Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründetheit einer auf einen Verfahrensmangel gestützten NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Die in den Einwand des Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten gekleidete Rüge kann eine Rüge der Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO sein.

2. Hat das FG seine Entscheidung auf mehrere Gründe gestützt, so muß hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegen, um die Revisionszulassung auf Grund der NZB aussprechen zu können.

 

Normenkette

FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2-5

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf diesem beruhen kann. Verfahrensmängel sind Fehler, die dem FG bei der Handhabung des Verfahrens unterlaufen, sofern durch die formal falsche Behandlung der materielle Inhalt der Entscheidung beeinflußt sein kann. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist kein Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. Beschluß des BFH vom 13. April 1976 VI B 12/76, BFHE 118, 546, BStBl II 1976, 503).

Die in den Einwand des Verstoßes gegen den klaren Inhalt der Akten gekleidete Rüge kann aber eine Rüge der Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO beinhalten (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1978 I R 131/75, BFHE 126, 379, 382, BStBl II 1979, 162). Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Insoweit könnte die Rüge ordnungsgemäß erhoben und begründet sein, doch kommt es darauf nicht an.

2. Das FG hat bei seiner Entscheidung nicht allein auf die liquiden Mittel, die zur Tilgung zur Verfügung stehen, abgehoben, sondern seine Entscheidung weiter damit begründet, daß die Erlaßablehnung auch deshalb keinen Verstoß gegen das der Finanzbehörde eingeräumte Ermessen beinhalte, weil dem Kl. zugemutet werden könnte, angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die zum Erlaß begehrten Beträge durch Kreditaufnahme zu begleichen. Es hat die Vermögensverhältnisse des Kl. dargestellt. Inwieweit der Verfahrensverstoß, den der Kl. rügt, die Entscheidung des FG auch in diesem Punkt beeinflußt haben könnte, hat der Kl. nicht schlüssig dargelegt, weil es insoweit gerade nicht auf die Liquiditätslage ankommt. Hat aber das FG seine Entscheidung auf mehrere Gründe gestützt, so muß hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegen, um die Revisionszulassung auf Grund der Nichtzulassungsbeschwerde aussprechen zu können (vgl. BFH-Beschluß vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524).

 

Fundstellen

Haufe-Index 424441

BFH/NV 1988, 785

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