Rz. 1

Bei Unternehmen spielt die Absicherung von Grundgeschäften eine immer wichtigere Rolle, um Risiken aus Schwankungen der Warenpreise, Währungskurse, Zinssätze und Aktienkurse zu minimieren. Dabei wird zu einer vorhandenen oder antizipierten Position ein entgegengesetztes Sicherungsgeschäft eingegangen, sodass sich Gewinne und Verluste im Falle von Marktpreisänderungen (annähernd) ausgleichen. Aus Sicht der Rechnungslegung ergeben sich zumindest bei prinzipienorientierter Auslegung des Einzelbewertungsgrundsatzes und des Imparitätsprinzips hier jedoch Probleme. Nach dem Imparitätsprinzip sind unrealisierte Gewinne nicht bei der Bilanzierung zu berücksichtigen, während bei unrealisierten Verlusten eine Rückstellung zu bilden bzw. eine Abschreibung vorzunehmen ist.[1] Wenn das Grund- und das Sicherungsgeschäft als 2 Einzelgeschäfte angesehen werden, führt dies in fast allen Fällen zu einem Verlustausweis in der Rechnungslegung. Ergibt sich ein Vorteil beim Grundgeschäft, liegt beim Sicherungsgeschäft bei Einzelbetrachtung häufig ein zu berücksichtigender schwebender Verlust vor. Ist der beizulegende Wert des Sicherungsgeschäfts höher als die Anschaffungskosten, wäre bei dem Grundgeschäft ein schwebender Verlust zu erwarten, der berücksichtigt werden müsste. Im Ergebnis würde somit in der Rechnungslegung bei fast jeder Marktentwicklung ein negativer Beitrag aus einem Sicherungsgeschäft abzubilden sein, obwohl das reale Verlustrisiko doch gerade durch dieses Geschäft verhindert wurde. Zumindest die Transaktionskosten sind stets als Verlust zu interpretieren. Darüber hinaus entstehen bei vielen Sicherungsgeschäften jedoch ggf. weitere Verluste, etwa wenn die Position des Stillhalters eingenommen wird. Eine Ausnahme bilden hier allerdings u. a. Optionen, die verfallen, wenn sie nicht ausgeübt werden.

 

Rz. 2

Aus diesem Grund wurde die prinzipienorientierte Darstellung für diesen konkreten Einzelfall aufgehoben und über das Konstrukt der Bewertungseinheiten geregelt. Demnach sollten abweichend vom Einzelbewertungsprinzip die Vermögensgegenstände des Grund- und des Sicherungsgeschäfts zusammen bewertet werden, um ein sachgerechtes Bild der Erfolgs- und Vermögenslage des Unternehmens im Jahresabschluss zu ermöglichen. Während Bewertungseinheiten seit dem Geschäftsjahr 2018 nach IFRS 9, Kapitel 6, wobei auch für bestimmte Fälle weiter IAS 39 angewandt werden kann (IAS 39.71) sowie bereits vorher schon lange geregelt sind, wurden erst mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz die Beschreibung und Regelung von Bewertungseinheiten in den § 254 HGB explizit für alle Unternehmen aufgenommen. Zuvor war eine derartige Regelung lediglich nach § 340h HGB für Banken vorgeschrieben. Allerdings wurde bereits mit der Unternehmenssteuerreform ab 2007 eine Verweisvorschrift in § 5 Abs. 1a EStG aufgenommen, die regelt, dass die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sind. Dies rührte daher, dass seit Ende des letzten Jahrhunderts[2] die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung diese Aufweichung des Einzelbewertungsgrundsatzes vorgenommen haben, um die ansonsten nicht sachgerechte Abbildung zu verhindern. Der Gesetzgeber hat den § 254 HGB formal als Wahlrecht formuliert, sodass der durch den formalen Akt der Bildung einer Bewertungseinheit ohnehin sachverhaltsgestaltend möglichen Bilanzpolitik zusätzliche Spielräume eingeräumt zu werden scheinen.[3] Doch wird nach herrschender Meinung eine Bildung als so notwendig für die Erreichung der Generalnorm angesehen, dass eine Nichtbildung zumindest zu einer Angabenotwendigkeit im Finanzinstrumenterisikobericht des Lageberichts nach § 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB führt.[4] Nach IDW RS HFA 35, Tz. 12 besteht bezüglich des Ansatzes der Grundsatz der sachlichen Stetigkeit für gleichartige Sachverhalte nicht – somit kann die bilanzierende Person auch nur für einen Teil der Sicherungsgeschäfte eine Bewertungseinheit bilden. Wurde aber eine Bewertungseinheit einmal gebildet, so ist diese gem. Tz. 15 nach dem Grundsatz der zeitlichen Stetigkeit grundsätzlich bis zur Auflösung beizubehalten.

Nach IFRS erscheint eine Bildung vor dem Hintergrund der als vorrangig zu behandelnden Generalnorm pflichtgemäß erfolgen zu müssen,[5] wenngleich auch hier der Formalakt der Bildung theoretisch ein sachverhaltsgestaltendes Potential eröffnet.

 

Rz. 3

Im Konkreten stellen sich bei der Umsetzung der Vorschriften jedoch einige Fragen. Zunächst ist zu klären, was für Instrumente für die Absicherung zugelassen werden sollen und wie eine Bewertungseinheit zu bilden ist. Dafür ist etwa die Effektivität, d. h. der Grad der Vermeidung von Verlusten, maßgeblich, die jeweils zu bestimmen ist. Außerdem ist fraglich, inwieweit auch schwebende Transaktionen abgesichert werden können, wie etwa Kaufverpflichtungen. Zudem ist die Zuordnung zu klären, d. h., reicht eine grobe Absicherungsabsicht ...

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