Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitlicher Leistungsgegenstand; grundsätzliche Bedeutung

 

Leitsatz (NV)

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Abschluß eines Bauerrichtungsvertrags wenige Tage nach Abschluß des Grundstückskaufvertrags zwischen beiden Verträgen ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang besteht, ist geklärt.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet, da ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gegeben ist.

1. Die Rechtssache hat nicht die vom Finanzamt (FA) behauptete grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Eine bisher ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird durch den Rechtsstreit nicht aufgeworfen.

Ergibt sich die Verpflichtung zur Übereignung des Grundstücks und zur Errichtung des Gebäudes aus zwei (oder mehreren) Verträgen, so ist - unabhängig von einer zivilrechtlichen Einheitlichkeit der Verträge - grunderwerbsteuerrechtlich Gegenstand des Erwerbsvorgangs nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats das Grundstück in bebautem Zustand auch dann, wenn zwischen den Verträgen ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, daß der Erwerber bei objektiver Betrachtungsweise als einheitlichen Leistungsgegenstand das bebaute Grundstück erhält (vgl. Urteil vom 18. Oktober 1989 II R 85/87, BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181). Diese Voraussetzung ist regelmäßig dann gegeben, wenn sich die Erwerber bereits vor Abschluß des Grundstückskaufs hinsichtlich der Errichtung des Gebäudes rechtlich gebunden haben (so Urteil in BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181). Werden die zur Errichtung des Gebäudes notwendigen Verträge erst nach Abschluß des Grundstückskaufvertrags abgeschlossen, so wird dadurch ein objektiver enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen noch nicht endgültig ausgeschlossen. Ein solcher liegt vielmehr dann vor, wenn für die Erwerber bereits bei Abschluß des Grundstückskaufvertrags eine rechtliche oder faktische Bindung zum (später erfolgten) Abschluß des Vertrages über die Errichtung des Gebäudes bestand. Dies ergibt sich bereits aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 18. Oktober 1989 II R 143/87 (BFHE 158, 477, BStBl II 1990, 183). Der Senat hat diese Rechtsauffassung danach in weiteren amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen zum Ausdruck gebracht (vgl. z. B. Urteil vom 27. Juni 1990 II R 48/89, BFH/NV 1990, 769). Im Streitfall stützt sich das Finanzgericht (FG) im Ergebnis auf diese von der Rechtsprechung des erkennenden Senats entwickelten Grundsätze. Entgegen der Auffassung des Beklagten wird daher durch die Sachverhaltsgestaltung im Streitfall (Abschluß des Bauerrichtungsvertrags drei Tage nach Abschluß des Grundstückskaufvertrags) keine neue bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufgeworfen. Die Frage, ob das FG diese Grundsätze im Streitfall richtig angewendet hat, führt nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.

2. Soweit das FA Divergenz geltend macht, entspricht die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muß die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das Urteil des FG nach Auffassung des Beklagten abweicht, ,,bezeichnet" werden. Dazu ist nicht nur eine genaue Bezeichnung der jeweiligen BFH-Entscheidung notwendig. Es muß darüber hinaus aus der angefochtenen Entscheidung des FG ein abstrakter Rechtssatz herausgestellt werden, der zu einem abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung des BFH in Widerspruch stehen könnte. Die (möglicherweise) voneinander abweichenden Rechtsauffassungen sind dabei erkennbar oder zumindest in ohne weiteres nachvollziehbarer Weise gegenüberzustellen.

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Wenn das FA insoweit beispielsweise vorträgt, das FG habe ,,den Einheitswillen . . . und die Interessenlage der Vertragsparteien nicht genügend gewürdigt", ,,zu Unrecht die Zeitabfolge . . . als das entscheidende Kriterium angesehen" und ,,zu Unrecht den engen sachlichen Zusammenhang . . . verneint", so wird damit sinngemäß nur dargetan, das FG habe sachlich falsch entschieden. Nicht aber wird dadurch - wie es zur Begründung einer Divergenz unerläßlich wäre - ein dem FG-Urteil zugrundeliegender abstrakter Rechtssatz herausgestellt, der zu einem solchen des BFH in Widerspruch stehen könnte.

3. Auch soweit das FA einen Verstoß des FG gegen § 76 FGO als Verfahrensmangel i. S. v. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend macht, entspricht die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Verfahrensmängel müssen in der Beschwerdeschrift bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dies erfordert eine genaue Angabe der Tatsachen, aus denen sich der gerügte Verfahrensverstoß, auf dem die Entscheidung des FG beruhen soll, schlüssig ergibt. Das FA rügt einen Verstoß des FG gegen § 76 Abs. 1 FGO. Diese Rüge erfordert eine genaue Angabe des Beweisthemas und der Beweismittel, die das Gericht nicht berücksichtigt hat. Darzutun ist darüber hinaus, welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme nach Auffassung des FA erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis zu einer anderen Entscheidung des Gerichts hätte führen können. Hat der Beteiligte - wie im Streitfall - selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt, muß er darüber hinaus dartun, warum sich dem Gericht eine Beweiserhebung gleichwohl auf der Grundlage von dessen Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Das FA hat nicht dargelegt, warum sich die unterlassene Beweisaufnahme auch ohne Antragstellung dem Gericht von Amts wegen hätte aufdrängen müssen. Vor allem aber fehlt eine Darstellung der Entscheidungserheblichkeit des vom FA erwarteten Beweisergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417666

BFH/NV 1992, 334

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