Entscheidungsstichwort (Thema)

Unstatthaftigkeit nicht zugelassener Beschwerden im vorläufigen Rechtsschutzverfahren; keine Nichtzulassungsbeschwerde gegen Nichtzulassung der Beschwerde durch das FG; generelle Unstatthaftigkeit außerordentlicher Beschwerden; keine Fristverlängerung für die Begründung einer unzulässigen Beschwerde

 

Leitsatz (NV)

1. Gegen die Entscheidung des FG über eine Aussetzung der Vollziehung oder eine einstweilige Anordnung steht den Beteiligten die Beschwerde nur dann zu, wenn diese ausdrücklich vom FG in der Entscheidung oder ausnahmsweise noch in einem späteren Beschluss nachträglich zugelassen worden ist.

2. Eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Beschwerde durch das FG sieht die FGO nicht vor. § 128 Abs. 3 S. 2 FGO ordnet lediglich die entsprechende Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO in dem Sinne an, dass die dort genannten Kriterien für die Zulassung der Beschwerde durch das FG maßgebend sind.

3. Eine außerordentliche Beschwerde wegen so genannter greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist im finanzgerichtlichen Verfahren seit Inkrafttreten des § 133 a FGO zum 1.1.2005 als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf generell nicht mehr statthaft.

4. Ist die Beschwerde mangels Zulassung unstatthaft und damit unzulässig, so kommt eine Fristverlängerung für die Nachreichung einer Begründung keinesfalls mehr in Betracht.

 

Normenkette

FGO § 54 Abs. 2, § 69 Abs. 3, § 114 Abs. 1, § 128 Abs. 3, § 133a; ZPO § 224 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Beschluss vom 13.03.2008; Aktenzeichen 8 V 274/08 A(E))

 

Tatbestand

I. Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) wurden im Streitjahr 2004 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die vom Finanzamt Z für das Streitjahr im Schätzungswege gesondert auf 40 000 € festgestellt wurden. Im Einspruchsverfahren gegen den mangels Abgabe einer Einkommensteuererklärung für 2004 ergangenen Schätzungsbescheid reichten die Antragsteller eine gemeinsame Einkommensteuererklärung ein, allerdings ohne Angaben in der Anlage GSE.

Mit geändertem Einkommensteuerbescheid für 2004 setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der gesondert festgestellten Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 7 620 € fest.

Mit ihrer Klage machten die Antragsteller geltend, der gesonderte Feststellungsbescheid für 2004 sei nichtig, weshalb die in der zwischenzeitlich eingereichten Feststellungserklärung erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von (nur noch) 30 346 € anzusetzen seien. Zugleich beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheides für 2004.

Das FA gewährte hinsichtlich des über den erklärten Gewinn hinausgehenden, bei der Einkommensteuerfestsetzung bislang angesetzten Betrages die AdV. Soweit die Antragsteller wegen weiterer Besteuerungsgrundlagen und wegen des Erlöschens der Einkommensteuerschuld aufgrund von Aufrechnung beziehungsweise Zahlung ebenfalls AdV beantragten, wies das Finanzgericht (FG) den Antrag durch Beschluss vom 13. März 2008  8 V 274/08 A(E) als unbegründet zurück und erlegte den Antragstellern gemäß § 135 Abs. 1 i.V.m. § 137 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kosten des Verfahrens auf.

Dagegen legten die Antragsteller mit am 18. April 2008 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde ein. Zugleich beantragten sie Fristverlängerung für eine Begründung der Beschwerde bis zum 20. Mai 2008, die die Geschäftsstelle des erkennenden Senats mit Schreiben vom 22. April 2008 ablehnte.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 128 Abs. 3, § 132 FGO).

Das FG hat in seinem Beschluss die Beschwerde ausdrücklich nicht zugelassen. Damit ist sie gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO nicht statthaft und der Beschluss des FG unanfechtbar (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. März 2008 X B 32/08, nicht veröffentlicht --n.v.--).

1. Nach § 128 Abs. 3 FGO steht den Beteiligten gegen die Entscheidung des FG über eine AdV nach § 69 Abs. 3 FGO und über eine einstweilige Anordnung nach § 114 Abs. 1 FGO die Beschwerde nur zu, wenn sie ausdrücklich in der Entscheidung oder ausnahmsweise noch in einem späteren Beschluss nachträglich vom FG zugelassen worden ist (BFH‐Beschlüsse vom 10. Mai 2007 VIII B 132/05, BFH/NV 2007, 1681, m.w.N.; vom 2. November 2007 VII B 175/07, n.v.).

Vorliegend hat das FG die Beschwerde erkennbar nicht zugelassen, sondern im Gegenteil in dem angefochtenen Beschluss auf die Unanfechtbarkeit gemäß § 128 Abs. 3 FGO ausdrücklich hingewiesen.

2. Eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Beschwerde sieht die FGO bei Entscheidungen i.S. des § 128 Abs. 3 FGO nicht vor. § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO ordnet lediglich die entsprechende Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO in dem Sinne an, dass die dort genannten Kriterien für die Zulassung der Beschwerde durch das FG maßgebend sind (BFH‐Beschluss in BFH/NV 2007, 1681, m.w.N.).

3. Eine außerordentliche Beschwerde wegen sogenannter greifbarer Gesetzwidrigkeit ist in Finanzgerichtsprozessen seit Inkrafttreten des § 133a FGO zum 1. Januar 2005 durch das Anhörungsrügengesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3220) als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf generell nicht mehr statthaft (BFH‐Beschlüsse vom 30. November 2005 VIII B 181/05, BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188; vom 14. März 2007 IV S 13/06 (PKH), BFHE 216, 511, BStBl II 2007, 468, dazu Steinhauff in jurisPR‐SteuerR 22/2007, Anm. 5, m.umf.N. zur inzwischen ständigen Rechtsprechung).

4. Da die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 FGO unstatthaft und damit unzulässig ist, kam eine Fristverlängerung für die Nachreichung einer Begründung gemäß § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 224 Abs. 2 der Zivilprozessordnung keinesfalls mehr in Betracht.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2010459

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