Entscheidungsstichwort (Thema)

Tatrichterliche Beurteilung eines häuslichen Arbeitszimmers im Einzelfall

 

Leitsatz (NV)

1. Es ist keine im allgemeinen Interesse zu klärende Rechtsfrage, ob ein Raum im Einzelfall so von der übrigen Wohnung abgegrenzt ist, dass er in baulicher Hinsicht häusliches Arbeitszimmer sein kann.

2. Für die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer ist es ohne Belang, ob der betreffende Raum Betriebsstätte i.S. von § 12 AO ist.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b; AO § 12

 

Verfahrensgang

Sächsisches FG (Urteil vom 06.11.2008; Aktenzeichen 1 K 1692/06)

 

Gründe

Rz. 1

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) oder wegen Verfahrensmängeln der angefochtenen Entscheidung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.

Rz. 2

1. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ist erforderlich, wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist, insbesondere, wenn der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41, m.w.N.).

Rz. 3

Anders ist es im Streitfall: ob ein Raum nach den baulichen Gegebenheiten so von der übrigen Wohnung abgegrenzt ist, dass er einkommensteuerrechtlich als häusliches Arbeitszimmer(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG) gelten kann, wirft keine im allgemeinen Interesse zu klärende abstrakte Rechtsfrage auf; vielmehr geht es dabei um Tatsachenwürdigung im konkreten Einzelfall.

Rz. 4

2. Die geltend gemachte Divergenz zwischen dem angefochtenen Urteil und dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 2003 IX R 17/99 (BFH/NV 2003, 1045) besteht nicht, der Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO ist deshalb nicht gegeben. Das Urteil des BFH befasst sich mit der persönlichen Zurechnung von Vermietungseinkünften bei mehreren Miteigentümern, während das Finanzgericht (FG) im Streitfall Vermietungseinkünfte gerade verneint hat. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben im Übrigen keine abstrakten Rechtssätze gegenübergestellt, aus denen ersichtlich wäre, dass das FG in entscheidungserheblicher Weise von der Entscheidung des BFH abgewichen ist.

Rz. 5

3. Nach Auffassung der Kläger soll es sich bei dem streitgegenständlichen Raum um eine Betriebsstätte gehandelt haben. In diesem Punkt ist die von den Klägern gerügte Divergenz des angefochtenen Urteils zu dem BFH-Urteil vom 28. Juli 1993 I R 15/93 (BFHE 172, 301, BStBl II 1994, 148) nicht zu verzeichnen. In dem Urteil befasste sich der BFH mit dem Ort der Geschäftsleitungsbetriebsstätte eines im Ausland wohnenden Markthändlers. Seither ist durch mehrere Entscheidungen des BFH geklärt, dass es für die Qualifizierung als "häusliches Arbeitszimmer" ohne Bedeutung ist, ob der betreffende Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 der Abgabenordnung darstellt (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775; Senatsbeschluss vom 29. April 2009 VIII B 149/08, juris).

Rz. 6

4. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf dem von den Klägern gerügten Verfahrensmangel ungenügender Sachverhaltsaufklärung. Nach der Tatbestandswürdigung, die keine Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze erkennen lässt, und dem maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des FG musste sich diesem die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht nach § 76 FGO nicht aufdrängen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. November 2006 VI B 79/06, BFH/NV 2007, 266, m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2288344

BFH/NV 2010, 431

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