Entscheidungsstichwort (Thema)

Nebeneinander von Ertragswert- und Sachwertverfahren nicht verfassungswidrig

 

Leitsatz (NV)

1. Die Frage nach der Verfassungswidrigkeit des Nebeneinanders von Ertragswert- und Sachwertverfahren ist auch für den Bewertungsstichtag 1. Januar 1990 als geklärt anzusehen.

2. Das bislang geltende Vermögens- und Bewertungssteuerrecht kann nach dem Beschluß des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 39, 121, BStBl II 1995, 655) -- auch soweit es mit der Verfassung nicht vereinbar sein sollte -- bis zum 31. Dezember 1996 weiterhin uneingeschränkt angewendet werden.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; BewG § 76 Abs. 1, 3 Nr. 1

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage nach der Verfassungswidrigkeit des Nebeneinanders von Ertragswert- und Sachwertverfahren ist auch für den hier streitigen Bewertungsstichtag 1. Januar 1990 als geklärt anzusehen.

Gemäß § 76 Abs. 3 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) ist das Sachwertverfahren bei solchen Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern anzuwenden, die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von den nach § 76 Abs. 1 BewG zu bewertenden Ein- und Zweifamilienhäusern unterscheiden. Eine solche Gestaltung hat der erkennende Senat darin gesehen, daß bei einem Einfamilienhaus die Wohnfläche rund 220 qm oder mehr beträgt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Februar 1986 II R 192/78, BFHE 146, 96, BStBl II 1986, 320). Gegen die unterschiedlichen Bewertungsmethoden bestehen auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht keine Bedenken (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 10. Februar 1987 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BVerfGE 74, 182, BStBl II 1987, 240). Mit der Zweigleisigkeit des Bewertungsverfahrens soll gerade dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes entsprochen werden, da die Anwendung eines nur für eine Grundstücksgruppe zutreffenden Verfahrens auch auf die andere Gruppe die Gleichmäßigkeit der Besteuerung eher in Frage stellen würde als die gesonderte Anwendung eines nur die jeweilige Grundstücksgruppe zutreffenden Verfahrens (vgl. Senatsbeschluß vom 25. März 1992 II B 107/91, BFH/NV 1992, 795, 796). Denn eine übliche Jahresrohmiete läßt sich zwar für die meisten, aber nicht für alle Einfamilienhäuser oder Zweifamilienhäuser verhältnismäßig unschwer ermitteln oder anhand ausreichender Kriterien vermieteter Vergleichsobjekte schätzen.

Diese prinzipiellen Überlegungen gelten nach wie vor, obwohl den Klägern zuzugeben ist, daß sich die Wohnverhältnisse in der Zeit zwischen dem letzten Hauptfeststellungszeitpunkt 1. Januar 1964 und dem hier maßgeblichen Bewertungsstichtag 1. Januar 1990 verändert haben. Diese Veränderungen der Verhältnisse mögen auch dazu geführt haben, daß Ein- bzw. Zweifamilienhäuser, deren übliche Jahresmiete im Jahre 1964 nur schwer zu ermitteln oder zu schätzen waren, unter heutigen Maßstäben ohne weiteres im Ertragswertverfahren bewertet werden könnten. Das trifft aber auf das Objekt der Kläger, welches nach den Feststellungen des Finanzgerichts eine Wohnfläche von 264 qm aufweist, nicht zu.

Im übrigen hat das BVerfG in seinem Beschluß vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 39, 121, BStBl II 1995, 655) zum Ausdruck gebracht, daß das bislang geltende Vermögens- und Bewertungssteuerrecht -- auch soweit es mit der Verfassung nicht vereinbar ist -- bis zum 31. Dezember 1996 weiterhin uneingeschränkt angewendet werden kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423701

BFH/NV 1997, 98

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