Leitsatz (amtlich)

1. Nach dem Inkrafttreten des Kostenänderungsgesetzes 1975 ist der Kostenbeamte des BFH zum Ansatz der Kosten des Revisionsverfahrens auch zuständig, wenn die Revision vor dem Inkrafttreten des Kostenänderungsgesetzes 1975 eingelegt worden ist.

2. Wird die Aufhebung eines Steuerbescheids beantragt, bestimmt sich der Streitwert nach der festgesetzten Steuerschuld. Einbehaltene Steuerabzugsbeträge sind nicht abzuziehen.

 

Normenkette

GKG § 4; KostÄndG 1975 Art. 5 § 2 Abs. 1; FGO § 140 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Erinnerungsführerin, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, erhob gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1963 und den Gewerbesteuerbescheid 1963 Klage, mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben. Das FG wies die Klage ab. Die Erinnerungsführerin legte am 24. Mai 1972 Revision ein, mit dem Antrag, das Urteil des FG sowie den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1963 und den angefochtenen Gewerbesteuerbescheid 1963 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Nach Ergehen eines Vorbescheids und Antrag auf mündliche Verhandlung wurde das Verfahren eingestellt, da die Erinnerungsführerin mit Einwilligung des FA die Klage zurückgenommen hatte.

Der Kostenbeamte des BFH setzte in der Kostenrechnung vom 1. April 1977 die von der Erinnerungsführerin zu entrichtenden Gerichtskosten für das Verfahren vor dem BFH I R 123/72 mit 103 754 DM an. Er legte der Kostenrechnung einen Streitwert von 8 625 242 DM zugrunde, den er wie folgt berechnete:

festgesetzte Körperschaftsteuer 1963

( v o r Anrechnung der Steuer-

abzugsbeträge von 3 287 500 DM) 5 836 500,00 DM

+ festgesetzte Gewerbesteuerschuld 1963 2 788 742,50 DM

= Streitwert der Revision: 8 625 242,50 DM

Gegen diesen Kostenansatz richtet sich die Erinnerung der Erinnerungsführerin. Diese rügt zunächst, zum Kostenansatz sei nicht der Kostenbeamte des BFH, sondern der Kostenbeamte des FG zuständig gewesen (§ 147 FGO). Außerdem wendet sich die Erinnerungsführerin gegen die Höhe des dem Kostenansatz zugrunde gelegten Streitwerts. Von diesem seien die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge von 3 287 500 DM abzuziehen. Denn diese Beträge hätte sie geschuldet, auch wenn sie mit ihrer Revision durchgedrungen wäre.

Die Erinnerungsführerin beantragt, den Kostenansatz des Kostenbeamten des BFH aufzuheben oder die Kosten nach einem Streitwert von 5 337 743 DM festzusetzen.

Der Vertreter der Staatskasse beim BFH hat sich der Auffassung des Kostenbeamten des BFH angeschlossen.

 

Entscheidungsgründe

Die Errinnerung ist nicht begründet.

1. Der Kostenbeamte des BFH war zum Kostenansatz zuständig (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 des GKG). Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Gerichtskostengesetzes, des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften vom 20. August 1975 - Kostenänderungsgesetz 1975 (KostÄndG 1975) - (BGBl I, 2189, BStBl I 1975, 950) waren nach § 147 FGO die Kosten des Revisionsverfahrens beim FG anzusetzen. Diese Vorschrift wurde jedoch durch das Kostenänderungsgesetz 1975 aufgehoben und durch § 4 GKG ersetzt. Nach Art. 5 § 2 Abs. 1 KostÄndG 1975 werden die Gebühren und Auslagen nach bisherigem Recht erhoben, wenn das Rechtsmittel vor dem Inkrafttreten des Kostenänderungsgesetzes 1975 (15. September 1975) eingelegt worden ist. In der Praxis der FG und des BFH (z. B. BFH-Beschluß vom 26. Oktober 1976 VII E 3/76, BFHE 120, 158, BStBl II 1977, 41) wird die Übergangsvorschrift so verstanden, daß nur das materielle Kostenrecht (namentlich die Vorschriften über Gegenstand und Höhe der Kosten) für alte Revisionsverfahren weiter gilt, nicht aber das Verfahrensrecht des Gerichtskostengesetzes und damit auch nicht die Vorschrift darüber, bei welchem Gericht die Kosten anzusetzen sind. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Sie beruht darauf, daß bei neuen Gesetzen die schutzwürdigen Belange der Betroffenen im allgemeinen nur einer Rückwirkung des materiellen Rechts entgegenstehen, nicht dagegen einer Rückwirkung des Verfahrensrechts. Dieses ergreift in der Regel auch bereits anhängige Verfahren (vgl. BFH-Urteil vom 8. Februar 1977 VIII R 50/74, BFHE 121, 379, BStBl II 1977, 516).

2. Der Kostenbeamte des BFH hat den Streitwert richtig ermittelt. Der Streitwert bestimmt sich nach den gestellten Sachanträgen (BFH-Beschluß vom 25. August 1976 II B 25/73, BFHE 119, 405, BStBl II 1976, 685). Die Erinnerungsführerin hatte im Revisionsverfahren I R 123/72 den Antrag gestellt, den Körperschaftsteuerbescheid 1963 und den Gewerbesteuerbescheid 1963 aufzuheben. In dem angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1963 war vor Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer eine Körperschaftsteuer von 5 836 500 DM festgesetzt, im angefochtenen Gewerbesteuerbescheid 1963 war eine Gewerbesteuer von 2 788 742,50 DM festgesetzt. Der Streitwert betrug daher, wie vom Kostenbeamten des BFH angesetzt, 8 625 242,50 DM.

Die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge von 3 287 500 DM dürfen nicht abgezogen werden. Sie betreffen nicht die Höhe der Steuerschuld (vgl. § 47 EStG, § 20 KStG; BFH-Urteil vom 11. November 1966 VI R 68/66, BFHE 87, 514, BStBl III 1967, 214). Daher ist es gleichgültig, ob die Erinnerungsführerin die Steuerabzugsbeträge schuldet oder nicht schuldet. Die Frage war nicht Streitgegenstand des Revisionsverfahrens I R 123/72.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 5 Abs. 4 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 72514

BStBl II 1978, 58

BFHE 1978, 410

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