Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassungsfreie Revision -- Begründungserfordernisse

 

Leitsatz (NV)

Zu den Anforderungen an die substantiierte, in sich schlüssige Begründung einer auf §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO gestützten Revision.

 

Normenkette

FGO §§ 94, 108-109, 116 Abs. 1 Nr. 5; ZPO § 164

 

Tatbestand

Auf Grund einer Prüfung der Steuerfahndung hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) die gegenüber den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) für die Jahre 1979 bis 1984 ergangenen Einkommensteuerbescheide in mehreren Punkten geändert. Mit der hiergegen erhobenen Klage haben die Kläger u. a. Nichtigkeit der Prüfungsanordnungen und hinsichtlich sämtlicher Feststellungen ein Verwertungsverbot geltend gemacht. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.

Wegen der Nichtzulassung der Revision haben die Kläger Beschwerde eingelegt und außerdem das FG-Urteil in diesem Verfahren unmittelbar mit der Revision angegriffen, die sie auf §116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützen. Sie tragen vor, das angefochtene Urteil sei hinsichtlich der Nichtigkeit und des Verwertungsverbots nicht mit Gründen versehen; denn es enthalte zu den diesbezüglichen Ausführungen der Kläger keinerlei rechtliche Erwägungen.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Bezug genommen wird auf den Beschluß des FG vom 18. Dezember 1996, durch den der Antrag der Kläger auf Tatbestandsberichtigung (§108 FGO) abgelehnt wurde, sowie auf das die von den Klägern begehrte Urteilsergänzung (§109 FGO) ablehnende FG-Urteil vom 29. Januar 1997.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig und daher durch Beschluß zu verwerfen (§§124 Abs. 1, 126 Abs. 1 FGO).

Die Kläger haben substantiiert und in sich schlüssig (zum Begründungserfordernis näher: Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §116 Rz. 3, §119 Rz. 2, §120 Rz. 38; Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 11. Dezember 1996 XI R 25/96, BFH/NV 1997, 502, 503, jeweils m. w. N.) keinen der in §116 Abs. 1 FGO abschließend aufgezählten Revisionsgründe dargetan. Das gilt auch für §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO, auf den das Rechtsmittel ausdrücklich allein gestützt wird.

1. Mit Einwänden, die auf Tatbestandsberichtigung oder Urteilsergänzung zielen (und zudem nach den vorgenannten FG- Entscheidungen erfolglos geblieben sind), können die Kläger in diesem Verfahren nicht gehört werden (s. auch Gräber, a. a. O., §108 Rz. 6, §109 Rz. 4 und §119 Rz. 23; sowie BFH-Beschluß vom 18. Juni 1996 IV R 66/95, BFH/NV 1996, 840). Dasselbe gilt für Beanstandungen, die das Protokoll betreffen (dazu: §94 FGO i. V. m. §164 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --; Gräber, a. a. O., §94 Rz. 20 f.), für Angriffe gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils (vgl. BFH-Beschluß vom 15. Juli 1996 IV R 70/95, BFH/NV 1997, 115, 116) und auch für die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (BFH-Beschluß vom 14. Dezember 1995 VIII R 27/95, BFH/NV 1996, 556; weitere Nachweise bei Gräber, a. a. O., §116 Rz. 1).

2. Ausreichend begründet wäre die Revision der Kläger nur, wenn sich aus ihrem Vorbringen, seine Richtigkeit unterstellt, ergäbe, daß im angefochtenen Urteil eine rechtliche Begründung überhaupt fehlt oder daß das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat. Ersteres wird von den Klägern selbst nicht behauptet, letzteres nicht in der erforderlichen Weise dargetan. Denn nicht jedes Übergehen von Argumenten fällt unter §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO. Es muß sich vielmehr um Lücken in der entscheidungserheblichen Begründung (Zöller, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., 1997, §551 Rz. 8, m. w. N.) handeln, die den gesamten Tatbestand einer mit eigenständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm, nicht etwa nur einzelne Tatbestandselemente betreffen (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 7. Mai 1996 VIII R 20/95, BFH/NV 1996, 832; vom 12. Juni 1996 II R 11/96, BFH/NV 1996, 837, 838, und in BFH/NV 1997, 502, 503; Gräber, a. a. O., §116 Rz. 2 und §119 Rz. 25, jeweils m. w. N.). Die Revisionsbegründung läßt nicht erkennen, zu welchen "rechtlichen Ausführungen" der Kläger genau (im einzelnen) das angefochtene Urteil "keinerlei rechtliche Erwägungen" enthält und inwieweit darin entscheidungserhebliche Lücken in dem für die Anwendung des §116 Abs. 1 Nr. 5 FGO erforderlichen Ausmaß zu sehen sein sollen. An einen substantiierten, hierauf konzentrierten Vortrag waren um so strengere Anforderungen zu stellen, als die in diesem Zusammenhang von den Klägern in Bezug genommenen Urteilspassagen sowohl zur Frage des Verwertungsverbots als auch zur Bedeutung der Nichtigkeit detaillierte Ausführungen enthalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66475

BFH/NV 1998, 467

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