Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerrechtliche Organschaft

 

Leitsatz (NV)

1. Die wirtschaftliche Eingliederung als Organgesellschaft setzt voraus, daß das herrschende Unternehmen (Organträger) eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der Organgesellschaft gefördert wird und im Rahmen des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muß nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden. Dabei ist die Entwicklung während mehrerer Jahre zu berücksichtigen. Eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft darf nicht deshalb verneint werden, weil die wirtschaftliche Eingliederung zu Beginn nur unvollkommen angelegt war und sich erst in der Folgezeit -- dem ursprünglichen Plan entsprechend -- verstärkte.

2. Die wirtschaftliche Eingliederung muß jedoch zumindest bereits in Ansätzen bestehen. Bloße Planungen, mit deren Verwirklichung noch nicht begonnen wurde, sind nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2 S. 2; KStG § 14 Nr. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Gründe

Die Beschwerde ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet. Sie ist daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die Beschwerde darauf stützt, das Finanzgericht (FG) habe eine sich aus der geschäftsleitenden Holdingfunktion der Beigeladenen ergebende wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen der vom FG Beigeladenen nicht berücksichtigt und sei damit von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Dezember 1969 I 252/64 (BFHE 98, 152, BStBl II 1970, 257) und vom 18. April 1973 I R 120/70 (BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740) abgewichen, ist die Beschwerde unzulässig.

Die Klägerin hat insoweit die Abweichung nicht i. S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichnet. Dazu wäre es erforderlich gewesen, daß sie einen abstrakten Rechtssatz, auf dem das FG-Urteil beruht, und einen abstrakten Rechtssatz der von ihr genannten BFH-Urteile so genau bezeichnet, daß eine Abweichung erkennbar wird (s. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; vom 3. August 1995 I B 19/95, BFH/NV 1996, 57; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., 1993, § 115 Rz. 63, m. w. N.). Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß das FG im Hinblick auf die nach Angabe der Klägerin bestehende geschäftsleitende Holdingfunktion der vom FG Beigeladenen einen Rechtssatz aufgestellt habe, der von einem Rechtssatz der genannten BFH-Urteile abweiche. Ein entsprechender Vortrag ist der Klägerin auch nicht möglich, da das FG sich mit der angeblichen geschäftsleitenden Holdingfunktion der vom FG Beigeladenen nicht befaßt hat und somit auch in bezug auf sie keinen Rechtssatz aufgestellt hat.

2. Im übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Das FG ist bei seiner Entscheidung nicht von den von der Klägerin bezeichneten Rechtssätzen des BFH zu den Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung i. S. des § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes i. V. m. § 14 Nr. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes abgewichen.

a) Im Urteil in BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740 hat der beschließende Senat sinngemäß ausgeführt: Die wirtschaftliche Eingliederung als Organgesellschaft setze voraus, daß das herrschende Unternehmen (Organträger) eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfalte, die durch den Betrieb der Organgesellschaft gefördert werde und im Rahmen des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung sei. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, müsse nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden. Dabei sei die Entwicklung während mehrerer Jahre zu berücksichtigen. Eine Organschaft dürfe nicht deshalb verneint werden, weil die wirtschaftliche Eingliederung zu Beginn nur unvollkommen angelegt gewesen sei und sich erst in der Folgezeit -- dem ursprünglichen Plan entsprechend -- verstärkt habe.

Das FG-Urteil enthält keinen davon abweichenden Rechtssatz. Zwar hat das FG ausgeführt, Planungen, die das Gesamtbild der Verhältnisse später einmal tatsächlich bestimmen sollen, könnten bis zu ihrer Verwirklichung nicht berücksichtigt werden. Daß bereits bloße Planungen, mit deren Verwirklichung noch nicht begonnen wurde, zu berücksichtigen sind, läßt sich dem Urteil in BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740 nicht entnehmen. Auch nach ihm setzt eine Organschaft vielmehr voraus, daß die wirtschaftliche Eingliederung zumindest in Ansätzen bereits besteht.

b) Nach dem BFH-Urteil vom 21. Januar 1976 I R 21/74 (BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389) schließt die Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers nach Art einer bloßen Geschäftsabteilung ein gewisses Maß wirtschaftlicher Selbständigkeit der Organgesellschaft nicht aus. Mit diesem Rechtssatz steht der vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Rechtssatz in Einklang, die Organgesellschaft müsse den gewerblichen Zwecken des Organträgers dienen, d. h. im Sinne einer eigenen wirtschaftlichen Unselbständigkeit die gewerblichen Zwecke des Organträgers fördern und ergänzen und dabei nach Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung des Organträgers auftreten. Die vom FG geforderte wirtschaftliche Unselbständigkeit des Organgesellschaft bezieht sich erkennbar nur auf die Tätigkeiten, durch die die Organgesellschaft den gewerblichen Zwecken des Organträgers dient. Das FG hat nicht die Auffassung vertreten, eine Gesellschaft könne nur dann Organgesellschaft sein, wenn sie sich auf derartige dienende Tätigkeiten beschränke.

Von der Wiedergabe des Sachverhalts und der Anträge hat der Senat in entsprechender Anwendung des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1992 (BGBl I 1993, 2236, BStBl I 1994, 100) abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421546

BFH/NV 1996, 928

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