Leitsatz (amtlich)

1. Der Kreis der Bevollmächtigten, die nach dem BFH-EntlastG vor dem BFH auftreten können, ist in diesem Gesetz abschließend geregelt. Er kann nicht auf Beamte des gehobenen Dienstes in Spitzenstellungen der Bundeszollverwaltung ausgedehnt werden.

2. Der in der Einlegung der Revision durch einen nicht zum Richteramt befähigten Beamten liegende Mangel kann nicht dadurch geheilt werden, daß die Revisionsbegründung von einem zum Richteramt befähigten Beamten unterzeichnet wird.

 

Normenkette

BFH-EntlastG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft, an der zwei natürliche Personen beteiligt sind, den Gewerbeertrag um Verluste kürzen kann, die im Rahmen eines früher von ihr geführten Unternehmens entstanden sind.

Die Klägerin betrieb bis zum 31. Dezember 1970 unter der Firma N-KG ein Kaufhaus in L. Sie hat dieses Unternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 1971 veräußert. Durch Vertrag vom 8. April 1971 erwarb sie den unter der Firma K-OHG geführten Geschäftsbetrieb. Seit dem 1. Mai 1971 betreibt die Klägerin unter der Firma K-KG die Vermittlung von Immobilien. Die Eröffnungsbilanz der Klägerin zum 1. Mai 1971 weist als einzigen Posten der Passivseite ein "Darlehen R" in Höhe von 100 000 DM aus, das der Klägerin bereits zum Betrieb ihres Kaufhauses gewährt worden war.

In den Gewerbesteuererklärungen für 1971 bis 1973 begehrte die Klägerin die Kürzung des Gewerbeertrages um die Verluste der Jahre 1967, 1968 und 1970 aus dem Betrieb des Kaufhauses. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) versagte in den angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheiden den Abzug der Gewerbeverluste wegen fehlender Unternehmensgleichheit.

Die Einsprüche und die Klage blieben erfolglos. Das FG hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Verluste einer Personengesellschaft könnten nach § 10 a GewStG nur abgezogen werden, wenn sie bei demselben Unternehmen entstanden seien, dessen Gewerbeertrag im Anrechnungsjahr gekürzt werden solle. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, da der Kaufhausbetrieb mit der Veräußerung als lebender Organismus auf den Erwerber übergegangen sei. Die Nichtübertragung der Darlehensverpflichtung stehe der Annahme einer Veräußerung des Gewerbebetriebes im ganzen nicht entgegen. Demgemäß gelte der veräußerte Betrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt (§ 2 Abs. 5 GewStG). Dabei sei es unerheblich, ob der Betrieb in der Form eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft betrieben worden sei. Die Auffassung der Klägerin, die Kommanditgesellschaft stelle einen Gewerbebetrieb kraft Rechtsform dar, so daß die Identität des Unternehmens selbst bei Aufgabe und späterer Neueröffnung des Geschäftsbetriebes gewahrt sei, sei rechtsirrig. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG gelte als Gewerbebetrieb stets und in vollem Umfang die Tätigkeit einer Kommanditgesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebes anzusehen seien. Das Erfordernis der Mitunternehmerschaft der Gesellschafter mache deutlich, daß es gewerbesteuerrechtlich nicht auf die Rechtsform als Personengesellschaft, sondern darauf ankomme, daß tatsächlich ein Gewerbe betrieben werde, das nach dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer den Gegenstand der Besteuerung bilde. Fehle es an einer gewerblichen Betätigung, so erlösche die Gewerbesteuerpflicht. Folgerichtig gehe damit auch das Unternehmen im gewerbesteuerrechtlichen Sinne unter. Setze der Steuerpflichtige - wie die Klägerin - später seine gewerbliche Tätigkeit in einer völlig anderen Branche fort, so handele es sich um die Neugründung eines Gewerbebetriebes. Unternehmensgleichheit liege nicht vor.

Mit der Revision rügt die Klägerin, das Urteil des FG habe "ohne jegliche Prüfung übernommen", daß das Unternehmen eingestellt worden und die Gewerbesteuerpflicht erloschen sei. Tatsächlich habe, da die beiden von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten nahtlos ineinander übergegangen seien, die Gewerbesteuerpflicht fortbestanden. Ob auch bei Personengesellschaften die von der Rechtsprechung zur Vermeidung von - im Streitfall nicht bestehenden - Manipulationsmöglichkeiten entwickelte Voraussetzung der Unternehmensidentität bestehe, sei noch nicht entschieden. Kommanditbeteiligungen hätten einen kapitalistischen Charakter und ähnelten darin den Anteilen an einer GmbH oder AG, so daß es wie bei diesen (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Oktober 1975 II 59/75, EFG 1976, 357) auf die Unternehmensidentität nicht ankommen dürfe.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG den Beklagten zu verurteilen, die Gewerbesteuerveranlagungen 1971 bis 1973 unter Berücksichtigung des Verlustvortrages durchzuführen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach Art. 1 Nr. 1 Satz 3 BFH-EntlastG können sich Behörden durch Beamte oder Angestellte, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, vor dem BFH vertreten lassen. Nach Satz 2 gilt dies auch für die Einlegung der Revision. Wie das HZA unter Berufung auf den BFH-Beschluß VIII S 3/76 zutreffend ausgeführt hat, soll der BFH durch das Entlastungsgesetz dadurch entlastet werden, daß nur solche Personen Rechtsmittel einlegen dürfen, die durch ihre fachliche Vorbildung in der Lage sind, die Aussichten der Rechtsmittel richtig zu beurteilen und das Verfahren vor dem BFH sachgerecht zu führen. Diesen Personenkreis hat der Gesetzgeber aber abschließend bestimmt. Er kann daher nicht im Wege der Rechtsprechung auf andere Kreise, wie etwa auf Beamte des gehobenen Dienstes in Spitzenstellungen der Bundeszollverwaltung, erweitert werden. Insbesondere scheidet ein Vergleich mit den Steuerbevollmächtigten schon deshalb aus, weil deren Berufsverhältnisse gänzlich anders geartet sind. Es kann ferner nicht darauf ankommen, ob der Unterzeichner der Revisionsschrift aus eigenem Entschluß gehandelt oder ob in Wirklichkeit der BdF die Aussichten der Revision geprüft hat. Ferner liegt es nicht im Interesse der Prozeßökonomie, unzulässige Rechtsmittel nur deshalb als zulässig zu behandeln, weil in anderen anhängigen Fällen materiell die gleiche Streitfrage zu entscheiden sei. Prozeßökonomische Gründe können allenfalls in derselben Streitsache Beachtung finden.

Schließlich kann die Unterzeichnung der Revisionsbegründungsschrift durch einen zum Richteramt befähigten Beamten den Mangel bei der Revisionseinlegung nicht heilen. Denn die Revision ist nach § 124 FGO schon dann unzulässig, wenn die Revision nicht in der gesetzlichen Form eingelegt ist. So kann auch nicht die Unterzeichnung der Klageschrift nach Ablauf der Klagefrist (BFH-Urteil vom 29. August 1969 III R 86/68, BFHE 97, 226, BStBl II 1970, 89) oder die in § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO vorgeschriebene Angabe des angefochtenen Urteils bis zum Ablauf der Begründungsfrist nachgeholt werden (s. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 120 Anm. 15). Dies ist auch sinnvoll und entspricht dem Sinn und Zweck des Entlastungsgesetzes. Der darin geregelte Vertretungszwang soll gewährleisten, daß Revisionen nicht wahllos und aus nichtsachlichen Gründen eingelegt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72074

BStBl II 1977, 593

BFHE 1978, 32

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