Leitsatz

Wurden während laufender Verkaufsverhandlungen schenkweise erworbene Anteile an einer Kapitalgesellschaft kurz nach dem Zeitpunkt der Ausführung der freigebigen Zuwendung veräußert, ist nach dem vor dem Jahr 2009 geltenden Recht ein zu diesem Zeitpunkt bereits vereinbarter Mindestkaufpreis und nicht der nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Anteilswert der Bemessung der Schenkungsteuer zugrunde zu legen.

 

Normenkette

§ 11 Abs. 2 BewG vor 2009, § 12 Abs. 2 S. 1 ErbStG vor 2009, § 398, § 413 BGB

 

Sachverhalt

Der Kläger und sein Vater V waren u.a. an dem US-amerikanischen Unternehmen X beteiligt. Mit notarieller Schenkungsvereinbarung vom 16.12.1998 übertrug V seinen Anteil i.H.v. 50 % schenkweise auf den Kläger.

Die Schenkung der Anteile erfolgte während laufender Verkaufsverhandlungen über alle Unternehmen und Gesellschaften der Y-Gruppe (Y) unter Einschluss der X. Die Z hatte als Kaufinteressentin bereits mehrere Angebote abgegeben. Am 13.12.1998 war eine Vereinbarung getroffen worden, nach der die Z den Kauf der Y zu einem Preis von 40 Mio. $ beabsichtigte und sich verpflichtete, bis zum 18.12.1998 eine Anzahlung i.H.v. 2 Mio. $ auf den bis zum Abschluss des Kaufvertrags zu zahlenden Kaufpreis zu leisten. Die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags sollte am 22.12. 1998 erfolgen. Die Anzahlung sollte im Fall des Nichtzustandekommens des Kaufvertrags zur Abgeltung der der Verkäuferseite durch die Transaktion entstandenen Aufwendungen dienen.

Der Kauf- und Übertragungsvertrag wurde am 29./30.12.1998 beurkundet. Die Verzögerung ergab sich, weil die Verkäuferseite am 21.12.1998 einen nochmals geänderten Vertragsentwurf vorlegte. Danach sollten ein Grundstück in M zu einem Kaufpreis von 1 507 336,33 DM zusätzlich in den Vertrag einbezogen und von der Z neben dem Kaufpreis von 40 Mio. $ Verbindlichkeiten von insgesamt 3 824 006,28 DM übernommen werden, die im Wesentlichen durch Grundschulden auf zu übertragenden Grundstücken abgesichert waren.

Im Kauf- und Übertragungsvertrag vom 29./30.12.1998 akzeptierte die Käuferseite die zusätzlichen Forderungen der Verkäuferseite. Von dem für die Y vereinbarten Kaufpreis von 40 Mio. $ sollten 4,4 % auf den vom V geschenkten Anteil des Klägers an der X entfallen.

Das FA setzte gegen den Kläger zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und auf Grundlage des Stuttgarter Verfahrens Schenkungsteuer i.H.v. 5 369 DM fest. Nachdem das FA vom Verkauf der Y erfahren hatte, setzte es mit Änderungsbescheid vom 28.04.2003 wegen des Erwerbs des Klägers "zum 16.12.1998 (Schenkungsvertrag)" ausgehend von einem (Gesamt-)Verkaufspreis von 6 329 032,42 DM Schenkungsteuer gegen den Kläger i.H.v. 525 255 DM fest.

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger sich gegen die Ableitung des Werts der Anteile an der X aus dem Verkauf am 29./30.12.1998 wandte, blieben im Wesentlichen ohne Erfolg. Das FG (FG Nürnberg vom 01.04.2008, IV 86/2006, EFG 2009, 602) gab der Klage nur insoweit statt, als nach seiner Auffassung die Schenkung am Bewertungsstichtag nach § 11 Abs. 2 S. 1 BewG mit 4,4 % von 40 Mio. $ zu bewerten sei. Die Bewertung der Anteile nach dem Stuttgarter Verfahren schloss es aus.

 

Entscheidung

Der BFH vermochte zwar aufgrund der Feststellungen des FG nicht festzumachen, was eigentlich Gegenstand der Zuwendung des V an den Kläger vom 16.12.1998 war. Darauf kam es aber letztlich nicht an, weil sowohl bei der Zuwendung der Anteile an der X als auch bei Zuwendung des auf den Kläger entfallenden Verkaufserlöses materiell eine Zuwendung i.H.v. 4,4, % von 40 Mio. $ anzusetzen gewesen wäre. Deshalb konnte der BFH die Revision des Klägers nach § 126 Abs. 4 FGO als unbegründet zurückweisen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat zunächst einmal die Frage aufgeworfen, was der V dem Kläger überhaupt zugewendet hatte: In Betracht kam hier (wie vom FG angenommen) einerseits die Zuwendung der Anteile an der X, andererseits aber durchaus auch die Zuwendung eines Teils des Veräußerungspreises. Insoweit ist es nämlich nach der ständigen BFH-Rechtsprechung nicht erforderlich, dass sich der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, vorher in derselben Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden hat und wesensgleich übergeht. Vielmehr kann in der Hingabe von Vermögensgegenständen mittelbar die Schenkung eines anderen Vermögensgegenstands gesehen werden, wenn der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker nicht über das ihm unmittelbar Zugewendete, sondern (erst) über das Surrogat desselben verfügen kann. In einem solchen Fall ist der Beschenkte nicht um das unmittelbar Hingegebene, sondern (erst) um das Surrogat (hier: den Verkaufserlös) bereichert. Die entsprechende Prüfung lag im Streitfall deshalb nahe, weil der Kläger im Verhältnis zu V nicht mehr frei über die Anteile an der X verfügen durfte, sondern sich den Verfügungen des V über die Y unterzuordnen hatte.

2. Letztlich brauchte der BFH die vorgenannte Frage allerdings nicht zu entscheiden (und konnte deshalb nach § 126 Abs. 4 FGO vorgehen), weil mit Blick auf die Ber...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge