Anstatt des Begriffs der "festen Niederlassung" des Art. 44 MwStSystRL verwendet das deutsche UStG den Begriff "Betriebsstätte".

Eine Betriebsstätte i. S. d. Umsatzsteuerrechts ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (gleiche Definition wie in § 12 AO). Eine solche Einrichtung oder Anlage kann aber nur dann als Betriebsstätte angesehen werden, wenn sie[1]

  • über einen ausreichenden Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln verfügt, der für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen erforderlich ist,[2]
  • einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der jeweiligen Dienstleistungen ermöglicht (z. B. wenn die Einrichtung über eine Anzahl von Beschäftigten verfügt, von hier aus Verträge abgeschlossen werden können, Rechnungslegung und Aufzeichnungen dort erfolgen und Entscheidungen getroffen werden, z. B. über den Wareneinkauf).

Betriebsstätte kann auch eine Organgesellschaft i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG (Organschaft) sein.

 
Hinweis

Eigenes Personal vor Ort bei der Vermietung von Immobilien erforderlich?

Im Urteilsfall hatte der in Jersey ansässige Vermieter ein österreichisches Hausverwaltungsunternehmen mit der Verwaltung der in Österreich belegenen Immobilie beauftragt, die an einen österreichischen Unternehmer umsatzsteuerpflichtig vermietet wurde.

Eine im Ausland belegene vermietete Immobilie, bei der kein eigenes Personal des Vermieters für die Vermietungsleistung vorhanden ist, begründet keine feste Niederlassung (Betriebsstätte). Daher muss sich der Vermieter aus Jersey nicht in Österreich registrieren lassen. Vielmehr geht die Umsatzsteuerschuld für die steuerpflichtige Vermietung auf den Mieter über (sog. Reverse Charge Verfahren).[3]

 
Hinweis

Kann eine Tochtergesellschaft die feste Niederlassung ihrer Muttergesellschaft begründen?

Grundsätzlich kann eine Tochtergesellschaft die feste Niederlassung ihrer Muttergesellschaft begründen. Hierfür reicht jedoch der Besitz einer Tochtergesellschaft in einem anderen EU-Mitgliedstaat allein nicht aus. Entscheidend ist lt. EuGH die wirtschaftliche und geschäftliche Realität. Für die Würdigung als feste Niederlassung ist es nicht erforderlich, dass der Muttergesellschaft die personellen und technischen Ressourcen selbst gehören. Vielmehr muss sie über die personelle und technische Ausstattung in derselben Weise verfügen können wie über ihre eigene (z. B. aufgrund von nicht kurzfristig kündbaren Verträgen).[4]

[2] Führt ein Unternehmer einen Langzeitberatungsauftrag im Ausland durch und stellt ihm sein Auftraggeber nur für dieses Projekt Personal- und Sachmittel vor Ort zur Verfügung, reicht der umfassende Zugriff des Unternehmers auf diese Einrichtung vor Ort aus, wenn sie eine hinreichend Beständigkeit und Struktur für eine autonome Erbringung der Dienstleistung ermöglicht; vgl. BFH, Urteil v. 29.4.2020, XI R 3/18.
[3] EuGH, Urteil v. 3.6.2021, C-931/19 (Titanium); das EuGH-Urteil widerspricht Abschn. 13b.11 Abs. 2 Satz 2 UStAE, wonach ein Unternehmer, der ein Grundstück im Inland vermietet, ohne weitere Differenzierung als im Inland ansässig gelte. Gleichfalls widerspricht das EuGH-Urteil dem Urteil des FG Münster v. 5.9.2013, 5 K 1768/10 U, wonach Windkraftanlagen ohne eigenes Personal des Betreibers vor Ort bei den Windrädern als feste Niederlassung angesehen werden können.

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