Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Revision wegen nicht formgerechter Unterschrift auf der Revisionsschrift

 

Leitsatz (NV)

Dem Erfordernis der ,,schriftlich" einzulegenden Revision genügt es nicht, wenn der Prozeßbevollmächtigte die Revisionsschrift lediglich mit einem Schriftzeichen versieht, das allenfalls aus einem Buchstaben mit zusätzlichem Schnörkel besteht.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage auf Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte 1990 abgewiesen. Die fristgerecht eingegangene Revisionsschrift der Kläger und Revisionskläger (Kläger) enthält in der Blattmitte unter dem Wort ,,Prozeßbevollmächtigter" und vor der Bezeichnung des Beklagten sowie des Streitgegenstandes einen Stempelabdruck mit dem Namen und der Anschrift des Prozeßbevollmächtigten, Steuerberater X. Der Stempel ist mit einem handgeschriebenen Schriftzeichen versehen. Dieses besteht aus einem Aufstrich und einem längeren Abstrich, der über einen rechtsgerichteten Bogen in einem kurzen waagerechten Strich ausläuft. Einzelne Buchstaben sind nicht erkennbar.

Die ebenfalls fristgerecht eingereichte Revisionsbegründungsschrift enthält eine Unterschrift, die mit einem vergleichbaren Schriftzeichen beginnt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig. Die Revisionsschrift entspricht nicht der gesetzlichen Form.

Nach § 120 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision ,,schriftlich einzulegen". Die Schriftform ist sowohl für die Einlegung der Revision als auch für ihre Begründung erforderlich. Die Revisionsschrift muß infolgedessen handschriftlich unterzeichnet sein (ständige Rechtsprechung: vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Februar 1975 I B 96/74, BFHE 115, 17, BStBl II 197, 449; Senatsbeschluß vom 16. April 1985 IX R 54/80, BFH/NV 1986, 409 und Beschluß vom 14. Dezember 1988 I R 87/88, BFH/NV 1990, 44, m. w. N.).

Das Schriftzeichen des Prozeßbevollmächtigten in der Mitte der Revisionsschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Es fehlt am Merkmal einer Unterschrift. Das Schriftzeichen kann allenfalls als ein Buchstabe mit einem zusätzlichen Schnörkel gedeutet werden. Es ist keine Unterzeichnung mit dem Namen des Prozeßbevollmächtigten. Nicht einmal einzelne Buchstaben sind feststellbar (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 25. März 1983 III R 64/82, BFHE 138, 151, BStBl II 1983, 479 und Beschluß in BFH/NV 1990, 44).

Der Vergleich des Schriftzeichens mit der Unterschrift auf der Revisionsbegründungsschrift ergibt, daß es sich bei dem Schriftzeichen ebenfalls um die Abkürzung eines Namens (Paraphe) handelt. Eine solche Abkürzung ersetzt nicht die erforderliche Unterschrift (Beschluß vom 30. Mai 1984 I R 2/84, BFHE 141, 223, BStBl II 1984, 669, m. w. N.).

Der Senat muß daher nicht zu der Frage Stellung nehmen, ob eine Unterschrift in der Mitte eines Schriftsatzes als ,,Unterschrift" i. S. des § 120 Abs. 1 FGO ausreichend ist (dazu Bundesgerichtshof - BGH -, Urteil vom 20. November 1990 XI ZR 107/89, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1991, 487, zur ,,Oberschrift" auf einem Überweisungsformular, und Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluß vom 26. Oktober 1990 BReg 1 a Z 19/90, NJW 1991, 928, zur ,,Oberschrift" der Zeugen auf einem Nottestament).

Der Senat brauchte die Kläger nicht vor seiner Entscheidung darauf hinzuweisen, daß die Revision möglicherweise unzulässig sei; denn eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kommt nicht in Betracht.

Der BFH und andere oberste Gerichtshöfe des Bundes hatten zur Zeit der Revisionseinlegung bereits über Jahre hinweg in zahlreichen Urteilen den Begriff der ,,schriftlichen" Revisionseinlegung gleichbleibend ausgelegt. Wenn der Prozeßbevollmächtigte der Kläger gleichwohl die Revisionsschrift nicht mit einer diesen Anforderungen entsprechenden Unterschrift zeichnete, so kann ein schuldloses Verhalten i. S. v. § 56 Abs. 1 FGO nicht angenommen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423081

BFH/NV 1992, 188

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