Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der unzulässigen Revision bei unvollständiger Prozeßvollmacht

 

Leitsatz (NV)

Fehlt in der Prozeßvollmacht seitens einer GbR die Unterschrift eines Gesellschafters, so ist die Vollmacht nicht erteilt mit der Folge, daß die Revision unzulässig ist und daß der (angebliche) Prozeßbevollmächtigte und nur dieser die Kosten des gesamten Verfahrens tragen muß.

 

Normenkette

BGB § 709 Abs. 1, § 714; FGO § 62 Abs. 3, § 135 Abs. 2; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Nachdem das Finanzgericht (FG) die Klage der Klägerin, der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Friedrich und Herbert A. abgewiesen hatte, haben der Steuerberater P. und der Rechtsanwalt Steuerberater Dr. P. mit Schriftsatz vom 12. Juli 1983 Revision für die vorgenannte Gesellschaft als Klägerin und Revisionsklägerin eingelegt.

Ihrer anschließenden Revisionsbegründung fügten sie eine nur von dem Gesellschafter Friedrich A. unterschriebene Verfahrensvollmacht mit dem Versprechen bei, eine Vollmacht des Gesellschafters Herbert A. nachzureichen. Auch nach Fristsetzung ging eine Vollmacht des Mitgesellschafters jedoch nicht ein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der GbR als Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist durch Beschluß gemäß § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unzulässig zu verwerfen.

Es fehlt am ordnungsgemäßen Nachweis der Vertretung der Klägerin durch ihre Gesellschafter bei der Revisionseinlegung (§ 62 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 121 FGO und Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).

Mangels besonderer entgegenstehender Vereinbarungen steht die Geschäftsführung einer GbR den Gesellschaftern gemäß § 709 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur gemeinschaftlich zu und sind die Gesellschafter demnach nur gemeinschaftlich i. S. von § 714 BGB zur Vertretung der Gesellschaft nach außen berechtigt.

Die Kosten der unzulässigen Revision fallen gemäß § 135 Abs. 2 FGO den Prozeßbevollmächtigten zur Last, die die Revision ohne hinreichende Vollmacht der Klägerin eingelegt haben (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5; vom 19. April 1968 III B 85/67, BFHE 92, 173, BStBl II 1968, 473; vom 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl II 1969, 438; vom 22. Mai 1979 VII B 10/79, BFHE 128, 24, BStBl II 1979, 564).

Wenn ein Prozeßbevollmächtigter namens eines Rechtsträgers Revision einlegen will, muß er sich von den diesen Rechtsträger nach außen repräsentierenden Personen bevollmächtigen lassen. Können diese Personen den Rechtsträger kraft Gesetzes oder Vertrages nur gemeinsam nach außen vertreten, so ist das Merkmal der Bevollmächtigung erst dann erfüllt, wenn alle vertretungsberechtigten Personen die Vollmacht unterzeichnet haben. Fehlt auch nur die Unterschrift einer Person, so ist - von dem hier nicht gegebenen Fall der internen Ermächtigung abgesehen (vgl. BFH-Beschluß vom 3. April 1974 II B 62/73, nicht veröffentlicht - NV -) - die Vollmacht nicht erteilt mit der Folge, daß die Revision unzulässig ist und daß der Prozeßbevollmächtigte und nur dieser die Kosten des gesamten Verfahrens tragen muß.

Eine sinngemäße Anwendung der im Falle unzulässiger Ehegattenrevisionen mit nur einer Vollmacht zu Lasten des einen Ehegatten und des - bezüglich des anderen Ehegatten - vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten ergangenen Kostenentscheidungen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. März 1983 VIII R 140/82, NV; vom 15. Dezember 1983 VIII R 183/83, NV) kommt nicht in Betracht, weil dort zwei Revisionskläger, nämlich die Ehegatten, vorhanden waren und die Revision jedes einzelnen für sich genommen auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen war.

Auch die verschiedenen von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen von der Kostenpflicht des vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten bei offenkundiger Veranlassung der Einlegung des Rechtsmittels (BFH-Beschluß vom 5. März 1985 VII R 114/84, BFH/NV 1986, 482) oder Genehmigung durch den vertretenen Beteiligten (vgl. BFH-Urteile vom 11. Januar 1980 VI R 11/79, BFHE 129, 305, BStBl II 1980, 229; vom 4. Juli 1984 II R 188/82, BFHE 142, 3, BStBl II 1984, 831) liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415369

BFH/NV 1988, 184

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