Rz. 27

Im Gegensatz zu allen Durchschnittsverfahren, die grundsätzlich eine zufällige Auswahl der aus dem Lager abgehenden Güter unterstellen, basieren die Verbrauchsfolgeverfahren auf der Annahme, dass die Lagerbewegungen einer bestimmten Ordnung unterliegen. Bei den zeitlich bestimmten Verbrauchsfolgeverfahren wird davon ausgegangen, dass sich der Lagerabgang nach dem Lageralter der abgehenden Güter bestimmt. Während diese Verfahren in der Praxis eine bewährte Bewertungsvereinfachung darstellen, geben sie – nicht nur – in der akademisch-wissenschaftlichen Literatur immer wieder Anlass zu Diskussionen.[1]

[1] Vgl. Drüen/Mundfortz, Zweck und Zulässigkeit der Lifo-Methode in der Steuerbilanz, 40/2014, S. 2245 ff.; Herzig, DB 11/1991, S. 557 ff.

3.2.2.1 Lifo-Verfahren

 

Rz. 28

Beim Last-in-first-out-Verfahren (Lifo) wird davon ausgegangen, dass jene Güter, die zuletzt in das Lager eingegangen sind (last in), das Lager zuerst wieder verlassen (first out). Damit gelten bei dieser Verbrauchsfolge die Güter mit der kürzesten Lagerzugehörigkeit, also die jüngsten Güter, als zuerst entnommen. Die Güter dagegen, die bereits eine längere Lagerzugehörigkeit haben, somit die ältesten Güter, gelten als weiterhin am Lager; sofern ein Eiserner Bestand geführt wird, gehören diesem Bestand die ältesten jemals gekauften Güter an.

 

Rz. 29

Eine derartige Verbrauchsfolge ist auch in der Realität der Lagerwirtschaft zu beobachten. Lagerbewegungen nach dem Lifo-Prinzip kommen grundsätzlich bei allen "einseitig" zu bedienenden Lägern vor. Wird beispielsweise Kies oder Sand auf eine Halde geschüttet, so muss die zuletzt zugeführte Menge auch zuerst wieder genommen werden. Auch bei Regallägern, bei denen Zugang und Entnahme von der gleichen Seite erfolgen, werden die tatsächlichen Lagerbewegungen nach dem Lifo-Prinzip durchgeführt. Allerdings ist in der Praxis zu beobachten, dass dieses Prinzip in – meistens zufälligen – Abständen durchbrochen wird; damit in den letzten Winkeln des Lagers keine wirtschaftlich oder technisch veralteten Gütern "vergammeln", erfolgt manchmal eine Güterzirkulation im Lager, bei der auch die alten Güter entnommen werden. Insofern ist festzustellen, dass eine absolute Einhaltung des Lifo-Prinzips praktisch eher selten ist. Eine tatsächliche Lagerung nach dem Lifo-Prinzip ist aber auch für die Anwendung des Lifo-Verfahrens nicht notwendig.

 

Rz. 30

In Zeiten steigender Preise führt das Lifo-Verfahren zur Bildung stiller Reserven. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die ältesten Güter, also jene die noch am Lager sind, mit zurückliegenden, niedrigeren Preisen aktiviert wurden, was zu einem geringeren Bilanzansatz des Vorratsvermögens führt. Dagegen werden für die Lagerentnahmen die jüngsten, höherpreisigen Güter herangezogen, was zu einem höheren Aufwand führt. Das Lifo-Verfahren unterstützt daher nicht nur die Bildung stiller Reserven, sondern auch den Ausweis niedrigerer Gewinne.

 

Rz. 31

Damit ist bei steigenden Preisen das Lifo-Verfahren bilanzpolitisch geeignet, eine Scheingewinnbesteuerung und eine Scheingewinnentnahme – zumindest teilweise – zu vermeiden.[1] Außerdem wird zugunsten des Lifo-Verfahrens häufig argumentiert, dass es den Einblick in die Ertragslage verbessere, da bei diesem Verfahren eine Bewertung der Verbräuche mit gegenwartsbezogenen Preisen erfolgt.[2]

 

Rz. 32

Auch beim Lifo-Verfahren wird zwischen einer permanenten Rechnung, bei der jeder Abgang sofort bewertet wird, und einer periodischen Rechnung, bei der alle Abgänge einer Periode in einem Zeitpunkt bewertet werden, unterschieden. Bei der permanenten Rechnung werden die Güter eines Lagerabganges mit dem Zugangswert des/der letzten Zuganges/Zugänge bewertet. Der Abgangswert eines Gutes entspricht deshalb eher dem aktuellen Markt- oder Börsenwert.

 

Beispiel (permanente Lifo-Rechnung):

 
Datum   Stück Stückpreis Aufwand Bestandswert
1. 12. AB 40 4,00   160,00
3. 12. Zu 20 4,20   244,00
7. 12. Ab 30 20 × 4,20 + 10 × 4,00) 124,00 120,00
8. 12. Zu 10 4,40   164,00
10. 12. Zu 20 4,30   250,00
13. 12. Zu 10 4,25   292,50
18. 12. Ab 20 (10 × 4,25 + 10 × 4,30) 85,50 207,00
21. 12. Ab 40 (10 × 4,30 + 10 × 4,40) + 20 × 4,00) 167,00 40,00
23. 12. Zu 50 4,10   245,00
28. 12. Ab 30 (30 × 4,10) 123,00 122,00
30. 12. Ab 5 (5 × 4,10) 20,50 101,50
31. 12. EB 25 (15 × 4,10 + 10 × 4,00)   101,50
      Periodenaufwand: 520,20  
  Anfangsbestand (AB) 160,00
+ Zugänge (Zu) 461,50
Abgänge (Ab) 520,00
= Endbestand (EB) 101,50

Bei der periodischen Rechnung des Lifo-Verfahrens werden sämtliche Abgänge einer Periode mit den Preisen der innerhalb dieser Periode zuletzt beschafften Güter bewertet. Rechentechnisch identisch ist die einfachere Vorgehensweise, den Endbestand mit den Preisen der ältesten Güter zu bewerten.

 

Rz. 33

Die periodische Rechnung führt bei stetig steigenden Preisen dazu, dass der in der Erfolgsrechnung ausgewiesene Aufwand aus den Lagerabgängen über den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der abgehenden Güter liegt, da auch die Bewertung der am Anfang der Peri...

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