Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskosten bei Kostentragung durch Rechtsschutzversicherung - nachträgliche Schuldzinsen für zwangsversteigertes Grundstück - Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage wegen Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

1. Im Beschwerdeverfahren wegen abgelehnter Prozeßkostenhilfe ist dem BFH eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussicht einer Klage verwehrt.

2. Soweit Prozeßkosten, die dem Grunde nach zu den Werbungskosten gehören, von einer Rechtsschutzversicherung getragen werden, kann sie der Steuerpflichtige nicht als Werbungskosten abziehen.

3. Nach der BFH-Rechtsprechung sind Schuldzinsen für ein Mietwohngrundstück, woran der Steuerpflichtige bereits vor Jahren das Eigentum im Wege der Zwangsversteigerung verloren hat, weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastung abziehbar.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1; EStG § 9 Abs. 1, § 33

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 19.06.1991; Aktenzeichen 2 BvR 906/91)

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) - Eheleute - begehren vor dem Finanzgericht (FG) für das Streitjahr 1985 den Abzug weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Prozeßkosten von . . . DM) und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Prozeßkosten von . . . DM und . . . DM Schuldzinsen). Weiterhin haben sie den Antrag gestellt, die Androhung eines Zwangsgeldes für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 1986 für rechtswidrig zu erklären. Das FG hat über die Klage noch nicht entschieden.

Zur Führung des Prozesses haben die Antragsteller die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt, ohne eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen. Das FG hat den Antrag abgelehnt, weil es der Klage jedenfalls an einer hinreichenden Erfolgsaussicht fehle.

Die Prozeßkosten für mehrere Arbeitsrechtsstreitigkeiten und ein zivilgerichtliches Verfahren gegen den Verkäufer zweier Eigentumswohnungen seien im Hinblick darauf nicht als Werbungskosten abziehbar, da keine Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entstanden seien, da alle Kosten die Rechtsschutzversicherung der Antragsteller getragen habe.

Die Schuldzinsen für ein Darlehen bei der . . .-Bank seien mangels Nachweises des Zusammenhangs mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Im übrigen sei dieses Grundstück bereits im Jahre 1978 zwangsversteigert worden, so daß die im Streitjahr gezahlten Schuldzinsen nicht mehr als Werbungskosten abziehbar seien (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373).

Die gegen die Androhung des Zwangsgeldes gerichtete Klage sei als Feststellungsklage unzulässig, da ein Feststellungsinteresse der Kläger nach Abgabe der Einkommensteuererklärung 1986 nicht mehr vorliege.

Mit ihrer Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, machen die Antragsteller geltend, ihre Klage habe hinreichende Aussicht auf Erfolg. In dem Klageverfahren sollten schwierige, ungeklärte Rechtsfragen beantwortet werden, über die im Verfahren über die Prozeßkostenhilfe noch nicht zu entscheiden sei. Den Zusammenhang der Schuldzinsen mit den Einkünften aus ihrem Mietwohngrundstück hätten sie bereits bei den Einkommensteuerveranlagungen früherer Jahre nachgewiesen. Die Rechtsauffassung des BFH, Schuldzinsen, die nach Beendigung der Vermietung und Verpachtung anfallen, könnten nicht als Werbungskosten abgezogen werden, sei in der Literatur auf heftige Kritik gestoßen. Hilfsweise seien die Schuldzinsen wegen der lang anhaltenden Arbeitslosigkeit des Antragstellers als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.Die Antragsteller beantragen sinngemäß, ihnen unter Aufhebung des FG-Beschlusses Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.

Das Finanzamt (FA) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

1. Für das Verfahren hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH nicht der erkennende Senat, sondern der VII. Senat zuständig (vgl. Nr. 2 e der Zuständigkeit des VII. Senats i. V. m. Nr. III 2 der Ergänzenden Regelungen des Geschäftsverteilungsplans 1990, BStBl II 1990, 139). Das Verfahren war daher insoweit von dem vorliegenden Verfahren abzutrennen (§ 121, § 73 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und an den VII. Senat abzugeben.

2. Im übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Der Senat kann die Frage offenlassen, ob die Beschwerde schon deshalb erfolglos sein muß, weil die Antragsteller ihrem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt haben (§ 142 FGO i. V. m. §§ 114, 117 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Die Beschwerde ist jedenfalls deshalb ohne Erfolg, weil davon ausgegangen werden kann, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung - wie vom FG zutreffend entschieden - keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß dem Senat eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen die abgelehnte Prozeßkostenhilfe verwehrt ist (Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozeßordnung, 48. Aufl., § 114 Anm. 7 A).

Die Prozeßkosten, die dem Antragsteller bei der Führung verschiedener zivilgerichtlicher Verfahren entstanden sind, können nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Selbst wenn die Kosten der einzelnen Prozesse unter dem Gesichtspunkt des sog. Drittaufwands (vgl. dazu Schmidt / Drenseck, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., § 9 Anm. 2 n) dem Grunde nach den Werbungskosten zuzurechnen wären, so müßten andererseits auch die von der Rechtschutzversicherung geleisteten Zahlungen als steuerpflichtige Einnahmen erfaßt werden. Denn Versicherungsleistungen, die Werbungskosten ersetzen sollen, zählen insoweit zu den steuerpflichtigen Einnahmen (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7. August 1985 1 BvR 707/85, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1987, 34, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz 1975, § 12 Nr. 1, Rechtsspruch 26, sowie BFH-Urteile vom 29. Juni 1982 VIII R 6/79, BFHE 136, 238, BStBl II 1982, 755, zur Erstattung von Vorsteuerbeträgen, und vom 30. Oktober 1964 VI 346/61 U, BFHE 81, 188, BStBl III 1965, 67, zur Erstattung von Grundsteuer). Da die Prozeßkosten nach dem ursprünglichen Vortrag der Antragsteller in vollem Umfang von der Versicherung übernommen worden sind, würden sich die zuzurechnenden Werbungskosten und die gegenzurechnenden Einnahmen betragsmäßig ausgleichen. Der Vortrag im Beschwerdeverfahren, die Prozeßkosten seien nicht ,,voll", sondern nur überwiegend von der Rechtsschutzversicherung übernommen worden, ist zu wenig substantiiert, um daraus, zumindest teilweise, eine Erfolgsaussicht der Klage herleiten zu können.

Das FG hat rechtsfehlerfrei hinreichende Erfolgsaussicht der Klage auch insoweit verneint, als der Werbungskostenabzug für die nachträglich aufgewendeten Schuldzinsen erstrebt wird. Denn der Senat hat sich dem BFH-Urteil in BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373 bereits angeschlossen. Im von den Antragstellern erwähnten Revisionsverfahren IX R 13/87 hat der Senat mit dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 20. Februar 1990 zu dieser Frage nicht Stellung genommen.

Die Schuldzinsen sind auch nicht als außergewöhnliche Belastung i. S. von § 33 EStG abziehbar. Eine außergewöhnliche Belastung kommt insoweit nur in Betracht, wenn die der Schuldaufnahme zugrunde liegenden Aufwendungen zwangsläufig waren (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745). Dafür ist hier nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63021

BFH/NV 1991, 164

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