin in X (alte Bundesländer) und damit nicht im Fördergebiet.

3. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine Ausnahme von der strengen Bindung an den Betrieb des Investors (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Investitionszulagengesetzes -InvZulG- 1991) nur dann zu rechtfertigen, wenn Besitz- und Betriebsunternehmen für die Dauer der gesetzlichen Verbleibfrist auch betriebsvermögensmäßig miteinander verflochten sind. Die Gewährung einer Investitionszulage ist selbst bei einer solchen Gestaltung überhaupt nur solange zulässig, als Besitz- und Betriebsunternehmen personell und sachlich miteinander verbunden sind (vgl. BFH-Beschluß vom 30. Oktober 1997 III B 108/95, BFH/NV 1998, 497; BFH-Urteil vom 16. September 1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75, m.w.N.). Der erkennende Senat hat im Anschluß an sein Urteil vom 20. Mai 1988 III R 86/83 (BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739) mehrfach bestätigt, daß bei durch Organschaft verbundenen Unternehmen keine Ausnahme von der Verbleib- bzw. Bindungsvoraussetzung der begünstigten Wirtschaftsgüter in dem Betrieb des Investors gerechtfertigt sei. Insbesondere begründet die bloße Möglichkeit, auf den Einsatz der begünstigten Wirtschaftsgüter weiterhin Einfluß zu nehmen, kein übergeordnetes Prinzip in dem Sinne, daß dadurch weitere Ausnahmen von der persönlichen Bindungsvoraussetzung zu rechtfertigen wären (vgl. BFH-Beschluß vom 26. März 1993 III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723, unter II. 2. c bb der Gründe; BFH-Urteil vom 3. Dezember 1998 III R 67/95, NV, m.umf.N.). Nach dem letztgenannten Urteil gelten die zu den Bindungsvoraussetzungen entwickelten Grundsätze auch für die Zugehörigkeitsvoraussetzung nach § 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1991.

Im Falle der Betriebsverpachtung kann der Betriebsinhaber zwar das ihm ertragsteuerlich eingeräumte sog. Verpächterwahlrecht -sofern nicht die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vorliegen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325)- dahingehend ausüben, daß sein bisheriger Gewerbebetrieb fortbesteht und er weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R 2/95, BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, m.w.N.). Indes ändert diese einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Einkünfte nichts daran, daß nicht der Verpächter, sondern der Pächter fortan diesen Gewerbebetrieb als eigenen Betrieb bzw. seine Betriebsstätte unterhält (vgl. dazu auch Ziff. 2. der Gründe). Die vom Senat ausnahmsweise berücksichtigten Einflußmöglichkeiten des Verpächters (hier auf den verpachteten Betrieb; s. oben zu den Fällen der Betriebsaufspaltung) liegen angesichts der Beteiligungsverhältnisse bei der Klägerin offensichtlich nicht vor.

4. Des weiteren hat der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen, daß die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung nur anzunehmen ist, wenn die beherrschende Stellung auf der Mehrheit der Anteile und der damit verbundenen Stimmrechte beruht (vgl. BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723, unter Ziff. II. 2. c cc 1.2; ferner BFH-Urteil in BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739, unter Ziff. 3. b der Gründe).

Nach den nicht angefochtenen Feststellungen des FG war im übrigen im Streitjahr 1991 weder eine personelle Verflechtung zwischen der Klägerin und der Betriebs-GmbH aufgrund Anteilsbesitzes gegeben noch eine tatsächliche Beherrschung.

Von einer weiteren Begründung sieht der erkennende Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 170895

BFH/NV 1999, 1122

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