Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH für das Rechtsmittelverfahren

 

Leitsatz (NV)

Wird PKH für die Durchführung eines finanzgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens beantragt und wird nicht zugleich durch eine vor dem BFH postulationsfähige Person Beschwerde oder Revision eingelegt, kann die Erfolgsaussicht nur dann bejaht werden, wenn wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsbehelfsfrist sein Gesuch um PKH zusammen mit den erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, sofern er nicht ohne sein Verschulden auch hieran gehindert war.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO §§ 114, 117

 

Tatbestand

Die Klage des Klägers und Antragstellers (Antragsteller) gegen den Beklagten (Finanzamt -- FA --) wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer-Meßbetrag 1979 bis 1981 sowie Vermögensteuer blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ließ die Revision nicht zu. Das Urteil wurde dem Antragsteller am 1. Oktober 1994 zugestellt. Mit dem am 14. November 1994 beim FG eingegangenen Schriftsatz legte der Antragsteller hiergegen persönlich Beschwerde ein, mit der er sinngemäß die Zulassung der Revision begehrt. Das FG half der Beschwerde nicht ab. Das Beschwerdeverfahren ist beim Senat anhängig.

In seiner Beschwerdeschrift beantragt der Antragsteller zugleich unter Hinweis auf seine schlechten finanziellen Verhältnisse die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH erhalten, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als Maßnahme der PKH kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 ZPO) oder Steuerberaters (§ 142 Abs. 2 FGO) in Betracht, wenn sie erforderlich erscheint oder die Vertretung durch derartige Personen als Prozeßbevollmächtigte vorgeschrieben ist.

Dem Antrag auf Bewilligung von PKH sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 142 FGO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO). Die Erklärung ist auf dem durch die Verordnung vom 24. November 1980 (BGBl I 1980, 2163) eingeführten amtlichen Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO).

Wird PKH für die Durchführung eines finanzgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens beantragt und wird nicht zugleich durch eine vor dem Bundesfinanzhof (BFH) postulationsfähige Person Beschwerde oder Revision eingelegt, kann die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs freilich nur dann bejaht werden, wenn dem Rechtsmittelführer wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dies ist indes nur dann der Fall, wenn der Antragsteller innerhalb der Rechtsbehelfsfrist sein Gesuch um Bewilligung von PKH zusammen mit den nach § 142 FGO i. V. m. § 117 ZPO erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, sofern er nicht ohne sein Verschulden auch hieran gehindert war (Beschluß des Senats vom 2. August 1994 III S 1/94, BFH/NV 1995, 152; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Anm. 13, § 142 Anm. 12 m. w. N.).

2. Hiervon ausgehend gelangt der Senat gar nicht zur Prüfung der materiellen Erfolgsaussichten der Beschwerde des Antragstellers.

Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) muß sich vor dem BFH jeder Beteiligte -- ausgenommen juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden -- durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Da der Antragsteller nicht zum Kreis der Personen gehört, die eine (zulässige) Beschwerde beim BFH einlegen können, ist sein Rechtsbehelf bereits deshalb unzulässig. In der dem angefochtenen Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist der Antragsteller auf das Erfordernis der Vertretung durch einen der betreffenden Berufsangehörigen hingewiesen worden.

Würde die Beschwerde nunmehr von einem vor dem BFH vertretungsbefugten Prozeßbevollmächtigten eingelegt, wäre sie wegen Versäumung der Beschwerdefrist von einem Monat (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO), die durch die Zustellung des Urteils am 1. Oktober 1994 in Lauf gesetzt wurde, als unzulässig zu verwerfen. Auch eine nachträgliche Genehmigung der Prozeßführung des Antragstellers durch einen zugelassenen Vertreter wäre ausgeschlossen (Beschluß des BFH vom 15. Februar 1991 IV R 114/90, BFH/NV 1992, 481).

Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist käme nicht in Betracht. Wie oben schon dargelegt worden ist, setzt in Fällen, in denen ein Beteiligter wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, das Rechtsmittel durch einen befugten Vertreter beim BFH fristgerecht einzulegen, die Wiedereinsetzung voraus, daß der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare tut, um das in seiner Mittellosigkeit stehende Hindernis zu beheben. Er muß daher bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schaffen. Dazu gehört, daß der Antragsteller innerhalb dieser Frist das Gesuch um PKH und auch die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der vorgeschriebenen Form (§ 117 Abs. 2 bis 4 ZPO) einreicht, sofern er nicht auch hieran wiederum ohne sein Verschulden gehindert ist (BFH-Beschluß vom 11. Dezember 1985 I B 44/85, BFH/NV 1986, 557).

Da der Antragsteller für seine Angaben nicht den vorgeschriebenen Vordruck verwandt und lediglich auf seine bedrängte finanzielle Situation hingewiesen hat, fehlt es bereits an den formellen Voraussetzungen eines Antrags auf Bewilligung von PKH nach §§ 142 Abs. 1 FGO, 117 Abs. 4 ZPO. Darüber hinaus hat er sein Gesuch um Bewilligung von PKH erst nach Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde gegen das von ihm angegriffene Urteil des FG eingereicht. Der Antragsteller hat sonach innerhalb der Beschwerdefrist nicht das ihm Zumutbare getan, um die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH zur Einlegung der Beschwerde zu schaffen.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur rechtzeitigen ordnungsgemäßen Einreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und seines Gesuchs um Bewilligung von PKH und damit für eine mögliche Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Beschwerdefrist hat der Antragsteller nicht vorgetragen.

Solche Umstände sind auch aus den Akten nicht ersichtlich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420624

BFH/NV 1996, 247

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