Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestellung eines Notanwalts

 

Leitsatz (NV)

Ist für die formgerechte Erhebung eines Rechtsmittels zum BFH die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer geboten und ist der Rechtsmittelführer nicht in der Lage, einen zur Vertretung bereiten Prozeßvertreter zu finden, so muß er - um für die Nachholung des Rechtsmittels in der gehörigen Form Wiedereinsetzung erlangen zu können - innerhalb der Rechtsmittelfrist beim BFH beantragen, ihm gem. § 78b ZPO einen Notanwalt zu bestellen.

 

Normenkette

BFHEntlG Art.1 Nr. 1; ZPO § 78b

 

Gründe

Das Rechtsmittel ist unzulässig. Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit dem als ,,Widerspruch" bezeichneten Rechtsmittel Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde einlegen wollte.

1. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil des Finanzgerichts hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art.1 Nr.1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (Art.1 Nr.1 Satz 2 BFHEntlG). Fehlt es, wie im Streitfall, an diesem Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung, so ist die Einlegung des Rechtsmittels unwirksam.

2. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei bei zwei Anwaltskanzleien vorstellig gewesen, die unter Hinweis auf die Geringfügigkeit des Streitwerts eine Vertretung abgelehnt hätten. Ist - wie im Streitfall - eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer zwingend geboten und der Beteiligte trotz zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage, einen zur Vertretung bereiten Prozeßvertreter zu finden, so muß er in sinngemäßer Anwendung des § 78b der Zivilprozeßordnung (ZPO) rechtzeitig beim Prozeßgericht (BFH) den Antrag stellen, ihm einen Notanwalt beizuordnen (BFH-Beschluß vom 18. November 1977 III S 6/77, BFHE 123, 433, BStBl II 1978, 57; Zöller-Vollkommer, Zivilprozeßordnung, 17. Aufl., Anm.2).

3. Der Mangel der Vertretung kann nach Ablauf der Rechtsmittelfrist nachträglich nicht mehr beseitigt werden. Selbst wenn der Schriftsatz des Klägers vom 25. November 1991 als Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts auszulegen sein sollte, wäre dieser wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung (§ 155 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i.V.m. § 78b Satz 1 ZPO) abzulehnen, weil der Antrag nach Ablauf der Rechtsmittelfrist (14. Oktober 1991) gestellt worden wäre und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) nicht in Betracht kommt.

4. Da das Rechtsmittel des Klägers unzulässig ist, kommt eine Erledigung der Hauptsache, die der Kläger mit Schriftsatz vom 25. November 1991 erklärt hat, nicht in Betracht (BFH-Beschluß vom 22.April 1986 VII B 140/85, BFH/NV 1987, 47 unter 1.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 423139

BFH/NV 1993, 118

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