Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittelbelehrung ist im Zusammenhang mit den Entscheidungsgründen zu lesen

 

Leitsatz (NV)

1. Enthält die Rechtsmittelbelehrung des Finanzgerichts alternative Ausführungen, je nachdem, ob die Revision zugelassen wird oder nicht, so ist sie jedenfalls dann nicht ,,unrichtig erteilt" i. S. des § 55 Abs. 2 FGO, wenn sich aus dem Zusammenhang mit den Entscheidungsgründen ergibt, welche der Alternativen zutrifft.

2. Ist die Revision mangels Zulassung durch den BFH als unzulässig verworfen worden, so beginnt die Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich einer ggf. noch einzulegenden Nichtzulassungsbeschwerde spätestens mit der Zustellung des die Revision verwerfenden Beschlusses.

 

Normenkette

FGO § 55 Abs. 2, § 56 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) mit Urteil vom 25. Juni 1986 XI K 375/85, das dem Kläger am 14. Juli 1986 zugestellt wurde, ab. In dem Urteil war die Zulassung der Revision nicht ausgesprochen. In der Rechtsmittelbelehrung des FG-Urteils heißt es unter 1., daß den Beteiligten gegen das Urteil die Revision zustehe, ,,wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof die Revision zugelassen hat". Außerdem ist dort auf die zulassungsfreie Revision nach § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hingewiesen. Unter 2. der Rechtsmittelbelehrung ist ausgeführt, daß die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde angefochten werden könne.

Der Kläger legte gegen dieses Urteil fristgemäß Revision ein. Diese wurde mit Beschluß des V. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. November 1986 V R 79/86 (BFH/NV 87, 107) als unzulässig verworfen. Der Senat begründete seine Entscheidung damit, daß gegen das FG-Urteil nur die Nichtzulassungsbeschwerde oder die nach § 116 FGO zulassungsfreie Revision gegeben gewesen wäre, daß der Kläger aber nicht diese Rechtsmittel eingelegt habe. Der BFH wies weiter darauf hin, daß die Rechtsmittelbelehrung im FG-Urteil nicht fehlerhaft gewesen sei. Die Entscheidung V R 79/86 wurde am 12. Dezember 1986 an den Kläger abgesandt.

Mit einem am 14. Juli 1987 beim FG eingegangenen Schriftsatz legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil vom 25. Juni 1986 XI K 375/85 mit der Begründung ein, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Gleichzeitig beantragte er für die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dazu führte er aus, die Rechtsmittelbelehrung sei irreführend gewesen. Es sei unklar, ob unmittelbar Revision zulässig sei, weil auf sie hingewiesen worden sei, oder die Nichtzulassungsbeschwerde, weil auch über diese belehrt worden sei.

Mit einem ergänzenden Schriftsatz weist der Kläger darauf hin, daß auch die Mitarbeiter in seinem Steuerberaterbüro zunächst davon ausgegangen seien, daß die Revision zulässig sei; sonst wäre die Nummer 1 der Rechtsmittelbelehrung nicht verständlich.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Der Kläger hat die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) versäumt.

Es spricht zwar manches dafür, daß unterschiedliche Rechtsmittelbelehrungen erteilt werden sollten, je nachdem, ob die Revision zugelassen worden ist oder nicht (vgl. Anmerkung in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1987, 352). Die im vorliegenden Verfahren erteilte Rechtsmittelbelehrung ist indessen nicht ,,unrichtig" erteilt, so daß der Kläger nicht die Frist des § 55 Abs. 2 FGO beanspruchen kann.

Der Senat hat bereits in dem Beschluß vom 13. November 1986 V R 79/86 entschieden, daß die vorliegende Rechtsmittelbelehrung nicht fehlerhaft ist. Die Rechtsmittelbelehrung muß in Zusammenhang mit der Entscheidung des FG gelesen werden. Aus dieser Entscheidung ergibt sich aber, daß das FG die Revision ausdrücklich nicht zugelassen hat und daß sie deshalb nicht zugelassen ist. Mithin war, wie sich aus Nummer 1 der Rechtsmittelbelehrung weiter ergibt, nur die zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO oder die Revision aufgrund einer Zulassung nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde statthaft. Bei verständiger Durchsicht der Rechtsmittelbelehrung war es somit nicht zweifelhaft, daß der Kläger nur mit einer Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg haben könnte, wenn er - wie es hier der Fall war - keine wesentlichen Verfahrensmängel i. S. des § 116 FGO geltend machen wollte.

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger die Wiedereinsetzung verspätet beantragt hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO).

Nach der zuletzt bezeichneten Vorschrift ist der Wiedereinsetzungsantrag ,,binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen". Im vorliegenden Fall mußte dem Kläger spätestens durch die Entscheidung des Senats vom 13. November 1986 V R 79/86 klar sein, welches Rechtsmittel gegen das FG-Urteil XI K 375/85 statthaft ist. Mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Senats ist also das ,,Hindernis" - die unzutreffende Beurteilung der Rechtsmittelbelehrung durch den Kläger - weggefallen. Da der BFH-Beschluß V R 79/86 aber am 12. Dezember 1986 an den Kläger abgesandt worden ist, war die Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO bei Einlegung der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde am 14. Juli 1987 längst abgelaufen. Der Kläger kann sich insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, wie das in seinem Schriftsatz vom 23. November 1987 geschehen ist, er habe den BFH-Beschluß vom 13. November 1986 V R 79/86 nicht zu überprüfen brauchen. Ihm und seinen Mitarbeitern mußte spätestens nach Bekanntgabe des zuletzt bezeichneten BFH-Beschlusses klar sein, daß gegen das FG-Urteil vom 25. Juni 1986 XI K 375/85 nur eine Nichtzulassungsbeschwerde statthaft ist. Wenn er gleichwohl erst am 14. Juli 1987 die vorliegende Beschwerde eingelegt hat, so hat er in jedem Fall die Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO schuldhaft versäumt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415482

BFH/NV 1988, 787

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