Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (NV)

Nach ständiger Rechtsprechung kann bei Beteiligung rechtskundiger Prozessvertreter die Versäumung der Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels ‐ hier einer Nichtzulassungsbeschwerde ‐ nur dann als entschuldigt angesehen werden, wenn sie durch die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten muss sich der Verfahrensbeteiligte als eigenes Verschulden zurechnen lassen.

 

Normenkette

BGB § 188 Abs. 2; FGO § 53 Abs. 2, § 54 Abs. 2, § 56 Abs. 1, 2 S. 1, § 116 Abs. 1, 2 S. 1; ZPO § 85 Abs. 2, § 172 Abs. 1 S. 1, §§ 182, 222 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf (Urteil vom 30.06.2006; Aktenzeichen 17 K 4830/05 F)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Beschwerde ist verspätet eingelegt worden. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben weder Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist beantragt noch sind Gründe, die ein Verschulden i.S. von § 56 Abs. 1 FGO ausschließen, ersichtlich.

1. Nach § 116 Abs. 1 FGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen. Das Urteil wurde dem Prozessvertreter der Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde gemäß § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 172 Abs. 1 Satz 1, § 182 der Zivilprozessordnung (ZPO) am 4. Juli 2006 zugestellt. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde lief danach am Freitag, den 4. August 2006 ab (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO und § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Ausweislich des Eingangsstempels ist die Beschwerdeschrift erst am Montag, den 7. August 2006, und damit verspätet, beim BFH eingegangen.

2. Wegen Versäumung der Beschwerdefrist kann den Klägern keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil ihnen das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zuzurechnen ist.

Gemäß § 56 Abs. 1 FGO kann, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist --wie im Streitfall die nicht verlängerbare Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO-- einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO). Ist die versäumte Rechtshandlung bereits nachgeholt worden, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 56 Abs. 2 Satz 4 FGO).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann bei Beteiligung rechtskundiger Prozessvertreter die Fristversäumnis nur dann als entschuldigt angesehen werden, wenn sie durch die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte (BFH‐Beschluss vom 24. Januar 2005 III B 34/04, BFH/NV 2005, 720, m.w.N.).

Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist den Klägern als ihr eigenes Verschulden zuzurechnen (§ 155 FGO i.V.m. § 84 Satz 1, § 85 Abs. 2 ZPO; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 720).

Trotz des schriftlichen Hinweises vom 8. August 2006 auf die versäumte Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Prozessbevollmächtigte keinen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Nach Aktenlage sind auch keine, ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten ausschließenden Gründe erkennbar. Besondere Sorgfaltspflichten treffen den Prozessbevollmächtigten vor allem dann, wenn er eine fristgebundene Prozesshandlung erst ---wie im Streitfall-- am Fristende vornimmt. Ausweislich des Poststempels auf dem zu den Prozessakten genommenen Briefumschlag ist die Einlegungsschrift erst am 4. August 2006 zur Post gegeben worden, so dass mit einem fristgerechten Zugang beim BFH nicht mehr gerechnet werden konnte.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1644275

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