Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständigkeit oder Unselbständigkeit eines Rundfunkermittlers

 

Leitsatz (NV)

Die Grundsätze, nach denen zu entscheiden ist, ob Rundfunkermittler selbständig oder unselbständig sind, sind geklärt. Der sozialrechtlichen und arbeitsrechtlichen Einordnung der Tätigkeit kann zwar indizielle Bedeutung für ihre steuerrechtliche Beurteilung als selbständig oder unselbständig zukommen; eine Bindung besteht jedoch nicht.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3; UStG 1993 § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster (Urteil vom 03.06.2003; Aktenzeichen 15 K 4836/00 U)

 

Tatbestand

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr 1994 für eine Rundfunkanstalt (R) mit der Überwachung der gebührenrechtlichen Bestimmungen in einem bestimmten Gebiet beauftragt. Ihm oblag es u.a. die Rundfunkteilnehmer über die Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten zu beraten und Auskünfte über das Bereithalten und die Anmeldung von Rundfunkempfangsgeräten einzuholen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen arbeitete der Kläger selbständig für R. R rechnete über die Tätigkeiten des Klägers entsprechend einer Vergütungsordnung im Gutschriftenwege ab. R zahlte dem Kläger Provisionen und Boni, außerdem ersetzte er ihm Aufwendungen und leistete zu seinen Gunsten Beiträge an die für freie Mitarbeiter der deutschen Rundfunkanstalten geschaffene Pensionskasse.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) sah auch in den zuletztgenannten Zahlungen ein Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Leistungen des Klägers an den WDR und veranlagte den Kläger entsprechend zur Umsatzsteuer.

Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war u.a. der Auffassung, der Kläger sei nicht als Arbeitnehmer, sondern als Unternehmer anzusehen; es ließ die Revision gegen das Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde, die er auf sämtliche Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur wegen einer Rechtsfrage in Betracht, die im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. März 2002 V B 87/01, BFH/NV 2002, 1012).

Zur Frage, ob sog. Rundfunkermittler oder Rundfunkgebührenbeauftragte selbständig oder unselbständig sind, gibt es bereits eine Reihe von Entscheidungen des BFH (vgl. Urteile vom 14. Dezember 1978 I R 121/76, BFHE 126, 311, BStBl II 1979, 188; vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534; vom 9. Oktober 2002 V R 73/01, BFHE 200, 130, BStBl II 2003, 217). In allen zitierten Entscheidungen ist der BFH zum Ergebnis gekommen, dass die Ermittler selbständig tätig waren. Die Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534 und in BFHE 200, 130, BStBl II 2003, 217 hatten keinen Erfolg. Die Grundsätze, nach denen zu entscheiden ist, ob Rundfunkermittler selbständig oder unselbständig sind, sind demnach geklärt.

Das gilt auch für die vom Kläger angesprochene Relevanz der sozialrechtlichen Behandlung des Beschäftigungsverhältnisses. Wie der BFH im Urteil in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534 ausgeführt hat, kann der sozialrechtlichen und arbeitsrechtlichen Einordnung einer Tätigkeit zwar indizielle Bedeutung für ihre steuerrechtliche Beurteilung als selbständig oder unselbständig zukommen; eine Bindung besteht jedoch nicht.

Im Übrigen hat der Kläger die Entscheidung des Bundessozialgerichts, die die Rechtsfrage der Selbständigkeit oder Arbeitnehmereigenschaft der Rundfunkgebührenbeauftragten abweichend vom BFH beurteilen soll, nicht benannt.

Selbst wenn dem der Beschwerdebegründung beigefügte Bescheid der Landesversicherungsanstalt über die versicherungsrechtliche Beurteilung von Rundfunkgebührenbeauftragten vom 12. Dezember 1997 indizielle Bedeutung beigemessen werden könnte, kann der Kläger damit im vorliegenden Verfahren nicht mehr gehört werden. Nach den Feststellungen des FG führte R entsprechend den Vereinbarungen mit dem Kläger für diesen "weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungs- oder Krankenversicherungs- bzw. Arbeitslosenversicherungsbeiträge noch Beiträge an die Berufsgenossenschaft ab". Offensichtlich war dem FG der Bescheid der Landesversicherungsanstalt vom 12. Dezember 1997 nicht bekannt; das FG ist deshalb davon ausgegangen, dass der Kläger auch sozialversicherungsrechtlich als Selbständiger behandelt wurde. An diese tatsächlichen Feststellungen des FG ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Eine zulässige Verfahrensrüge hat der Kläger insoweit nicht erhoben.

b) Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen, "damit im Rahmen der Rechtsfortbildung geklärt werden kann, ob ein und dieselbe Person steuerrechtlich als selbständiger Unternehmer und sozialrechtlich als Arbeitnehmer eingestuft werden kann". Wie oben ausgeführt wurde, ist diese Frage bereits geklärt.

c) Die vom Kläger erhobene Rüge mangelhafter Sachaufklärung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Zur schlüssigen Rüge, das FG habe den Sachverhalt weiter aufklären müssen, muss der Beschwerdeführer substantiiert ausführen, aus welchen (genau bezeichneten) Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts und/oder einer Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817). Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlen bereits Ausführungen dazu, welche "weiteren Erkundungen zu den tatsächlichen Bedingungen des Vertragsverhältnisses" hätten eingeholt werden sollen. Soweit der Kläger eine falsche Sachverhaltswürdigung durch das FG rügt, rügt er keinen Verfahrensmangel, sondern einen materiell-rechtlichen Fehler der Vorentscheidung, der die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1116685

BFH/NV 2004, 543

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