Rz. 17

Bei der Betriebsveräußerung muss der Betrieb veräußert, bei der Betriebsaufgabe aufgegeben werden. Die Veräußerung oder Aufgabe muss aber nicht alle Wirtschaftsgüter des Betriebs erfassen, sondern nur die wesentlichen Betriebsgrundlagen.[1]

 

Rz. 18

Zur Beurteilung, was wesentliche Betriebsgrundlagen sind, gibt es 2 Betrachtungsweisen:[2]

  • Funktionale Betrachtungsweise: Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung haben.
  • Quantitative Betrachtungsweise: Wirtschaftsgüter, die erhebliche stille Reserven enthalten.[3]
 

Rz. 19

Der Begriff "wesentliche Betriebsgrundlage" ist normspezifisch unterschiedlich entsprechend dem jeweiligen Gesetzeszweck auszulegen.[4] Zweck der §§ 16, 34 EStG ist es, eine "zusammengeballte" Realisierung der über die Zeit entstandenen, gesammelten stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen (vgl. Rz. 1 ff.).

 

Rz. 20

Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehören im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe in der Regel auch solche Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nicht erforderlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind. Daher können im Rahmen des § 16 EStG auch funktional unbedeutende Wirtschaftsgüter wegen des Umfangs ihrer stillen Reserven, als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen sein.[5] Es kann dann die quantitative Betrachtungsweise in den Vordergrund treten.[6]

 

Rz. 21

Trifft sowohl die funktionale als auch die quantitative Betrachtungsweise zu, handelt es sich erst recht um wesentliche Betriebsgrundlagen i. S. v. § 16 EStG. Aber auch wenn es sich um Wirtschaftsgüter handelt, die lediglich funktional für den Betrieb wesentlich sind, kann es sich um wesentliche Betriebsgrundlagen i. S. v. § 16 EStG handeln, beide Betrachtungsweisen stehen alternativ nebeneinander.[7]

 

Rz. 22

Es ist daher auf das einzelne Wirtschaftsgut abzustellen, ob es so wichtig für den Betrieb ist, dass es auf die Menge der in ihm ruhenden Reserven nicht ankommt, oder ob die stillen Reserven in ihm in vielen Geschäftsjahren entstanden sind, sodass es erforderlich ist, diese mengenmäßig steuerlich so zu erfassen, als würden sie nicht in einem, sondern in mehreren Wirtschaftsjahren aufgedeckt.

[1] Geissler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 127, Stand: 8/2019.
[4] Schmidt/Wacker, EStG, § 16 EStG Rz. 100.
[6] Geissler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 16 EStG Rz. 121 m. w. N., Stand: 8/2019.

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