Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde macht Verfahren in der Hauptsache nicht beim BFH anhängig

 

Leitsatz (NV)

1. Gericht der Hauptsache i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO wird der BFH erst mit der Einlegung einer statthaften Revision. Durch die Nichtzulassungsbeschwerde wird das Verfahren über die Hauptsache nicht beim BFH anhängig.

2. Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist stets das FG, nicht der BFH zuständig.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3 S. 1, § 114 Abs. 2 Sätze 1-2, § 115 Abs. 3 S. 1, Abs. 4, 5 S. 4

 

Tatbestand

Durch Urteil vom 3. April 1987 ist die Klage des Klägers, Revisionsklägers, Beschwerdeführers und Antragstellers (Kläger) wegen Umsatzsteuer 1978 und 1979 abgewiesen und die Revision nicht zugelassen worden. Mit Schriftsatz vom 29. Mai 1987 hat der Kläger Revision sowie vorsorglich Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Diese Rechtsmittel sind durch die Beschlüsse vom heutigen Tage zurückgewiesen worden.

Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1987 hat der Kläger ,,Antrag auf Anordnung der Aussetzung der Vollziehung" gestellt und beantragt, ,,im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, daß die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1978 und 1979 ausgesetzt wird".

Der Beklagte, Revisionsbeklagte, Beschwerdegegner und Antragsgegner (das Finanzamt - FA - ) beantragt, den Antrag abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag vom 12. Oktober 1987 ist nicht zulässig.

Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, die nach dem Wortlaut des Antrages begehrt wird, ist nach § 114 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das Finanzgericht (FG) zuständig, nicht der Bundesfinanzhof (BFH). Das gilt sogar dann, wenn das Hauptsacheverfahren bereits vor dem BFH schwebt (Beschluß vom 5. August 1969 VII B 62/66, BFHE 96, 455, BStBl II 1969, 676).

Der Senat kann offenlassen, ob der Antrag des Klägers in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung umgedeutet werden könnte, denn auch dieser Antrag wäre nicht zulässig. Die in § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO vorgesehene gerichtliche Vollziehungsaussetzung von Verwaltungsakten anstelle einer Vollziehungsaussetzung durch die zuständige Finanzbehörde (vgl. § 69 Abs. 2 FGO) kann nur durch das Gericht der Hauptsache ausgesprochen werden. Das ist das Gericht, bei dem das Verfahren über die Rechtmäßigkeit desjenigen Verwaltungsakts anhängig ist, um dessen Vollziehungsaussetzung es geht (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1986 V S 6/86, BFH / NV 1987, 778). Danach ist der BFH für den Rechtsstreit des Klägers wegen Umsatzsteuer 1978 und 1979 nicht Gericht der Hauptsache, denn durch die vom Kläger eingelegte Revision vom 29. Mai 1987 ist das Verfahren nicht beim BFH anhängig geworden. Da die Voraussetzungen einer zulassungsfreien Revision nach § 116 FGO nicht gegeben sind, die Revision vom FG nicht zugelassen worden ist und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision keinen Erfolg hatte, war das Rechtsmittel der Revision weder gegeben noch konnte die Revision (nachträglich) statthaft werden (vgl. BFH-Beschluß vom 28. März 1979 I R 58-59/78, BFHE 128, 135, BStBl II 1979, 650). Durch die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird zwar die Rechtskraft des finanzgerichtlichen Urteils gehemmt (§ 115 Abs. 4 FGO), erst mit der Zulassung kann aber die Revision statthaft eingelegt werden; die Zulassung der Revision bedeutet noch nicht deren Einlegung (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO; s. auch BFH- Beschluß vom 6. August 1970 IV B 13/69, BFHE 100, 17, BStBl II 1970, 786, wonach die Zuständigkeit des FG für eine sachliche Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung noch gegeben ist, solange das Hauptsacheurteil nicht rechtskräftig geworden oder die Revisionsinstanz noch nicht angerufen und damit der BFH noch nicht zum Gericht der Hauptsache geworden ist).

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 29

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