7.1 Begriff

 

Rz. 82

Von einer Betriebsverpachtung wird gesprochen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen[1] eines Betriebs verpachtet werden und für den Verpächter oder seinen Rechtsnachfolger objektiv die Möglichkeit besteht, den Betrieb später fortzusetzen.

Es muss eine Verpachtung des ganzen Betriebs und nicht eine Vermietung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens vorliegen. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen müssen in der Weise überlassen werden, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung das bisherige Unternehmen in seinen wesentlichen Grundlagen zur Fortsetzung des Betriebs übergeben wird und deshalb der Verpächter oder sein Rechtsnachfolger bei Beendigung des Vertrags den Betrieb ohne wesentliche Änderung wieder aufnehmen und fortsetzen könnte.[2]

Der Verpächter beschränkt seine Tätigkeit auf die Nutzungsüberlassung, §§ 581 ff. BGB. Hierfür nimmt er die Pachtzinsen ein.

7.2 Fiktion des Fortbestands

 

Rz. 83

Durch die Verpachtung tritt noch keine Änderung der Einkunftsart ein. Der Verpächter führt den Gewerbebetrieb lediglich in anderer Form fort. Er erzielt daher wie bisher Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Es wird nur die werbende Tätigkeit aufgegeben, sodass die Gewerbesteuerpflicht endet.[1]

 

Rz. 84

Im Falle der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein gesamter Anteil eines Mitunternehmers oder ein gesamter Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA (vgl. Rz. 64) nach § 16 Abs. 3b Satz 1 EStG nicht als aufgegeben bis

  • der Steuerpflichtige die Aufgabe[2] ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
  • dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen einer Aufgabe erfüllt sind.
[1] Nöcker, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 2 GewStG Rz. 1057, Stand: 5/2019.
[2] § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, vgl. Rz. 64 ff.

7.3 Aufgabe

7.3.1 Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen

 

Rz. 85

Seitens des Steuerpflichtigen ist die Aufgabe nur wirksam, wenn er diese ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt (§ 16 Abs. 3b Satz 1 Nr. 1 EStG). Nach der h. M. und Rechtsprechung sollen auch konkludente Handlungen genügen.[1]

 

Rz. 86

Der Steuerpflichtige kann zwar geltend machen, die Aufgabe sei in einem zurückliegenden Zeitpunkt eingetreten. Das wird aber gesetzlich nur anerkannt, wenn die Aufgabeerklärung spätestens 3 Monate nach diesem vom Steuerpflichtigen angegebenen Zeitpunkt abgegeben wird. Wird die Aufgabeerklärung später als 3 Monate nach dem gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt die Aufgabe erst im Zeitpunkt des Eingangs der Aufgabeerklärung beim Finanzamt als erfolgt (§ 16 Abs. 3b Sätze 2, 3 EStG).

[1] Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 681, Stand: 8/2019.

7.3.2 Erkenntnis des Finanzamts

 

Rz. 87

Die Aufgabe ist auch wirksam, wenn dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufgabe erfüllt sind (§ 16 Abs. 3b Satz 1 Nr. 2 EStG).

 

Rz. 88

Nach der früheren Rechtslage war ein Betrieb aufgrund der tatsächlichen Umstände endgültig aufgegeben und eine Betriebsaufgabe anzunehmen, obwohl der Verpächter von einer Betriebsfortführung ausging und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärte.[1]

 
Praxis-Beispiel

U, Inhaber einer Drogerie, stellte seinen Geschäftsbetrieb aus Altersgründen im Jahr 01 ein und verpachtete ihn einschließlich des Grundstücks mit allen wesentlichen Bestandteilen an P. Inventar und Warenlager veräußerte er an den Pächter. Dieser war zum Abbruch der bestehenden Baulichkeiten und nach dem Tod von U und seiner Ehefrau zum Grundstückserwerb berechtigt. U und nach seinem Tod auch seine Erben erklärten während der Pachtdauer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Betriebsaufgabe wurde weder von U noch von seinen Erben erklärt. Nachdem U und seine Ehefrau verstorben waren, verkauften im Jahr 25 die Erben die Grundstücke an die Pächterin. Nach den Gesamtumständen war eine Wiederaufnahme des Betriebs weder durch U noch durch seine Erben gewollt. Er wurde daher bereits im Jahr 01 aufgegeben. Der Verkauf der Grundstücke im Jahr 25 war daher nicht im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen. Die Grundstücke waren bereits im Jahr 01 aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Die Betriebsaufgabe im Jahr 01 blieb daher nach der früheren Rechtslage bei der Veranlagung wegen Verjährung unversteuert.

 

Rz. 89

Bei der jetzigen Rechtslage wäre weiterhin von einem Fortbestand des Gewerbebetriebs in der Form eines ruhenden Betriebs auszugehen, Erst durch Erklärung der Aufgabe oder infolge Kenntnis der die Aufgabe begründenden Tatsachen durch das Finanzamt wäre von einer Aufgabe auszugehen.

Wird ein Betriebsgrundstück, das die einzige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, an ein anderes Unternehmen vermietet und stellt der bisherige Unternehmer die werbende Tätigkeit ein, so ist damit auch dann noch nicht der Betrieb als aufgegeben anzusehen, wenn das mietende Unternehme...

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