Entscheidungsstichwort (Thema)

Rüge mangelnder Sachaufklärung

 

Leitsatz (NV)

1. Ist der Kläger den Aufforderungen des Gerichts, den streitgegenständlichen Sachverhalt darzustellen und zu belegen, nicht nachgekommen, hat er in seiner Rüge mangelnder Sachaufklärung substantiiert auszuführen, aus welchen Gründen sich dem Gericht dennoch eine bestimmte Art der Sachaufklärung und Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.

2. Die Rüge, das Gericht habe seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrundegelegt, ist mit der pauschalen Behauptung, ein bestimmter Schriftsatz des Klägers sei übergangen worden, nicht schlüssig begründet.

 

Normenkette

FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) hat die Übertragung von zwei Grundstücken auf die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) durch deren Sohn gemäß §3 Abs. 1 Nr. 2, §7 des Anfechtungsgesetzes angefochten und die Klägerin mit Duldungsbescheid verpflichtet, wegen der Steuerschulden ihres Sohnes die Zwangsvollstreckung in die Grundstücke zu dulden. Im außergerichtlichen Verfahren hatte der Bausachverständige des FA die Grundstückswerte für das Grundstück A-Straße mit 240 000 DM und B-Weg mit 40 000 DM ermittelt und festgestellt, daß die noch nicht löschungsreifen Grundschulden laut notariellem Vertrag vom 3. Februar 1992 nur mit rund 172 000 DM valutiert waren. Die Klage, mit der die Klägerin geltend gemacht hat, die Valuten der eingetragenen Grundschulden überstiegen bei weitem den Verkehrswert der Grundstücke, wurde abgewiesen, u. a. weil die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Finanzgerichts (FG) -- zuletzt unter Fristsetzung gemäß §79 b der Finanzgerichtsordnung (FGO) -- nicht dargestellt und belegt hatte, wem näher bezeichnete Rechte aus den Grundpfandrechten zustanden und in welcher Höhe die Grundschulden valutiert waren.

 

Entscheidungsgründe

II. Die auf den Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung wegen Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§115 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. §76 FGO) gestützte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision durch das FG ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den formellen Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht.

Wird die Rüge mangelnder Sachaufklärung infolge Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Gerichts erhoben, muß in der Beschwerdeschrift dargelegt werden, welche Tatsachen aufklärungsbedürftig sind, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben hat, warum der Beschwerdeführer -- sofern er durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war -- nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum diese Beweiserhebung sich dem FG -- auch ohne besonderen Antrag -- als erforderlich hätte aufdrängen müssen, inwieweit die als unterlassen gerügte Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung durch das FG hätte führen können und schließlich warum dieser Mangel nicht bereits in der Vorinstanz gerügt worden ist (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, Rz. 228 f., m. w. N.; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. April 1994 V B 164/93, BFH/NV 1995, 883, m. w. N., und vom 5. Juni 1991 II B 180/90, BFH/NV 1992, 397).

Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdeschrift nicht. Soweit die Beschwerde rügt, das FG hätte zusätzlich zu dem bereits vorliegenden Verkehrswertgutachten ein weiteres Sachverständigengutachten einholen und durch Anforderung der einschlägigen Grundbuchauszüge vom Grundbuchamt des Amtsgerichts sowie durch Kontaktaufnahme mit den Gläubigern klären müssen, wie hoch die näher bezeichneten Grundschulden valutiert gewesen sind, fehlt es an der Angabe, warum die Klägerin, obwohl sie bis zur Mandatsniederlegung durch ihren Prozeßbevollmächtigten -- erst kurze Zeit vor der Durchführung des Termins zur mündlichen Verhandlung -- fachkundig vertreten war, entsprechende Beweisanträge vor dem FG nicht gestellt hat. Die Beschwerde legt auch nicht dar, weshalb sich dem Gericht die oben beschriebene Art der Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, nachdem es die insoweit gemäß §76 Abs. 1 Satz 2 FGO zur Mitwirkung verpflichtete Klägerin mehrfach -- zuletzt unter Setzung einer Ausschlußfrist gemäß §79 b FGO -- aufgefordert hatte, darzustellen und zu belegen, wem die Rechte aus den näher bezeichneten, auf den Grundstücken eingetragenen Grundpfandrechten zustanden und in welcher Höhe die Grundschulden am Stichtag 3. Februar 1992 valutiert waren. Soweit die Beschwerde ausführt, der Klägerin sei infolge starker familiärer Belastungen die von dem Gericht geforderte Sachaufklärung nicht zumutbar gewesen, ist daraus nicht ersichtlich, daß und aus welchen Gründen es auch für den Prozeßvertreter der Klägerin unzumutbar gewesen sein soll, die geforderten Daten zu beschaffen und dem Gericht vorzulegen. Die Beschwerde verkennt im übrigen, daß die Klägerin im Rahmen der Sachaufklärung nicht in Verhandlungen mit den Gläubigern bzw. Gläubigerbanken eintreten, sondern lediglich eine Bestätigung über die Höhe der Valutierungen der Grundschulden vorlegen sollte und daß ihr vom Gericht hierfür ausreichend Fristen eingeräumt worden sind. Darüber hinaus legt die Beschwerde nicht dar, zu welchen Ergebnissen weitere Ermittlungen des FG geführt hätten und von welchen Valutierungen das FG bei der angemahnten gehörigen Sachaufklärung hätte ausgehen müssen.

Sofern mit dem Vorbringen der Beschwerde, das Gericht habe den Schriftsatz des Prozeßvertreters der Klägerin vom 25. Juni 1997 bei der Entscheidungsfindung inhaltlich nicht ausreichend berücksichtigt und ausgewertet, ein Verstoß gegen §96 Abs. 1 Satz 1 FGO, der das Gericht verpflichtet, seine Entscheidung auf der Grundlage des Gesamtergebnisses des Verfahrens zu treffen, geltend gemacht werden sollte, ist die Rüge nicht schlüssig erhoben. Dazu hätte sich die Beschwerde nicht auf die pauschale Behauptung, der Schriftsatz sei übergangen worden, beschränken dürfen. Die Beschwerdeschrift hätte vielmehr konkret darlegen müssen, welche Aussagen das FG bei seiner Entscheidungsfindung nicht beachtet hat und inwiefern diese Aussagen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (BFH-Beschluß vom 19. Juli 1996 VIII B 37/95, BFH/NV 1997, 124).

Schließlich wendet sich die Klägerin im Kern gegen die finanzgerichtliche Sachverhaltswürdigung. Damit ist eine Verfahrensrüge i. S. von §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht in schlüssiger Weise erhoben worden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

 

Fundstellen

Haufe-Index 302872

BFH/NV 1999, 54

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