Leitsatz (amtlich)

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 115 Abs. 3 FGO ist innerhalb der Beschwerdefrist zu begründen; eine besondere Begründungsfrist oder die Möglichkeit einer Fristverlängerung sind im Gesetz nicht vorgesehen.

2. Darauf allein, daß in der Rechtsmittelbelehrung der Hinweis auf die erforderliche Darlegung der Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 FGO fehlt, kann der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gestützt werden.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 115 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin, ein eingetragener Verein, betreibt im Hauptsacheverfahren ihre vom FA und auf Klage vom FG abgelehnte Befreiung von der Körperschaftsteuer für das Streitjahr 1964 gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG. Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 300 DM. Er übersteigt damit nicht den für die Streitwertrevision nach § 115 Abs. 1 FGO erforderlichen Betrag von 1 000 DM. Das FG hat auch die Revision nicht aus einem der in § 115 Abs. 2 FGO aufgezählten Gründe zugelassen und der auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützten Beschwerde nicht abgeholfen.

Der BFH hat im Beschlußverfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden (§ 115 Abs. 5 FGO). Durch Schreiben vom 24. Juli 1968 hat der Vorsitzende des Senats die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß die Beschwerdefrist am 1. März 1968 abgelaufen war, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde erst am 11. März 1968, mithin verspätet, beim FG eingegangen sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den Voraussetzungen des § 56 FGO hingewiesen. Der entsprechende Antrag der Beschwerdeführerin ist am 6. August 1968, also innerhalb der Zweiwochen-Frist gem. § 56 Abs. 2 FGO, beim BFH eingegangen und damit begründet worden, daß die Beschwerdeführerin nicht auf die Pflicht zur Darlegung der die Grundsätzlichkeit der Rechtssache begründenden Umstände hingewiesen worden sei. Der frühere Prozeßbevollmächtigte der Beschwerdeführerin habe ihr das Urteil des FG mit dem Bemerken übersandt, daß dagegen wegen Nichtüberschreitens der Streitwertgrenze die Revision nicht zulässig sei. Angesichts der unklaren Rechtsmittelbelehrung im Urteil des FG habe die Beschwerdeführerin im Einvernehmen mit ihrem früheren Prozeßbevollmächtigten beim FG dann die Zulassung der Revision beantragt. Das FG habe mit Schreiben vom 20. Februar 1968 den Eingang des Antrags als "selbständige fristgerechte Beschwerde gem. § 115 Abs. 3 FGO" bestätigt und um Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gebeten. Da ihr, der Beschwerdeführerin, weder ein Hinweis auf die einzuhaltende Begründungsfrist noch auf § 115 Abs. 3 FGO gegeben worden sei, treffe sie an der verspäteten Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache kein Verschulden, so daß ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden müßte.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die nicht fristgerecht begründete Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Wird eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision nicht gem. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils begründet, so ist die Beschwerde unzulässig, wenn nicht unter den Voraussetzungen des § 56 FGO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird (vgl. BFH-Beschluß VI B 25/67 vom 22. September 1967, BFH 90, 101, BStBl III 1967, 787). Innerhalb der am 1. März 1968 abgelaufenen Beschwerdefrist hat die Beschwerdeführerin am 13. Februar 1968 nur beantragt, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen, da die angeführten Rechtsgründe höchstrichterlich entschieden werden sollten. Erst das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 7. März 1968 bezeichnet die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache als Revisionsgrund gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO und legt das im einzelnen dar.

Im Gegensatz zu § 120 Abs. 1 FGO, der für die Begründung der Revision einen weiteren Monat nach Ablauf der Revisionsfrist einräumt, ist in § 115 Abs. 3 FGO für die Nichtzulassungsbeschwerde weder eine weitere Begründungsfrist gegeben noch eine Fristverlängerung wie nach § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO für die Revisionsbegründung zugelassen.

Der fehlende ausdrückliche Hinweis auf das Begründungserfordernis macht die Rechtsmittelbelehrung nicht unrichtig oder unvollständig. Der erkennende Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des BVerwG zu § 132 Abs. 3 VwGO an (vgl. BVerwG-Beschlüsse I B 127/60 vom 14. Oktober 1960, Deutsches Verwaltungsblatt 1960 S. 897; VIII B 145/60 vom 30. November 1960, NJW 1961, 380; VIII B 122/60 vom 2. Februar 1961, NJW 1961, 1083; III B 25/65 vom 1. Juni 1965, StRK, Finanzgerichtsordnung, § 115, Rechtsspruch 7). Die Bitte der Geschäftsstelle des FG vom 20. Februar 1968 um Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache enthält weder eine Fristsetzung noch eine Fristverlängerung. Derartige Maßnahmen wären auch angesichts der gesetzlichen Regelung des Verfahrens für die Nichtzulassungsbeschwerde ohne rechtliche Bedeutung (vgl. Birkholz "Die Nichtzulassungsbeschwerde des § 115 Abs. 3 FGO", Rechts- und Wirtschaftspraxis, 14 Steuer-R (D), Finanzgerichtsordnung II B 4, Lfg. 666 S. 15, 17).

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Verhinderung an der Einhaltung der gesetzlichen Frist liegen nicht vor. In dem FG-Urteil zur Körperschaftsteuer-Sache 1964 ist durch die Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich auf die Anfechtung der Nichtzulassung der Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils hingewiesen worden. Die Beschwerdeführerin konnte aus der Mitteilung der Geschäftsstelle des FG vom 20. Februar 1968 nicht schließen, daß dieses Schreiben den § 115 Abs. 3 FGO nur zur Bestätigung der fristgerecht eingelegten Beschwerde angeführt, nicht jedoch auch die in der gleichen Frist notwendige Begründung angesprochen habe. Die versäumte Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde kann nicht damit entschuldigt werden, daß das FG mehr tat, als ihm nach dem Gesetz oblag, indem es den vordruckmäßigen Hinweis wegen der Einreichung von Revisionsabschriften dazu benutzte, entgegenkommenderweise an die ausstehende Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu erinnern.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67773

BStBl II 1968, 824

BFHE 1968, 410

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