Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterzeichnung der Revisionsschrift ,,i. A."

 

Leitsatz (NV)

Bei einer Unterzeichnung der Revisionsschrift ,,i. A." ist die Revision jedenfalls dann nicht wirksam eingelegt, wenn der Unterzeichner nicht nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG zur Vertretung vor dem BFH berechtigt ist.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 120

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Kläger gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) im wesentlichen ab. Innerhalb der Revisionsfrist ging beim Bundesfinanzhof (BFH) ein Schriftsatz ein, in dem ,,namens und im Auftrag" der Rechtsnachfolgerinnen der Kläger (Revisionsklägerinnen) gegen das FG-Urteil Revision nach § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegt wurde. Der Briefkopf lautet: ,,Dipl.-Kfm. K. N., Steuerberater, . . ." Name und Berufsbezeichnung des Steuerberaters N. sind - schreibmaschinengeschrieben - als Schlußzeichnung aufgeführt. Unterschrieben ist der Schriftsatz mit: ,,i. A. N.". Auf Anfrage des Vorsitzenden des damals noch zuständigen I. Senats des BFH, wer das Schreiben unterzeichnet habe und ob diese Person vertretungsberechtigt i. S. des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) sei, antwortete der Prozeßbevollmächtigte N. nach Ablauf der Revisionsfrist, das Schreiben sei von seinem Sohn E. N. in seiner Funktion als leitender Mitarbeiter des Büros unterschrieben worden, da er - der Prozeßbevollmächtigte - unmittelbar nach Diktat des Schriftsatzes die Stadt für längere Zeit habe verlassen müssen.

Die Revisionsklägerinnen beantragen, das FG-Urteil wegen eines Verfahrensmangels nach § 116 FGO aufzuheben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach § 120 Abs. 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des FG-Urteils schriftlich einzulegen. Schriftform bedeutet, daß die Revisionsschrift handschriftlich unterzeichnet werden muß, und zwar innerhalb der Revisionsfrist.

Die Frage, ob die Unterzeichnung des Schriftsatzes durch einen Angestellten ,,i. A." des Prozeßbevollmächtigten der Schriftform genügt, wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Nach dem BFH-Urteil vom 18. Mai 1972 V R 149/71 (BFHE 106, 7, BStBl II 1972, 771) - das die Wirksamkeit einer ebenfalls schriftlich (§ 64 FGO) zu erhebenden Klage vor dem FG betrifft - reicht die Unterschrift eines Kanzleiangestellten ,,i. A." des Prozeßbevollmächtigten aus, wenn dem Gericht eine Untervollmacht nachgewiesen wird. Dagegen ist nach dem Beschluß des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5. November 1987 V ZR 139/87 (Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1988, 210) ein mit dem Zusatz ,,i. A." unterschriebenes Rechtsmittel nicht wirksam eingelegt. Mit der Unterzeichnung ,,i. A." gebe der Unterzeichnende zu erkennen, daß er für den Inhalt der Rechtsmittelschrift keine Verantwortung übernehmen wolle. Er trete dem Gericht gegenüber nur als Erklärungsbote auf. Ein derartiger, die wirksame Einlegung eines Rechtsmittels betreffender Mangel könne nach Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht mehr geheilt werden.

Im Streitfall kann dahinstehen, ob eine Revision grundsätzlich nicht ,,i. A." unterzeichnet werden darf. Denn wegen des für Verfahren vor dem BFH geltenden Vertretungszwangs könnte die Revisionsschrift nur dann wirksam sein, wenn auch der ,,i. A." Unterzeichnende nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG zur Vertretung vor dem BFH berechtigt wäre. Trotz Aufforderung der Geschäftsstelle hat der Prozeßbevollmächtigte aber noch nicht einmal vorgetragen, daß sein Sohn, der Unterzeichner der Revisionsschrift, als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertretungsberechtigt war. Die Unterschrift des Sohnes, auch wenn er leitender Mitarbeiter im Büro des Prozeßbevollmächtigten war, konnte daher die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten nicht ersetzen. Der Mangel, der in der Einlegung einer Revision durch eine nicht postulationsfähige Person liegt, kann auch durch eine spätere Genehmigung nicht geheilt werden (BFH-Urteil vom 16. August 1979 I R 95/76, BFHE 129, 1, BStBl II 1980, 47).

Ein vom Prozeßbevollmächtigten selbst unterschriebener Schriftsatz, der auch im übrigen den gesetzlichen Formerfordernissen einer Revision entsprach, ist erst nach Ablauf der Revisionsfrist am 29. Dezember 1987 beim BFH eingegangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen wegen Ablaufs der Revisionsfrist gemäß § 56 FGO kann nicht gewährt werden, weil den Prozeßbevollmächtigten der Revisionsklägerinnen ein Verschulden an der Fristversäumnis trifft, das sich die Revisionsklägerinnen zurechnen lassen müssen. Die nach Diktat des Revisionsschriftsatzes längere Abwesenheit des Prozeßbevollmächtigten rechtfertigt keine Wiedereinsetzung. Der Prozeßbevollmächtigte hätte im Hinblick auf die Reise die Revisionsschrift entweder früher abfassen oder telegrafisch Revision einlegen können oder auf sonstige Weise den rechtzeitigen Eingang einer formgerechten Revisionsschrift sicherstellen müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416325

BFH/NV 1989, 534

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