Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erfolgsaussicht einer Anfechtungsklage, wenn das FA nachgibt und die Steuer herabsetzt; Berücksichtigung früherer Erwerbe - keine Wiederaufrollung der Veranlagung der früheren Erwerbe

 

Leitsatz (NV)

Gibt das FA bei Erhebung einer Anfechtungsklage durch Herabsetzung der Steuer nach und lehnt das FG den Antrag auf Gewährung von PKH für die Klage ab, so muß der beschwerdeführende Antragsteller im Beschwerdeverfahren darlegen, weshalb er seinen Antrag trotzdem weiterverfolgt.

Berücksichtigt das FA gemäß § 14 ErbStG 1974 eine Vorschenkung, so bedeutet das nicht, daß die bestandskräftige Veranlagung der Vorschenkung wieder aufgerollt und nachträglich wieder anfechtbar wird.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114; ErbStG 1974 § 14

 

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Klage vor dem Finanzgericht (FG).

1. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 6. April 1979 (Vertrag I) erwarb die Antragstellerin von Frau A. S. einen Erbanteil (am Nachlaß der Mutter der Frau A. S., der nur noch aus dem halben Miteigentumsanteil an einem Wohnhausgrundstück bestand.

Diese Erbteilsübertragung hatte nach Ziffer 2 des Vertrags ihren Grund darin, daß die Antragstellerin ,,Frau A. S. seit einem Jahr in gesunden und kranken Tagen gepflegt und betreut hat und sich in dieser Urkunde auch für die Zukunft verpflichtet, diese Dienstleistungen weiterhin zu erbringen."

Mit Bescheid vom 2. Juli 1979 (Steuerbescheid I) setzte der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) nach Steuerklasse IV gegen die Antragstellerin 6 340 DM Schenkungssteuer fest, berechnet nach 140 % des halben Einheitswertes des Grundstückes (34 720 DM) ./. des Freibetrages von 3 000 DM nach § 16 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974. Die gesamte Steuer stundete das FA gemäß § 25 Abs. 1 Buchst. b. ErbStG 1974 a. F. Die Antragstellerin bezahlte den vom FA errechneten Ablösungsbetrag (3 915,58 DM).

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 20. November 1979 (Vertrag II) erwarb die Antragstellerin von Frau A. S. auch die andere Hälfte des vorgenannten Nachlasses; Frau A. S. hatte diese inzwischen von ihrer Schwester K. S. geerbt. Die Übertragung hatte nach dem Inhalt der notariellen Urkunde ,,denselben Rechtsgrund, wie er in Ziffer 2 (des Vertrags I) näher dargelegt ist". Außerdem räumte die Antragstellerin Frau A. S. eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnrecht) ein.

Mit Bescheid vom 20. November 1980 (Steuerbescheid II) setzte das FA für diesen Erwerb gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest, berechnet nach 140 % des halben Einheitswertes des Grundstückes zuzüglich der unter 1 genannten Vorschenkung. Nach Anrechnung der für die Vorschenkung (Vertrag I) festgesetzten Steuer (6 340 DM) verblieb eine Steuer von 8 268 DM.

Den Einspruch der Antragstellerin gegen den Steuerbescheid II wies das FA am 9. April 1981 zurück. Die Übertragung des Erbanteils sei zwar eine gemischte Schenkung. Die Gegenleistung der Antragstellerin sei aber schon bei der Festsetzung der Steuer in dem Steuerbescheid I berücksichtigt worden. Sie könne sich daher jetzt nicht nochmals steuermindernd auswirken.

3. Mit ihrer - durch Prozeßbevollmächtigte erhobenen - Klage hat die Antragstellerin beantragt, den Steuerbescheid II (vom 20. November 1980) sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 9. April 1981 aufzuheben. In der Klagebegründung heißt es, zumindest sei der Bescheid vom 20. November 1980 aufzuheben. ,,Das gleiche gilt u. E. für den Bescheid vom 6. April 1979, so daß die damals und in Unkenntnis von der Klägerin gezahlten Steuern zurückgezahlt werden müssen. Die Beklagte hat nämlich im angefochtenen Bescheid eine einheitlicheVersteuerung gewählt, die beiden Teilakte zu einem Schenkungstatbestand zusammengezogen und frühere Leistungen in Ansatz gebracht."

Im Verlauf des Klageverfahrens hat das FA zunächst den Steuerbescheid II am 2. Juli 1984 gemäß § 172 der Abgabenordnung 1977 berichtigt und die Steuer auf 3 480 DM herabgesetzt. Die Antragstellerin hat beantragt, diesen Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

Anschließend hat das FA (mit Schriftsatz vom 28. August 1985) mitgeteilt, daß es die Steuer noch weiter, nämlich auf 20 DM herabzusetzen beabsichtige. Mit dieser - angekündigten oder vollzogenen - Herabsetzung der Steuer berücksichtigte das FA zusätzlich von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Vertrag II übernommene Verbindlichkeiten. Denn die Klägerin und Frau A. S. hatten sich am 21. Juli 1983 durch Vergleich vor dem Verwaltungsgericht als Gesamtschuldner verpflichtet, in monatlichen Raten von 1 000 DM an die Stadt. 47 500 DM zu zahlen. Diese Kosten waren durch Krankenhausbehandlung der Frau K. S., von welcher der mit dem Vertrag II von der Antragstellerin erworbene Anteil stammte, entstanden.

4. Für die vorgenannte Klage begehrt die Antragstellerin Prozeßkostenhilfe. Das FG hat diesen Antrag abgelehnt und der Beschwerde der Antragstellerin hiergegen nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Ob die Antragstellerin die Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht aufbringen kann, mag offenbleiben. Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 117 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hätte sie ihrem Antrag eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beifügen müssen. Ihre Prozeßbevollmächtigten hatten in dem Schriftsatz vom 9. Oktober 1981 an das FG versprochen, eine solche Erklärung nachzureichen. Diese befindet sich aber nicht bei den dem Senat vorliegenden Akten.

2. Jedenfalls bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 ZPO), nachdem das FA die in dem Steuerbescheid II festgesetzte Steuer bis auf 20,- DM ermäßigen will.

Die Prozeßbevollmächtigten nehmen lediglich, ,,um Wiederholungen zu vermeiden, . . . zur Begründung Bezug auf den bisherigen Vortrag der Antragstellerin". Dem Sinn und Zweck des Vertretungszwanges nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) hätte es entsprochen, daß die Prozeßbevollmächtigten sich mit den Gründen der FG-Entscheidung auseinandersetzten und darlegten, weshalb sie mit diesen Gründen nicht einverstanden sind. Das gilt umso mehr, als das FA inzwischen angekündigt hatte, es werde die in dem Steuerbescheid II festgesetzte (und durch den Berichtigungsbescheid vom 2. Juli 1984 ermäßigte) Steuer auf 20 DM herabsetzen. Damit sind die Verbindlichkeiten, welche die Antragstellerin im Zusammenhang mit dem Vertrag II übernommen hatte, steuermindernd berücksichtigt worden und es ist nicht ersichtlich, welches weiterreichende Ziel hinsichtlich des Steuerbescheides II die Antragstellerin mit ihrer Klage noch erreichen will.

Eine Änderung des Steuerbescheides I kann die Antragstellerin nicht mehr erreichen. Zwar meinen die Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin im letzten Absatz ihrer Klageschrift vom 21. April 1981, daß ihres Erachtens auch der Steuerbescheid vom 6. April 1979 (gemeint ist offenbar der auf Grund des Vertrags I vom 6. April 1979 ergangene Steuerbescheid I) aufzuheben sei. Dieser Bescheid wird aber im Klageantrag nicht genannt. Außerdem ist er bestandskräftig, worauf die Prozeßbevollmächtigten schon durch das Schreiben des Senatsvorsitzenden des FG vom 17. Juli 1985 hingewiesen worden waren. Unzutreffend ist die in der Klagebegründung geäußerte Ansicht der Prozeßbevollmächtigten, das FA habe ,,im angefochtenen Bescheid eine einheitliche Versteuerung gewählt (und) die beiden Teilakte zu einem Schenkungstatbestand zusammengezogen". Die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe gemäß § 14 ErbStG 1974 soll nur verhindern, daß mehrere Teilerwerbe gegenüber einem einheitlichen Erwerb steuerlich begünstigt werden. Sie läßt aber nicht bereits bestandskräftige vorangegangene Steuerbescheide nachträglich wieder anfechtbar werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415936

BFH/NV 1990, 53

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