Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweigerung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Revisionsfrist

 

Leitsatz (NV)

Für den Beginn der Frist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO kann statt des Zeitpunktes der Kenntnis davon, daß die Revisionsschrift nicht beim FG eingegangen ist, ein früherer Zeitpunkt maßgebend sein, wenn die erforderliche Sorgfalt Erkundigungen nach dem Eingang geboten hätte.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 11.01.1991; Aktenzeichen 1 BvR 1435/89)

 

Tatbestand

Das FG hat die von den Kl. (einem Rechtsanwalt und seiner Ehefrau) erhobene Klage (unter Ablehnung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen.

Auf ihre Beschwerde hat der erkennende Senat die Revision durch Beschluß vom 6. Juli 1988 (zugestellt durch Niederlegung beim Postamt am 2. September 1988) zugelassen.

Innerhalb der Revisionsfrist ist beim FG eine Revisionsschrift nicht eingegangen. Es ging lediglich am 3. November 1988 die Revisionsbegründung vom 2. November 1988 ein, mit der ,,die mit Schriftsatz vom 26. September 1988 eingelegte Revision" begründet wurde.

Die Geschäftsstelle des FG übersandte die Revisionsbegründung mit Schreiben vom 4. November 1988 an die Geschäftsstelle des BFH und bezog sich dabei auf die Vorlage der Nichtzulassungsbeschwerde vom 19. November ,,1988" (richtig 1987). Die Kl. erhielten Ablichtung des Schreibens vom 4. November 1988.

Durch Schreiben der Geschäftsstelle des erkennenden Senats vom 17. November 1988 sind die Kl. sodann darauf hingewiesen worden, daß eine Revisionsschrift nicht vorliegt. Auf eine Erinnerung haben sie geltend gemacht, das genannte Schreiben nicht erhalten zu haben. Als ihnen die Geschäftsstelle mit Schreiben vom 27. Dezember 1988 den Inhalt des Schreibens vom 4. November 1988 (nochmals) mitteilte, haben sie mit Schriftsatz vom 5. Januar 1989 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist beantragt und gleichzeitig Revision eingelegt. Dabei hat der Kl. an Eides Statt versichert, er habe die Revisionsschrift am 26. September 1988 vor 18.00 Uhr in den Postbriefkasten geworfen, der sich vor seinem Büro befinde, und habe zugleich einen entsprechenden Vermerk auf der Aktenkopie angebracht. Auf Anfrage hat er eine Ablichtung der Aktenkopie vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

Unter Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist scheitert daran, daß er nicht innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO gestellt worden ist. Als der Wiedereinsetzungsantrag am 11. Januar 1989 beim FG einging, war diese Frist bereits abgelaufen.

Die Wiedereinsetzungsfrist begann nicht erst in dem Zeitpunkt, in dem die Kl. davon erfuhren, daß ihre Revisionsschrift nicht beim FG eingegangen war, sondern bereits vorher, als für den Kl. zu 1, der zugleich Prozeßbevollmächtigter der Klin. zu 2 ist, bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt Anlaß bestand, sich beim FG danach zu erkundigen, ob die Revisionsschrift dort eingegangen war. Angesichts des Umstandes, daß Schriftsätze der Kl. an das FG nicht immer dort eingingen, wie sich schon bei der Einreichung der Klage gezeigt hat, hätte für den Kl. bereits kurz nach Absendung der Revisionsschrift Veranlassung bestehen können, sich nach deren Eingang zu erkundigen, auch wenn dies im allgemeinen von einem Rechtsanwalt nicht zu erwarten ist. Auf jeden Fall aber hätten ihm bei erforderlicher Sorgfalt Zweifel an dem Eingang der Revisionsschrift kommen müssen, als er die Mitteilung der Geschäftsstelle des FG erhielt, daß seine Revisionsbegründung dem BFH übersandt worden sei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte ihm unter den besonderen Umständen auffallen müssen, daß eine Abgabenachricht hinsichtlich der Revisionsschrift selbst nicht vorlag. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte er dies zum Anlaß nehmen müssen, sich umgehend danach zu erkundigen, ob die Revisionsschrift beim FG eingegangen ist. Hätte er dies getan, so wäre ihm spätestens bis zum 20. November 1988 bekannt geworden, daß die Revisionsschrift beim FG nicht eingegangen war. Unter diesen Umständen war die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist abgelaufen, als der Wiedereinsetzungsantrag am 11. Januar 1989 beim FG einging.

Unter den vorliegenden Umständen kann es offenbleiben, ob der Kl. das Schreiben der Geschäftsstelle des erkennenden Senats vom 17. November 1988, durch das auf das Nichtvorliegen eines Revisionsschriftsatzes hingewiesen wurde, nicht erhalten hat, wie er behauptet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416626

BFH/NV 1990, 581

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