5.2.1 Aufgabe eines Gewerbebetriebs im Ganzen

 

Rz. 65

Die Aufgabe eines Gewerbebetriebs im Ganzen ist anzunehmen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl. Rz. 17 ff.) innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang, nicht nach und nach, entweder in das Privatvermögen übergeführt oder an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen übergeführt werden und damit der Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört.[1]

Die Betriebsaufgabe ist von der Betriebsveräußerung bzw. der unentgeltlichen Betriebsübertragung zu unterscheiden.[2]

Bei einer Veräußerung an verschiedene Erwerber müssen diese Unternehmer auf derselben Marktstufe wie der den Betrieb aufgebende Unternehmer sein.[3]

 
Merkmale einer Betriebsaufgabe:
1. Aufgrund eines Entschlusses, den Betrieb aufzugeben, wird die bisher in diesem Betrieb entfaltete gewerbliche Tätigkeit endgültig eingestellt.
2. In einem einheitlichen Vorgang, d. h. innerhalb eines kurzen Zeitraums, werden alle wesentlichen Betriebsgrundlagen (Aufgabehandlung)
  a) insgesamt in das Privatvermögen überführt oder
  b) anderen betriebsfremden Zwecken zugeführt oder
  c) an verschiedene Erwerber auf der Marktstufe des den Betrieb aufgebenden Unternehmers veräußert oder
  d) teilweise in das Privatvermögen überführt und teilweise an verschiedene Erwerber auf der Marktstufe des den Betrieb aufgebenden Unternehmers veräußert.
3. Der Betrieb hört auf, als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen.[4]
[2] Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 505, Stand: 8/2019.
[4] BFH, Urteil v. 16.12.1992, X R 52/90, BStBl 1994 II S. 838; BFH, Urteil v. 21.5.1992, X R 77–78/90, BFH/NV 1992 S. 659; Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 505, Stand: 8/2019.

5.2.2 Aufgabe eines gesamten Anteils

 

Rz. 66

Begünstigt ist wie bei Anteilsveräußerung[1] nur die Aufgabe eines "gesamten Anteils".

 

Rz. 67

vorläufig frei

5.2.3 Beginn der Betriebsaufgabe

 

Rz. 68

Die Betriebsaufgabe beginnt nicht schon mit dem Aufgabeentschluss. Es reicht auch nicht die Kundgabe des Entschlusses nach außen aus, den Betrieb demnächst aufzugeben. Erst mit den vom Aufgabewillen getragenen äußerlich erkennbaren Handlungen, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens gerichtet sind, beginnt die Betriebsaufgabe.[1]

 
Praxis-Beispiel

Einstellung der werbenden Tätigkeit oder die Veräußerung bestimmter für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens.

[1] BFH, Urteil v. 5.7.1984, IV R 36/81, BStBl 1984 II S. 711; BFH, Urteil v. 21.8.1996, X R 78/93, BFH/NV 1997 S. 226; Kulosa, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 537, Stand: 8/2019.

5.2.4 Zeitraum der Betriebsaufgabe

 

Rz. 69

Der Zeitraum für die Betriebsaufgabe endet mit der Veräußerung der letzten wesentlichen Betriebsgrundlage oder mit deren Überführung in das Privatvermögen. Es ist nicht auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die stillen Reserven des Betriebs im Wesentlichen oder nahezu vollständig aufgedeckt worden sind.[1]

 
Praxis-Beispiel

U betrieb ein Furnierwerk und stellte im Juli 01 die Produktion ein. Im Juni hatte er bereits die Arbeitnehmer entlassen. Ab Juli veräußerte er Maschinen und Fahrzeuge. Zu Beginn des Jahres 02 entnahm er die Grundstücke und die Büroausstattung, verpachtete die Grundstücke und erklärte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Er veräußerte weiterhin Maschinen und Geschäftsausstattung. Bis zum Ende des Jahres 02 waren so 97,9 % der stillen Reserven aufgelöst. In den folgenden 2 Jahren veräußerte U noch weitere Maschinen.

 

Rz. 70

Für die Beurteilung, ob es sich um einen kurzen Zeitraum handelt, ist entscheidend, ob die Aufgabehandlungen wirtschaftlich ein einheitlicher Vorgang sind. Ein Betriebsaufgabegewinn wird in aller Regel allenfalls auf 2 aufeinander folgende Veranlagungszeiträume verteilt werden können. Es ist nicht auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die stillen Reserven des Betriebs im Wesentlichen oder nahezu vollständig aufgedeckt worden sind.[2]

Im vorstehenden Beispiel waren innerhalb von 2 Veranlagungszeiträumen 97,9 % der stillen Reserven des Betriebs aufgedeckt. Später wurden aber noch weitere wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert. Maschinen gehören immer zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Produktionsbetriebs. Ob die darin enthaltenen stillen Reserven nur einen geringen Bruchteil der gesamten stillen Reserven des Betriebs ausmachen, ist unbedeutend. Im vorstehenden Beispiel handelte es sich daher auch nicht teilweise um einen begünstigten Aufgabegewinn, sondern insgesamt um laufende Veräußerungen und Entnahmen. Nach EStH 16 (2) zu § 16 EStG kann bei einem Zeitraum von mehr als 36 Monaten nicht mehr von einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang ausgegangen werden.

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